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23.11.2015
Erfahrungsbericht

Wunderbare Tage

Der Pflegevater beschreibt detailliert zwei Tage mit seiner mehrfach geistig- und körperbehinderten fünfjährigen Pflegetochter.

Zwei Tage aus dem Leben mit einem 5 Jahre alten mehrfach geistig- und körperbehinderten Kindes in einer Pflegefamilie.

Freitag

04:15 Uhr
Marie weint. Ich werde wach, meine Frau schläft noch, gut so. Ich stehe schnell auf. Wasche mir die Hände, gehe einmal mit kaltem Wasser kurz durchs Gesicht um wach zu werden und dann ab ins Kinderzimmer. Marie sieht mich an und freut sich, den Papa zu sehen. Ich rede leise mit ihr und frage sie, ob sie nicht noch etwas schlafen möchte. Dabei merke ich, dass Marie dringend eine frische Windel braucht und ich glaube, Durst hat sie auch. Also dann mal los, ein kleines Kinderlied gesungen und dabei die Windel gewechselt, den Popo gewaschen, schön eingecremt und einen sauberen Schlafanzug angezogen. Dann wird noch kurz der Schlafsack kontrolliert, aber der ist noch sauber und trocken, Marie möchte jetzt aber gerne La Li Lu singen! In Ordnung mein Schatz, einmal noch La Li Lu und dann wird aber geschlafen. Sie ist einverstanden inzwischen ist Marie komplett frisch gemacht und ich gebe ihr noch ca. 100ml Hagebutten-Tee ohne Zucker zu trinken - so und jetzt gute Nacht mein Schatz, schlaf noch ein bisschen, der Papa hat dich lieb.

06.00 Uhr
Brrrriiiing der Wecker klingelt meine Frau steht immer als erstes auf.

06.30 Uhr
Ich bin angezogen und gehe zuerst leise am Kinderzimmer vorbei und lausche ob Marie noch schläft. Schön sie schläft noch tief und fest. Dann gehe ich runter: Spülmaschine ausräumen, Therapiestuhl abwaschen, den Rollstuhl aus dem Auto holen und mit unserem kleinen Hund Gassi gehen. Nun ist Zeit für einen Kaffee, im Radio läuft WDR 4 und mein Frau und ich besprechen kurz den Tag und genießen den Morgen. PAPAAAAAA, MAMAAAAAA von oben hören wir Mariechen schon rufen lalalalalala blablabla lalalalalala, also gehen wir gemeinsam hoch und begrüßen unsere kleine Tochter und wünschen ihr einen schönen guten Morgen. Wir machen das Licht leicht an und ziehen die Rollos hoch. Marie liegt in ihrem Pflegebett, denn sitzen kann sie nicht Marie lacht uns an...! Heute wird ein guter Tag, sie ist gut drauf. Also starten wir mit dem alltäglichen Morgenprogramm: Aufstehen mit unserer Hilfe, den Kreislauf in Schwung bringen, ausziehen und Windel weg, den Popo gewaschen und ab aufs Töpfchen. Seit ein paar Monaten kann Mariechen mit ein bisschen Unterstützung auf dem Töpfchen sitzen.

STOP

Ich glaube spätestens hier möchte ich für den Leser eine kleine Beschreibung abgeben über Marie!
Marie (Name natürlich geändert) ist ein Gewaltopfer und wurde im Alter von drei Monaten von ihrer leiblichen Mutter so heftig geschüttelt, dass schwere Hirnblutungen sie stark geschädigt habe. Sie hat nur knapp nach einer Reanimation überlebt. Marie kann nicht laufen oder krabbeln, auch sitzen geht nicht ohne Hilfe. Sie kann nicht richtig essen oder trinken. Sie hatte vier Jahre ihres Lebens eine Magensonde. Nur durch viel intensive Unterstützung und therapeutischer Hilfe ist es uns gelungen, dass Mariechen nun über den Mund ernährt werden kann. Für Marie ist das ganz große Klasse, denn Essen und Trinken gefällt ihr gut. Mit ungefähr dreieinhalb Jahren fing Marie an zu sprechen und hört seit dem nicht mehr damit auf. Sie redet ununterbrochen wie ein Wasserfall, was wunderschön ist, weil man nicht damit rechnen konnte, dass sie überhaupt reden lernen kann. Marie ist absolut hilflos und benötigt immer und in jeder Lebenslage Unterstützung und ist auf fachliche und liebevolle Hilfe angewiesen - ein Leben lang.

