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04.04.2015
Bericht zur Veranstaltung

Pflegefamilien für Kinder mit Behinderungen

Inhalt und Bericht des Workshops 7 bei der Tagung der IGFH „Kinder in Pflegefamilien – Förderung, Beteiligung, Schutz“ am 16./17.März 2015 in Weimar.

Inhalt und Bericht des Workshops 7 bei der Tagung der IGFH „Kinder in Pflegefamilien – Förderung, Beteiligung, Schutz“ am 16./17.März 2015 in Weimar.

Für Kinder mit Behinderungen, die in Pflegefamilien leben, gibt es verschiedene gesetzliche Grundlagen:

  • § 33 SGB VIII für Kinder, deren mögliche Behinderung nicht eindeutig ist oder sich noch entwickelt (z.B. FASD)
  • § 35.a SGB VIII Eingliederungshilfe für seelisch Behinderte oder von seelisch Behinderung Bedrohte
  • § 10 SGB VIII Zuordnung der körperlich und geistig behinderten Kinder in die Zuständigkeit der Eingliederungshilfe der Sozialhilfe
  • § 54 SGB XII besonders Abs. 3 (Leistungen der Eingliederungshilfe – Betreuung in einer Pflegefamilie)
  • § 55 Abs.5 Nr.6 XII (Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen)
  • UN-Kinderrechtskonvention: Artikel 3, Artikel 20, Artikel 23

Zuständig für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben ist gemäß:

  • § 33 und 35a SGB VIII die Jugendhilfe
  • § 54.3 SGB XII – Die Sozialhilfe in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, welches eine Pflegeerlaubnis erteilen muss.

Die Teilnehmer des Workshops beschäftigten sich besondern mit folgenden Themen:

Zuständigkeitsfragen

Durch Landesverordnungen und kooperative Vereinbarungen örtlicher Träger können Zuständigkeiten verändert werden. Dadurch entstehen in der Praxis des Pflegekinderwesens unterschiedliche Handhabungen von Unterbringung, Vermittlung, Beratung und Begleitung von Pflegekindern mit Behinderungen und ihren Pflegefamilien.

Einige Beispiele:

In Baden-Württemberg gibt es eine einheitliche Zuständigkeit der Stadt-und Landkreise für alle Sozial-und Jugendhilfeleistungen.

In Hessen ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, und in NRW liegt die Zuständigkeit bei den örtlichen Sozialhilfeträgern.

Zuständigkeitsprobleme entstehen besonders dann, wenn Jugendämter und Sozialämter unterschiedlichen Behördenstrukturen angehören z.B. Stadt (Jugendamt) und Kreis (Sozialamt). In größeren Städten, die sowohl für das Jugendamt als auch für das Sozialamt zuständig sind, finden sich zunehmend interne Lösungen. Inzwischen gibt es auch schon Vereinbarungen in Landkreisen.

Das Land Berlin hat schon vor Jahren die Zuständigkeit für alle Pflegekinder unabhängig von Behinderung oder Nichtbehinderung dem Jugendamt übertragen. Hier heißt es u.a. im Jugend - Rundschreiben Nr. 4 / 2011 der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Punkt 1 Absatz 3:

„Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, wird auf Grund § 10 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX gewährt. Durch landesgesetzliche Regelung (§ 53 AG KJHG) ist die sachliche Zuständigkeit für Eingliederungshilfe und die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII und dem Landespflegegeldgesetz für Kinder und Jugendliche dem Jugendamt übertragen.“

Es gibt Unterbringungen von Kindern mit Behinderungen in Pflegefamilien

  • mit besonders günstigen Rahmenbedingungen (wesentlich erhöhter Anteil der Erziehungskosten im Pflegegeld nach § 39 SGB VIII und Begleitung durch kompetente Fachkräfte)
  • im Rahmen normaler Pflegegeldsätze ( § 39 SGB VIII) und geringerer Betreuung
  • nach Sozialhilfesätzen eigentlich ohne Betreuung

Resümee: Es gibt bundesweit keine einheitlichen Regelungen.

Standards für das Leben von Kindern mit Behinderungen in Pflegefamilien

  • Standards für die Finanzierung der Unterbringung
  • Standards für die Ausstattung und unterstützenden Leistungen
  • Standards für Beratung und Betreuung
  • Standards für die Fachdienste

Hier hat sich der Workshop besonders auf die Stellungnahmen des Aktionsbündnisses für Kinder mit Behinderungen in Pflegefamilien e.V. bezogen, die hier eingesehen werden können: www.inklusion-pflegekinder.de/standards-qualitaet.html

Die Teilnehmer des Workshops wiesen eindrücklich darauf hin, dass die Beratung und Betreuung in der Sozialhilfe nicht geregelt und gesichert ist. Es gibt besondere Lücken bei

  • Hilfeplangespräche,
  • Schulungen, Fortbildungen,
  • Beratung, Betreuung,
  • Beihilfen

Folgende Verbesserungen im Gesamtbereich der Pflegekinder mit Behinderungen halten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Workshops für unbedingt nötig:

  1. Gleiche Rahmenbedingungen in der Pflegekinderhilfe unabhängig von Jugendhilfe oder Sozialhilfe. Die „Große Lösung“ erscheint uns hier als die beste Lösung. Ansonsten müsste es Kooperationen zwischen Trägern der Jugendhilfe und Sozialhilfe geben, damit die Sozialhilfe die Möglichkeiten der Jugendhilfe übernehmen kann. Wir glauben, dass durch bessere und klare Rahmenbedingungen mehr Pflegeeltern gefunden werden könnten.
  2. Die Pflegekinder und Pflegefamilien sollten mehr Unterstützung durch andere Institutionen erhalten ( z.B. durch geschulte Vormünder, spezialisierte Träger etc.)
  3. Die gesamte Pflegekinderhilfe sollte gestärkt werden (analog zum neuen Vormundschaftsrecht).
  4. Pflegekinder mit und ohne Behinderungen müssen mehr beteiligt werden. Es sollte eine gesetzlich festgelegte Beteiligung der Kinder für die Sachen geben, die ihr Leben bestimmen.

Berlin, den 22.3.2015 Henrike Hopp (Referentin)