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Adoption eines Pflegekindes durch seine Pflegeeltern
Die Adoption eines Pflegekindes durch seine Pflegeeltern ist rechtlich in der gleichen Art zu behandeln wie jede andere Adoption auch:
1. Die leiblichen Eltern müssen ihre Einwilligung zur Adoption geben (Freigabe)- bzw. die Ersetzung der Freigabe durch das Familiengericht.
2. Die zukünftigen Adoptiveltern müssen einen Antrag auf Annahme stellen
3. Das Kind (bzw. sein gesetzlicher Vertreter) muss in die Adoption einwilligen.
Verpflichtung zum Unterhalt:
Im § 1751 Absatz 4 BGB heißt es:
Der Annehmende ist dem Kind vor den Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet, sobald die Eltern des Kindes die erforderliche Einwilligung erteilt haben und das Kind in die Obhut des Annehmenden mit dem Ziel der Annahme aufgenommen ist.
Haben die Pflegeeltern also erklärt, dass sie das Kind adoptieren wollen, dann fällt nach der Einwilligung der leiblichen Eltern in die Adoption das Pflegegeld weg – und das Verhältnis geht von einer Hilfe zur Erziehung in eine Adoptionspflege über.
Sollten die leiblichen Eltern noch das Sorgerecht für das bisherige Pflegekind haben, dann geht das Sorgerecht nun auf einen Amtsvormund über. Hat das Pflegekind bereits einen Vormund, dann bleibt dieser bis zur Adoption in seinem Amt.
Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils
Wenn Eltern ihre Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich verletzen und wenn ihnen das Kind gleichgültig ist dann kann die Einwilligung zur Adoption ersetzt werden.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch heißt es dazu:
§ 1748 Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils
(1) Das Familiengericht hat auf Antrag des Kindes die Einwilligung eines Elternteils zu ersetzen, wenn dieser seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich verletzt hat oder durch sein Verhalten gezeigt hat, dass ihm das Kind gleichgültig ist, und wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde. Die Einwilligung kann auch ersetzt werden, wenn die Pflichtverletzung zwar nicht anhaltend, aber besonders schwer ist und das Kind voraussichtlich dauernd nicht mehr der Obhut des Elternteils anvertraut werden kann.
(2) Wegen Gleichgültigkeit, die nicht zugleich eine anhaltende gröbliche Pflichtverletzung ist, darf die Einwilligung nicht ersetzt werden, bevor der Elternteil vom Jugendamt über die Möglichkeit ihrer Ersetzung belehrt und nach Maßgabe des § 51 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch beraten worden ist und seit der Belehrung wenigstens drei Monate verstrichen sind; in der Belehrung ist auf die Frist hinzuweisen. Der Belehrung bedarf es nicht, wenn der Elternteil seinen Aufenthaltsort ohne Hinterlassung seiner neuen Anschrift gewechselt hat und der Aufenthaltsort vom Jugendamt während eines Zeitraums von drei Monaten trotz angemessener Nachforschungen nicht ermittelt werden konnte; in diesem Falle beginnt die Frist mit der ersten auf die Belehrung und Beratung oder auf die Ermittlung des Aufenthaltsorts gerichteten Handlung des Jugendamts. Die Fristen laufen frühestens fünf Monate nach der Geburt des Kindes ab.
(3) Die Einwilligung eines Elternteils kann ferner ersetzt werden, wenn er wegen einer besonders schweren psychischen Krankheit oder einer besonders schweren geistigen oder seelischen Behinderung zur Pflege und Erziehung des Kindes dauernd unfähig ist und wenn das Kind bei Unterbleiben der Annahme nicht in einer Familie aufwachsen könnte und dadurch in seiner Entwicklung schwer gefährdet wäre.
(4) In den Fällen des § 1626a Abs. 2 hat das Familiengericht die Einwilligung des Vaters zu ersetzen, wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde.
Weitere Erläuterungen finden Sie hier
Belehrung durch das Jugendamt bei Ersetzung der Einwilligung
Das Jugendamt muss bei einem geplanten Verfahren der Ersetzung der Einwilligung zur Adoption die leiblichen Eltern belehren. Das Familiengericht kann erst 3 Monate, nachdem die Eltern durch das Jugendamt über das Vorhaben informiert und belehrt worden sind, das Verfahren beginnen. Gelingt es dem Jugendamt innerhalb von 3 Monaten nicht, trotz aller Nachforschungen die leiblichen Eltern ausfindig zu machen, dann läuft hier die Frist zu einer Belehrung ab.
§ 51 Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind
(1) Das Jugendamt hat im Verfahren zur Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils in die Annahme nach § 1748 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Elternteil über die Möglichkeit der Ersetzung der Einwilligung zu belehren. Es hat ihn darauf hinzuweisen, daß das Vormundschaftsgericht die Einwilligung erst nach Ablauf von drei Monaten nach der Belehrung ersetzen darf. Der Belehrung bedarf es nicht, wenn der Elternteil seinen Aufenthaltsort ohne Hinterlassung seiner neuen Anschrift gewechselt hat und der Aufenthaltsort vom Jugendamt während eines Zeitraums von drei Monaten trotz angemessener Nachforschungen nicht ermittelt werden konnte; in diesem Fall beginnt die Frist mit der ersten auf die Belehrung oder auf die Ermittlung des Aufenthaltsorts gerichteten Handlung des Jugendamts. Die Fristen laufen frühestens fünf Monate nach der Geburt des Kindes ab.