Wie es weitergeht erfahren Sie in unserem Abonnement.
07.00 Uhr
Popo sauber und ab aufs Pflegebett - eine frische Unterlage und das Bett kurz elektrisch hochgelassen. Mariechen fängt ein bisschen an mit ihren Puppen zu spielen. Ich nehme die Bettwäsche zum Lüften und meine Frau fängt an Krankengymnastik mit ihr zu machen und zwar genau das, was in dieser Woche mit unserer Therapeutin so für ungefähr 10 Minuten täglich als Hausaufgabe besprochen wurde. Dann wird Marie angezogen. Während des Anziehens desinfizieren wir uns die Hände, um ihre Operationswunde (die Magensonde wurde entfernt) am Oberbauch frisch zu versorgen. Das machen wir dreimal am Tag, damit alles gut verheilt. Mariechen ist in ihren fünf Lebensjahren schon mehrere Male operiert worden, was natürlich dem Kind viel Kraft gekostet hat und sie alles so tapfer ertragen musste.

07.10 Uhr
Frühstück ist bei Marie schwierig und man muss viel Geduld haben. Anfangs ist sie noch sehr verschleimt und wir müssen sie ein wenig absaugen damit es an diesem Morgen mit dem Trinken klappt. Heute gibts leckeren Kaba Kakao und ich fange an, ihr einen Fruchtzwerg zu füttern. Alleine essen und trinken kann Mariechen nicht. Zwischendurch hat meine Frau schon mal ein leichtes Toastbrot mit gute Butter und etwas Leberwurst vorbereitet und in ganz kleine Stücke geschnitten, die wir Mariechen mit einer kleinen Gabel geben können. Kleine Stücke - zwischen drin immer schön trinken und dann mit ein wenig Fruchtzwerg oder Quark mit Marmelade abwechselnd füttern. Heute isst Mariechen sehr gut und wir haben nach ca. 40 Minuten (mit immer wieder auch ein bisschen spielen), einen Toast, zwei Fruchtzwerge, ein wenig Quark und ca. 120ml Tee gefrühstückt.

08.05 Uhr
Jetzt aber schnell, denn heute haben wir um 9 Uhr einen SPZ-Termin im Krankenhaus. Es geht um Mariechens neue Orthesen mit Schuhe. Einen neuen Rollstuhl wollen wir auch gleich mit beantragen, weil Mariechen wieder ein Stückchen gewachsen ist. Also wieder: waschen, Windel wechseln, Zähne putzen und anziehen. Dann ab ins Auto. Schnell noch die nötigen Unterlagen eingepackt und möglichst nichts vergessen (Verordnung, Rezept, aktuelle Röntgenbilder) sonst dauert alles nur wieder noch länger, denn vom Beantragen von Hilfsmitteln bis hin zur Genehmigung durch die Krankenkasse, bis zur ersten Anprobe und später zur Auslieferung vergehen gut und gerne mal drei Monate. Ab geht die Post ins etwa 43 km entfernte SPZ-Krankenhaus.

