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08.10.2018

Integrationshilfen für SchülerInnen mit Behinderungen

Die Einrichtung einer individuellen Schulbegleitung kann für einzelne Schüler zur Sicherstellung einer angemessenen Schulbildung notwendig sein. Einrichtung und Aufgabe einer Integrationshilfe für Kinder mit Behinderungen.

Für Kinder und Jugendliche mit einer seelischen, körperlichen oder geistigen Behinderung kann Eingliederungshilfe in Form von Schulbegleitung in Betracht kommen, wenn die Schule einen besonderen behinderungsbedingten Bedarf des betroffenen Schülers nicht decken kann. Für diese Schüler ist die Teilnahme am Unterricht in einer allgemeinen Schule, einer Förderschule oder Schule für Kranke nur mit Unterstützung durch eine Integrationshilfe möglich.

Eine individuelle Schulbegleitung soll dazu beitragen, für einzelne Kinder eine angemessene Schulbildung sicher zu stellen.

Aufgaben einer Integrationshilfe

Aufgabe eines Integrationshelfers ist es, einen Schüler während eines Teils oder auch während der gesamten Unterrichtszeit zu begleiten, wenn erforderlich auch auf dem Schulweg, um Hilfestellungen zu geben und dessen behinderungsbedingte Einschränkungen auszugleichen.

Die Integrationshilfe ermöglicht Kindern mit Behinderungen den Besuch der für sie geeigneten Schulform. Die Schulbegleitung stellt für den Betroffenen ein Hilfs- und ein Kommunikationsmittel dar. Sie hilft dem Schüler bei lebenspraktischen Verrichtungen während der Schulzeit und unterstützt ganz allgemein bei der Orientierung im Schulalltag.

Qualifikationen von Integrationshilfen

Integrationshilfen sind in der Regel bei Trägern angestellt wie z. B. Lebenshilfe, Caritas, Diakonie, Pro mobil, Care und More, kjfo etc.

Je nach individueller Bedarfslage ist unterschiedlich qualifiziertes Personal erforderlich. Es können Personen ohne pädagogische Ausbildung sein, Hausfrauen, junge Menschen, die den Bundesfreiwilligendienst oder ein freiwilliges Soziales Jahr ableisten oder Fachkräfte mit einer pädagogischen, pflegerischen oder medizinischen Qualifikation.

In jedem Fall sind bestimmte Grundkompetenzen erforderlich. Sie lassen sich beschreiben als

  • Anerkennung der sozialen Integration in die Lerngruppe, der Selbstständigkeit und Aktivität der Schülerin oder des Schülers als wichtigste Ziele
  • Grundsensibilität für die Belange des zu betreuenden Kindes oder Jugendlichen
  • Grundwissen über die Behinderungsform und die individuellen Ausprägungen
  • grundlegende Fähigkeiten in der Gesprächsführung, Team- und Konfliktfähigkeit,
  • Kooperation und Arbeitsorganisation
  • Rollen- und Auftragsverständnis

Team-, Förderplan- und Elterngespräche sind Teil der Aufgabenbereiche innerhalb der regulären Arbeitszeit. Die Erkenntnisse und Beobachtungen der Integrationshilfe gehen in die prozessbegleitende Diagnostik und Förderplanung sowie Evaluierung der Förderziele ein.

Es erfolgt eine spezifische schulinterne Einweisung für das Tätigkeitsfeld und die individuellen Belange des Kindes, für das die Integrationshilfe zuständig ist.

Klare vertragliche Vereinbarungen zu Beginn einer Maßnahme, die regelmäßig überprüft und im Prozess gemeinsam mit der zuständigen sonderpädagogischen Fachkraft fortgeschrieben werden, sind empfehlenswert für die Gestaltung des Schulalltags.

Die Dienst- und Fachaufsicht, Anleitung und Fortbildung der Integrationshilfen ist Aufgabe der jeweiligen Leistungsanbieter.

