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Für eine konsequente Stärkung der ehrenamtlichen Vormundschaft!
Beteiligte:
Auszüge aus der Stellungnahme:
Zur Begründung der Vorrangstellung der ehrenamtlichen Vormundschaft heißt es u.a.:
Unter den Bezugspersonen in Deutschland spielen die ehrenamtlichen Vormünder für ihre Mündel eine große, oftmals sogar vorrangige Rolle. Ehrenamtliche Vormünder investieren in aller Regel ein Vielfaches an Zeit in ihre Mündel, als dies einem beruflichen Vormund möglich wäre und begleiten ihn über die Volljährigkeit hinaus. Die Mündel wissen den persönlichen Einsatz ihres Vormundes zu schätzen, sind dankbar, dass der Vormund quasi ständig für sie erreichbar ist und fühlen sich durch ihn bestärkt und in vielen Angelegenheiten konkret unterstützt. Analog dazu berichten die ehrenamtlichen Vormünder, dass sie die Beziehung zu ihrem Mündel als bereichernd und beglückend empfinden.
Bislang fehlende Maßnahmen zur Stärkung der ehrenamtlichen Vormundschaft liegen oft am Nichtwollen der Praxis
Erfahrungen des AWO Bezirksverbandes Niederrhein e.V. und anderer Verbände zeigen allerdings, dass das Modell der ehrenamtlichen Vormundschaft in der Praxis – entgegen offizieller Verlautbarungen – von Fachkräften in vielen Jugendämtern und Familiengerichten nach wie vor abgelehnt und dessen Umsetzung dementsprechend (mehr oder weniger offen) vereitelt wird. Ehrenamtliche werden in dieser Sichtweise als Störfaktor in der Umsetzung behördlicher Routinen, als zu unqualifiziert, zu „emotional“ oder gar als Konkurrenz und potentielle Gefährdung des eigenen Arbeitsplatzes wahrgenommen. Bemerkenswerterweise ist eine solche Haltung in Kommunen, die bereits seit mehreren Jahren systematisch ehrenamtliche Vormünder vermitteln und begleiten, kaum oder gar nicht vorhanden.
Eine wesentliches Hindernis für eine wirkungsvolle Stärkung der ehrenamtlichen Vormundschaft sind dementsprechend fehlende Voraussetzungen für ein regionales Benchmarking. Es fällt auf, dass in Deutschland einzelne Kommunen langjährig und erfolgreich ehrenamtliche Vormünder vermitteln, die meisten Kommunen aber nicht. Die Zahl der Amtsvormünder wird in Deutschland regelmäßig und systematisch erhoben, nicht aber die zahlenmäßige Verteilung der vier Vormundschaftsarten. Unter diesen Rahmenbedingungen nicht vorhandener statistischer Daten müssen sich Jugendämter beispielsweise nicht vor der Politik dafür rechtfertigen, warum in einer Nachbarkommune der Anteil der ehrenamtlichen Vormundschaften um ein Vielfaches höher ausfällt, obgleich die eigene Kommune die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements zu einem ihrer Leitziele erklärt hat.
Mindestens ebenso bedeutsam für die bislang marginale Rolle der ehrenamtlichen Vormundschaft ist das Finanzierungssystem des deutschen Vormundschaftswesens mit seinen unterschiedlichen Finanzierungssträngen (teils über die Jugendämter, teils über die Justizkassen).
Das Angebot einer professionellen Begleitung der ehrenamtlichen Vormünder ist angesichts der hohen Verantwortung dieses Ehrenamtes jedenfalls unabdingbar. Die ehrenamtliche Vormundschaft kann und darf kein Sparmodell sein.
Fazit
Der vorliegende Referentenentwurf des BMJV ist im Hinblick auf die vorgesehenen Maßnahmen zur Stärkung der ehrenamtlichen Vormundschaft einerseits zu begrüßen, andererseits aber nicht konsequent genug. Damit diese nach dem Gesetz eigentlich vorrangige Form der Vormundschaft zukünftig nicht nur auf dem Papier, sondern endlich auch in der Praxis eine bedeutende Rolle spielen kann, müssen Finanzierungsstrukturen geändert und regelmäßige statistische Erhebungen zur Verteilung der vier Vormundschaftsarten als unabdingbare Voraussetzung für ein regionales Benchmarking eingeführt werden.