09.00 Uhr
Pünktlich auf die Minute treffen wir im Krankenhaus ein, Parkplatz gefunden - mit Behindertenausweis kein Problem. An der Anmeldung werden ein paar Formulare ausgefüllt und dann rein ins Behandlungszimmer, wo alle schon auf uns warten (Oberarzt, Orthopäde, Krankengymnastin, Hilfsmittelversorger). Nach ca. 10 Minuten untersuchen und besprechen, was Mariechen geduldig mitmacht und auch ihre gute Laune nicht verliert, verabschieden wir uns wieder mit allen nötigen Begründungen für die Beantragung von Maries neuem Rolli und Orthesen. Es wird noch ein Gipsabdruck von beiden Beinen/Füßen gemacht. Wir gönnen uns noch einen Kaffee und ein Käsebrötchen in der Krankenhaus Cafeteria. Mariechen möchte Schokoladenpudding, alles kein Problem. Danach kurz auf die Toilette und dann ab ins Auto und zum Integrativen Kindergarten gefahren, damit Marie heute noch in den Kindergarten kommt, denn da geht sie sehr sehr gerne hin.

10.15 Uhr
Im Kindergarten angekommen wartet schon am Eingang Mariechens Integrationshelferin, die dann Marie übernimmt. Die beiden sind ein sehr gutes Team und verschwinden singend und winkend in den Kindergarten.

10.30 Uhr
Einmal kurz durchatmen, denn jetzt haben wir genug Zeit alle nötigen Einkäufe und Besorgungen fürs Wochenende zu machen. Wir schauen uns an und fangen gleichzeitig an herzhaft zu lachen, wir beide, mit den gleichen Gedanken und froh, dass alles so gut geklappt hat.

12.15 Uhr
Der Tag ist schön und die Sonne scheint. Das ist auch gut so, denn Mariechen hat freitags bei schönem Wetter immer Hippotherapie und darf dann eine halbe Stunde auf dem Pony reiten, was ihr sehr viel Spaß macht. Also schnell noch eben den Ponyhof anrufen und unser Kommen bestätigen und dann ab nach Hause Mittagessen kochen.
14 Uhr – Heute hole ich Marie aus dem Kindergarten ab. Sie hat heute dort nicht viel gegessen, dafür aber umso mehr getrunken, fast 420 ml und 45 Minuten Mittagschläfchen gemacht. So ein SPZ-Termin schlaucht schon ein bisschen. Als sie mich sieht ist die Freude groß und sie kommt mir laut schreiend und glücklich quietschend im Rolli entgegen „Hallo Papilein“.

14.15 Uhr
Zuhause angekommen möchte Marie noch etwas essen. Dann ist noch ein wenig Zeit für freies Spielen. Dazu kommt Marie mit ihren Orthesen in den Stehständer an dem sich ein kleiner Tisch befindet. Darauf können wir ihr Lieblingspuzzle legen. Das klappt und sie schafft es, sich eine halbe Stunde gut zu beschäftigen.

15:00 Uhr
Wir freuen uns schon riesig aufs Ponyreiten. Das Wetter ist gut und Marie topfit, also nichts wie los. Mal eben noch aufs Töpfchen und eine frische Windel gemacht, dann wieder sauber machen und gut eincremen. Jetzt noch alte Sachen anziehen, mit denen sie sich so richtig schmutzig machen kann - Ponyhof ist Ponyhof. Ab ins Auto, Rolli rein und los. Gute 32 km, ca. 30 Minuten, und wir sind schon da. Kira das Therapiepony wartet schon. Marie hat mit uns unter der Woche Brötchen, Möhren und Äpfel gesammelt, was den Ponyhofbesitzer sehr freut. Alle begrüßen sich herzlich. Mariechen darf mit Helm und Spezialriemen zum Festhalten gut 30 Minuten reiten. Papa rechts und Mama links helfen gerne mit und sind mächtig stolz auf sie. Marie ist ein wunderbarer kleiner Mensch.

16:00 Uhr
Nach dem Reiten noch ein paar Minuten Ponypflege und Belohnungen verteilen. Außerdem müssen noch alle Ziegen, Pferde, Hasen, Gänse, Hühner, der Hahn, Enten und Kätzchen begrüßt werden. Anschließend gibts im Ponyhofkaffee Waffeln mit Kirschen und Sahne. Jetzt spielen die Kinder miteinander auf dem kleinen Spielplatz. Marie wird toll eingebunden. Die anderen Kinder kümmern sich liebevoll darum, dass sie bloß mitmachen darf. Was für ein herrlich schöner November Tag!

