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Sonderpflege – Erziehungsstellen – Vollzeitpflege mit "erweitertem Förderbedarf"

Durch Hinzukommen neuer Begrifflichkeiten zu Unterbringungsformen von Pflegekindern wird deren korrekte Verwendung unübersichtlich. Dieser Artikel versucht Licht ins Dunkel zu bringen.

Erläuterungen zur Begrifflichkeit

Neben den „normalen“ Unterbringungen von Kindern in Vollzeitpflege gibt es im § 33 den Auftrag im Satz 2: Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen“.

Im Themenschwerpunkt dieses Magazins habe ich zu diesem Satz 2 des § 33 SGB VIII recherchiert und Informationen zusammengefügt.

In diesem Bereich der familiären Unterbringungen ist es besonders irritierend, dass es keine einheitlichen Bezeichnungen für die Unterbringungsformen gibt. Während die Bezeichnung „Sonderpflege“ sich nochmals unterteilen kann in „sonderpädagogische Vollzeitpflege“ und in „heilpädagogische Vollzeitpflege“ ist damit jedoch immer die Unterbringung nach Satz 2 § 33 SGB VIII (Vollzeitpflege) gemeint.

Anders sieht es aus bei der Bezeichnung „Erziehungsstelle“. Hiermit können sowohl Unterbringungen nach § 33 Satz 2 als auch nach § 34 SGB VIII gemeint sein. Die Zuordnung dieser Bezeichnung ist je nach Bundesland – manchmal sogar innerhalb eines Bundeslandes – nicht exakt. Es ist daher wichtig, sich beim Begriff „Erziehungsstelle“ darüber zu vergewissern, welche Unterbringungsform damit gemeint ist, die nach § 33 Satz 2 oder § 34 SGB VIII. Diese Unterschiedlichkeit ist bedeutsam für die Frage der Versteuerung und der rechtlichen Möglichkeiten der erziehenden Personen.

Die Länder Berlin und Thüringen haben die „Vollzeitpflege mit erweitertem Förderbedarf“ entwickelt. Dies sind Unterbringungen nach § 33 Satz 2 SGB VIII. Hier muss jedoch in Thüringen jährlich und in Berlin alle zwei Jahre durch Gutachten – die die Pflegepersonen beibringen müssen – nachgewiesen werden, dass der erweiterte Förderbedarf noch besteht.

§ 33 Vollzeitpflege

„Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.“

§ 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform

„Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

  1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
  2. die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
  3. eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.

Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.“

Erläuterungen zu Inhalten

In diesem Magazin finden Sie eine Darstellung verschiedener Konzepte und Vorschläge zur Ausführung des § 33 Satz 2 SGB VIII.
Manche Konzepte und Empfehlungen z.B. die des Deutschen Vereins sind vollständig wiedergegeben, andere Konzepte werden nur teilweise aufgeführt. Es war für uns von Bedeutung, einen Überblick über die verschiedenen Gedanken und Arbeitsweisen zu erstellen und Bemühungen um verbindliche Standards zu dokumentieren.

Links

Aus der Vielzahl der Webseiten von Freien Trägern, die in diesem Bereich tätig sind, haben wir einige ausgesucht, die ein klares Konzept darlegen:

Fachtag
“Qualifizierung und Ausbau des Pflegekinderwesens und der Erziehungsstellen“
AG 3: Zur Entwicklung und Wandel der Erziehungsstellen und der professionellen Pflegschaft
Diese Zusammenfassung der Arbeit der Arbeitsgruppe 3 auf der o.a. Fachtagung von Vitos ist ein sehr guter Überblick über die Arbeit, Anforderungen, Unterstützungen und Entwicklungen von Erziehungsstellen. Sie gibt darüber hinaus einen umfassenden Vergleich über Erziehungsstellen nach § 33 und § 34 SGB VIII.

Inhaltsverzeichnis: 
Empfehlung

von:

Weiterentwickelte Empfehlungen des Deutschen Vereins für Öffentliche und Private Fürsorge zur Vollzeitpflege/Verwandtenpflege

§ 33 Satz 2 SGB VIII verpflichtet die Jugendämter zur Schaffung besonderer Pflegeformen für besonders entwicklungsbeeinträchtigte junge Menschen. Jedoch erhalten heilpädagogische Pflegefamilien diesen Status (und die mit ihm verbundene höhere Honorierung) keineswegs immer, weil sie ein besonders entwicklungsbeeinträchtigstes Kind aufnehmen, sondern allein auf Grund der Tatsache, dass eine der Pflegepersonen über eine – regional sehr unterschiedlich interpretierte – besondere Qualifikation verfügt.
Konzept

von:

Konzept der Trägerkonferenz der Erziehungsstellen im Rheinland

Die Trägerkonferenz ist eine gemeinsame Interessenvertretung der in ihr organisierten freien und öffentlichen Träger der Erziehungsstellen im Rheinland. Diese Konzeption ist Grundlage für die Arbeit der in der Trägerkonferenz zusammengefassten Träger von Erziehungsstellen. Für die Mitglieder der Trägerkonferenz ist die Anerkennung und Umsetzung der vorliegenden Konzeption verbindlich und verpflichtend.
Konzept

„Erweiterter Förderbedarf“ in den Ausführungsvorschriften des Landes Berlin zur Vollzeitpflege

Vollzeitpflege mit erweitertem Förderbedarf des Kindes/Jugendlichen ist dann gegeben, wenn besondere, über den allgemeinen Erziehungshilfebedarf hinausgehende Anforderungen auf Grund erheblicher Erziehungsschwierigkeiten und Entwicklungsbeeinträchtigungen, ggf. in Zusammenhang mit einer Behinderung, vorliegen. Um den Förderbedarf messen zu können, hat das Land Berlin einen Leitfaden erarbeitet, der Beeinträchtigungen des Kindes aufzeigt, die einen erweiterten Förderbedarf rechtfertigen.
Konzept

von:

Westfälische Pflegefamilien

Westfälische Pflegefamilien (WPF) sind eine besondere Form der Vollzeitpflege gem. § 33 Satz 2 SGB VIII für besonders entwicklungsbeeinträchtigten und/oder behinderte Kinder und Jugendliche. In diesen Westfälischen Pflegefamilien leben die Kinder und Jugendlichen in einem familiären Rahmen.
Konzept

von:

Zentraler Fachdienst für chronisch kranke und behinderte Kinder der Diakonie Düsseldorf

Die Diakonie in Düsseldorf ist seit rund 80 Jahren in der Adoptions- und Pflegekindervermittlung tätig. Bis zu zehn Prozent der zu vermittelnden Kinder sind durch Krankheit und Behinderung belastet. Im Rahmen der „normalen“ Pflegekinderarbeit ist eine dem Bedarf entsprechende Begleitung dieser Kinder und ihrer Pflegefamilien aufgrund der hohen Fallzahlen (1:30) nicht zu gewährleisten. Bereits seit langem wurde deutlich, dass es notwendig war, hierfür einen gesonderten Vermittlungs- und Beratungsdienst vorzuhalten. Folgerichtig hat sich die Diakonie in Düsseldorf daher vor 10 Jahren zur Errichtung für einen speziellen Fachdienst für die Vermittlung und Betreuung von chronisch kranken und behinderten Pflegekindern entschieden.