(2) Das Jugendamt soll den Elternteil mit der Belehrung nach Absatz 1 über Hilfen beraten, die die Erziehung des Kindes in der eigenen Familie ermöglichen könnten. Einer Beratung bedarf es insbesondere nicht, wenn das Kind seit längerer Zeit bei den Annehmenden in Familienpflege lebt und bei seiner Herausgabe an den Elternteil eine schwere und nachhaltige Schädigung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens des Kindes zu erwarten ist. Das Jugendamt hat dem Vormundschaftsgericht im Verfahren mitzuteilen, welche Leistungen erbracht oder angeboten worden sind oder aus welchem Grund davon abgesehen wurde.
(3) Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet und haben sie keine Sorgeerklärungen abgegeben, so hat das Jugendamt den Vater bei der Wahrnehmung seiner Rechte nach § 1747 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu beraten.“
Adoptionspflege
Die übliche Zeitdauer der Adoptionspflege wurde auf mindestens 1 Jahr festgelegt. Diese Zeit soll dazu dienen, das Kind und Eltern zusammenwachsen können und sich herausstellen kann, ob die Adoption zum Wohl des Kindes sein wird.
Wenn ein Pflegekind von seinen Pflegeeltern adoptiert werden soll, dann wird diese Zeit sehr viel kürzer sein können, da sich Kind und Eltern ja schon als Familie zusammengefunden haben.
Volljährige Pflegekinder können durch ihre Pflegeeltern wie minderjährige Kinder adoptiert werden
Viele Pflegekinder erleben die Pflegefamilie im Laufe ihres Kindseins als „ihre“ Familie und wünschen sich häufig eine Adoption durch die Pflegeeltern. Auch Pflegeeltern und ihre leiblichen Kinder erleben das Pflegekind als Teil ihrer Familie und fühlen sich ihm zugehörig. Es kann sein, dass die Frage der Adoption bisher noch nicht diskutiert wurde, oder dass die leiblichen Eltern des Kindes die Einwilligung nicht geben wollten.
Nun ist das Pflegekind jedoch volljährig und die Frage der Adoption kann neu bedacht werden – denn es gibt eine sehr besondere Möglichkeit für Pflegekinder auch noch als Volljährige wie ein Minderjähriger von seinen Pflegeeltern adoptiert zu werden – also nicht nach den Regeln der Volljährigen-Adoption, sondern nach den Regeln der Minderjährigen-Adoption.
Wie im § 1772 Absatz 1 b beschrieben kann das Familiengericht auf Antrag des Pflegekindes eine Minderjährigen-Adoption ermöglichen, wenn das Kind schon als Minderjähriger in die Pflegefamilie gekommen ist und sich dort ein Eltern-Kind-Verhältnis entwickelt hat.
§ 1772 Annahme mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme
(1) Das Familiengericht kann beim Ausspruch der Annahme eines Volljährigen auf Antrag des Annehmenden und des Anzunehmenden bestimmen, dass sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen oder eines verwandten Minderjährigen richten (§§ 1754 bis 1756), wenn
a)ein minderjähriger Bruder oder eine minderjährige Schwester des Anzunehmenden von dem Annehmenden als Kind angenommen worden ist oder gleichzeitig angenommen wird oder
b)der Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden ist oder
c)der Annehmende das Kind seines Ehegatten annimmt oder
d)der Anzunehmende in dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Annahme bei dem Familiengericht eingereicht wird, noch nicht volljährig ist.
Eine solche Bestimmung darf nicht getroffen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Eltern des Anzunehmenden entgegenstehen.
(2) Das Annahmeverhältnis kann in den Fällen des Absatzes 1 nur in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des § 1760 Abs. 1 bis 5 aufgehoben werden. An die Stelle der Einwilligung des Kindes tritt der Antrag des Anzunehmenden.
Der erwachsene junge Mensch muss selbst einen entsprechenden Antrag auf Adoption mit der Wirkung der Minderjährigenannahme beim Familiengericht stellen. Bei solchen Anträgen werden die leiblichen Eltern nur angehört – sie müssen also nicht mehr zur Adoption freigeben. Ebenso werden die leiblichen Kinder der Pflegeeltern angehört.
Die Praxis hat gezeigt, dass solche Anträge im absolut überwiegenden Maße positiv angenommen werden und dass eine solche Adoption ausgesprochen wird. Bedeutsam ist hier die deutliche Zusammengehörigkeit der Familie. Es muss klar sein, dass die bisherige Pflegefamilie de-facto die Familie des Kindes geworden ist, und dieses tatsächliche Sein und Empfinden der Familie inklusiv ihres Wunsches nach gegenseitiger Verantwortung und Verbindlichkeit nun juristisch festgezurrt werden kann.
Das volljährige Pflegekind verliert aufgrund der Annahme wie ein Minderjähriger die juristische Zugehörigkeit zu seiner Herkunftsfamilie und wird wie ein leiblichen Kind Kind seiner Adoptiveltern.
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Gemeinsame Stellungnahme zum neuen Referentenentwurf vertrauliche Geburt