18:00 Uhr
Wieder Zuhause angekommen geht die Kleine direkt in die warme Badewanne. Auch dafür braucht Marie eine Spezialeinlage, in der sie wie in einen Sonnenstuhl in der Badewanne sitzen kann, so dass ihr da nichts passiert. Waschen, Haare waschen, die kleinen Füße und Hände alles picobello sauber, abtrocknen, dann noch Haare föhnen und Zähne putzen, schön eincremen und die Operationswunde versorgen, nochmal die Toilette anbieten. Das volle Programm. Dabei kann ich meine Frau und Marie unten in der Küche, wo ich das Abendbrot vorbereite, miteinander singen hören.

18.45 Uhr
Ein Käsebrot mit lauwarmer Milch ist heute Abend der Favorit. Mariechen schafft noch ein halbes Graubrot und ein wenig Apfelmus, dann ist sie dicke satt und es geht zu Papa auf das Sofa zum Kuscheln und ein bisschen Quatsch machen. Wir holen noch ein Keyboard raus und machen gemeinsam ein klein wenig Musik während Mama die Küche aufräumt. Marie ist sehr glücklich!

19.45 Uhr
Nochmal kurz Zähne putzen, auf das Töpfchen und dann mit dem Schwerbehinderten-Treppenhauslift ins Kinderzimmer gefahren. Der Treppenhauslift ist gerade ganz neu und Maries Attraktion. Für uns ist das sehr hilfreich, es schont den Rücken und bringt die Kleine gut in den ersten Stock, wo die Schlafräume sind. Zum Schlafen wird das Pflegebett elektrisch runter gefahren damit die Kleine nicht rausfallen kann. Dann noch den Schlafsack angezogen (nur eine Decke alleine reicht nicht weil sie sich frei strampelt und nicht alleine zudecken kann) und kurz noch gelagert. Alles in Ordnung. Papa liest noch eine Kurzgeschichte vor und Mama singt noch ein Liedchen. Jetzt ist Marie‘ noch dran. Sie hat ja so viel zu erzählen, was sie voller Hingabe auch tut. Danach wird zusammen ein „Nachtgebet“ gesprochen: Lieber Gott ich bin so klein mein…Gute Nacht mein Kind und träum schön, wir haben dich lieb.

20.30 Uhr
Bad aufräumen, Wäsche versorgen und ein bisschen Bügeln.

21.15 Uhr
Abendbrot für Mama und Papa und dann ein wenig Fernsehen.

22.15 Uhr
Vor dem Bett kurz noch nach Mariechen schauen - alles Ok! Feierabend hoffentlich!

Samstag:

07:00 Uhr
Es ist Samstag die Nacht war ruhig Marie hat gut geschlafen wir mussten nur zweimal raus zum Windel wechseln und einmal hatte Marie sich so frei gestrampelt das der Schlafsack aufgegangen war und wir sie neu gelagert haben. Jetzt schläft sie noch tief und fest.

07:10 Uhr
Aufstehen. Nach einer Weile höre ich schon die Kleine, brabbeln „blablabla lalalala blablabla, Mamaaaaaa Papaaaaaa“ sehr schön. Sie ist wach und gut gelaunt, also gehe ich rauf ins Kinderzimmer und wünsche ihr einen guten Morgen. Ich öffne ihr Pflegebett, schüttle die Bettdecke und ziehe Mariechen ihr Schlafsack und den Schlafanzug aus. Danach geht es ab ins Badezimmer, das direkt neben dem Kinderzimmer liegt und aufs Töpfchen. Marie lacht und freut sich. Ich achte immer schön darauf, dass Marie nicht von ihrem Töpfchen rutscht. Wir hoffen, dass nächste Woche endlich Maries neuer Toilettensitz vom Hilfsmittelversorger geliefert wird, weil sie so langsam fast schon zu groß fürs Töpfchen ist.

08:00 Uhr
Da kommt auch schon die Mama und Marie freut sich sehr „Hallo Mamileinchen“ Die Mama macht Marie den Popo sauber und geht mit ihr ins Kinderzimmer, wo ich schon gerade fertig geworden bin mit dem Umbau vom Pflegebett zur Tagespflege, so dass Marie jetzt auf ihrer Unterlage frisch gewickelt werden kann.

08:20 Uhr
Frisch gewickelt, gewaschen und gut angezogen geht es mit dem Treppenlift hinunter in die Küche zum Frühstück. Dann mal los: „Was möchtest du den heute Morgen zum Frühstück mein Schatz?“ Also legt Mariechen los: „Nanane heute nich, Toast heute nich besser ma Fuchtzerg oder Fuchtwerg heute nich lieber Toast mit viel Käse ne ne ne Käse heute nich aber Lebewust danke schön...“
Aha. Wir kneten eine Banane mit einem Löffelbiskuit etwas Apfelmus und machen noch zwei Toast, eins mit Käse und eins mit Leberwurst - sicher ist sicher.

08:45 Uhr
Mariechen isst gut mit. Wir trinken gemütlich miteinander Kaffee und planen den Tag. Kindergarten ist heute nicht und es regnet, also beschließen wir, gleich nach dem Frühstück ins naheliegende Einkaufszentrum zu fahren für den Wochenendeinkauf.

09:30 Uhr
Gut gefrühstückt und Zähne geputzt machen wir uns auf den Weg ins Auto. Das Auto ist ein behindertengerechtes Spezialfahrzeug mit Umbau für Rollis. Das bedeutet wie immer eine logistische Glanzleistung: Marie gut verpackt in ihrem Rollstuhl, die Rampe am Auto ausgefahren, runter geklappt und Rolli mit Mariechen rein geschoben, Bremse fest, und am Kraftknoten befestigt Rampe wieder hochgeklappt und eingefahren. Jetzt noch ein paar Taschen mitgenommen, los geht’s.

10:05 Uhr
Am Einkaufszentrum angekommen ist einer der drei Behinderten Parkplätze frei und wir fangen wieder von vorne an: Kraftknoten lösen, Bremse frei, Rampe ausgefahren und runter geklappt, Rolli mit Marie langsam aus dem Auto rausgefahren, um dann alles wieder einzufahren und einzuklappen und das Auto abzuschließen.

10:15 Uhr
Einkaufen

11:00 Uhr
Dann dasselbe Procedere am Auto wie vorhin ausführlich beschrieben, Mariechen gut verstaut und wir haben noch ein bisschen Zeit. Es ist ja Wochenende und hat aufgehört zu regnen, also ab in die Altstadt zum Bummeln und vielleicht einen Espresso trinken.

11:15 Uhr
In der Altstadt angekommen alle wieder raus aus dem Auto zum Spazieren gehen, es gibt ja so viel zu entdecken. Mariechen hat ihren Spaß. Nach einer guten halben Stunde kehren wir noch bei unserem Lieblings-Eismann zum Kaffee und Kakaotrinken ein. Danach alle wieder ins Auto und ab nach Hause.

12:30 Uhr
Wieder zuhause bleibt Marie noch kurz im Auto und wir verstauen schnell die Lebensmittel, um dann Marie aus dem Auto zu holen. Unser Haus ist barrierefrei und Rollstuhl-gerecht bis zum 1. Stock. Wir können Marie aus dem Auto bis direkt ins Wohnzimmer schieben wo wir sie dann entkleiden und ab auf die Toilette zum Pipi machen und Windel wechseln. Nach dem Hände waschen bis zum Mittagessen ist noch etwa eine halbe Stunde Zeit und Marie‘ möchte jetzt unbedingt noch Biene Maja gucken. Zu diesem Zweck hat die Kleine einen Therapiestuhl und kann dann ganz entspannt ein bisschen zum Fernsehen in unser Wohnzimmer. Das ist direkt mit der Küche verbunden, so dass wir sie immer im Blick haben und ihr ab und zu ein wenig Tee zu trinken anbieten können.

13:00 Uhr
Mittagessen. Heute gibt es einen Bohnen/Kartoffeleintopf mit Hackfleischbällchen. Das liebt Mariechen sehr und schafft ungefähr einen halben Kinderteller und zum Nachtisch zwei Fruchtzwerge. Sie ist gut gelaunt und macht sehr gut mit. Marie füttern dauert ca. eine halbe Stunde. Man muss sie beim Füttern am Unterkiefer behutsam unterstützen, da sie noch keinen richtigen Mundschluss hat. Auch das Kauen fällt ihr noch schwer. Marie hat beim Schlucken ein falsches Muster, deshalb gehen wir mit ihr regelmäßig zur Logopädin, um Essen und Trinken gut zu lernen und sie dabei bestmöglich zu unterstützen.

13:45 Uhr
Mittagsschläfchen. Schnell ist Maries Pflegebett umgebaut, sie aufs Töpfchen begleitet und eine frische Windel gemacht, dann noch den Schlafsack an und ein Liedchen gesungen und jetzt gute Nacht mein Schatz... Psssss sie schläft schon.

14:00 Uhr
Papa guckt Fußball und Mama räumt noch ein wenig auf, um sich dann in aller Ruhe ihre Fingernägel zu machen. Es ist ja Samstag und heute Abend kommt der Babysitter, Mama und Papa gehen mit Freunden zum Tanzen. Darauf freuen wir uns die ganze Woche, das tut gut!

15:30 Uhr
Marie ist wach, man kann sie schon hören ... Maaaaama, Paaaaapa Haaaaaallo ...! Mama geht hoch ins Kinderzimmer und holt sie aus dem Bett - Windel weg, selber machen, Töpfchen gehen und Puzzle spielen, Buch gucken, mach dieses nicht und lass jenes sein. Papa hört bis ins Wohnzimmer Mariechens Kommandos und Mama lacht herzhaft und sagt: „Langsam mein Schatz eins nach dem Anderen und alles mit der Ruhe“!

16:00 Uhr
Mama und Marie spielen Puzzle denn Puzzle macht Marie sehr gerne, meistens schafft sie auch eine gute dreiviertel Stunde toll mitzumachen und sich zu konzentrieren. Danach fallen ihr immer wieder neue Sachen zum Spielen ein. Es wird ein bisschen chaotisch aber auch im Chaos hat sie Spaß. Papa schaut immer noch Fußball, gleich beginnt die zweite Halbzeit.

16:30 Uhr
Anpfiff zur zweiten Halbzeit… „Klingelingeling“... Es schellt, die Babysitterin kommt. Sie ist eine 60-jährige Frau vom Familienunterstützenden Dienst der Lebenshilfe mit viel Erfahrung mit behinderten Kindern. Sie kommt schon viele Jahre zu uns ins Haus und ist so was wie unsere gute Seele und eine Großmama geworden.

16:45 Uhr
Nach einer kurzen Übergabebesprechung, nach Latte Macciato für uns und einer Flasche Tee für Marie geht die „Großmama“ mit Mariechen zum Spielen. Freier Abend!

23:00 Uhr
Wir sind wieder zu Hause. Alles ist gut gelaufen. Wir gehen gemeinsam leise zu Marie ins Kinderzimmer. Sie schläft tief und fest, ist noch gut gelagert und sauber, so dass wir fröhlich und zufrieden ins Wohnzimmer gehen um noch ein wenig zu plaudern, bevor unsere gute Seele sich für heute verabschiedet.

23:30 Uhr
Wir gehen noch mal zu Mariechen und riechen, die Windel ist voll. Meine Frau öffnet und entsichert kurz das Pflegebett, um Maries Windel zu wechseln, den Popo zu säubern und sie frisch einzucremen. Bei der Gelegenheit wird auch die Oberbauchnarbe neu versorgt.

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