Aufgaben einer Integrationskraft im Einzelnen

Die konkreten Aufgaben einer Integrationshilfe bestimmen sich immer nach den jeweiligen persönlichen Erfordernissen des Einzelfalles. Das gilt auch für den Umfang der Maßnahme. Bei schwer körperbehinderten Kindern besteht die Aufgabe der Integrationshilfe hauptsächlich darin, einfache Handreichungen während des Unterrichtes vorzunehmen und in der persönlichen Betreuung, wie z. B. den Rollstuhl zu schieben oder beim Besuch der Toilette oder beim Essen und Trinken behilflich zu sein.

Im Einzelfall kann bei Kindern und Jugendlichen mit geistigen oder seelischen Behinderungen ggf. nur durch eine persönliche Hilfestellung die Teilnahme am Unterricht ermöglicht werden.

Zweck der Hilfe ist in solchen Fällen

  • durch Schulbegleitung ein konkretes, kurz- oder maximal mittelfristiges Ziel bei einer Problemstellung mit pädagogisch qualifizierter Hilfe so zu erreichen, dass die Lösung des Problems eine dauerhafte Schulbegleitung erübrigt („zielfokussierte Schulbegleitung“), oder
  • durch Schulbegleitung ggf. auch auf längere Sicht fehlende einfache, aber für die Unterrichtsteilnahme zentrale Funktionen zu stützen („funktionsunterstützende Schulbegleitung“).

Die Aufgaben können somit liegen

  • in der Unterstützung bei der Nutzung von notwendigen Hilfsmitteln
  • im Bereich kommunikativer Hilfen
  • in der Stabilisierung des Schülers im sozial-emotionalen Bereich
  • in der Orientierung, Anpassung und Handlungsstrukturierung im Schulalltag
  • in der Unterstützung im Arbeitsverhalten und Strukturierung der Lernsituation

Die Schulbegleitung

  • begleitet den Unterricht, ggf. orientiert an der Stundentafel
  • kooperiert mit den beteiligten Lehrkräften
  • wendet Kommunikationshilfen an und ist Kommunikationshelfer zwischen Aufgabe und Schülerin und/oder Schüler
  • greift Aufgabenstellungen der Lehrkräfte auf und passt diese ggf. in Absprache mit ihnen an
  • übt Ordnungsprinzipien ein
  • hilft Kontakte zu einzelnen Mitschülerinnen und -schülern zu knüpfen
  • bahnt die Teilnahme an Gruppensituationen an
  • unterstützt die Regelakzeptanz und den Aufbau von Eigenkontrolle
  • hilft, zu einer realistischen Eigen- und Fremdwahrnehmung zu gelangen
  • greift in Stresssituationen ein und wirkt deeskalierend
  • ermöglicht Rückzug in Einzel- und Kleingruppensituationen und führt die Schü- lerin oder den Schüler in die Gruppe zurück
  • leitet zur Orientierung im Schulgebäude an
  • begleitet und strukturiert gegebenenfalls die Pausen
  • strukturiert angebotene Lernsituationen, die helfen, das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen der autistischen Schülerin oder des Schülers zu steigern
  • hält in Absprache mit der Schule Kontakt zu den Eltern
  • nimmt in Absprache mit Kostenträger und Schule an Planungs- und Reflexionsgesprächen teil

Die Aufgaben umfassen nicht

  • den Bereich der Unterrichtung der Schülerin oder des Schülers bzw. der sonderpädagogischen Förderung
  • die vorrangige Entlastung der Lehrkräfte
  • eine Unterrichtshilfe für die Lerngruppe oder andere Schülerinnen und Schüler
  • die Aufsichtspflicht, Bewachung oder Zwangsmaßnahmen
  • die Trennung der Schülerin oder des Schülers von der Lerngruppe
  • die Kompensierung baulicher Barrieren
  • die Kompensierung fehlender für die Beschulung notwendige sächlicher oder räumlicher Ausstattungen.
Kostenträger
Die Kosten einer individuellen Schulbegleitung gehören nicht zu den Schulkosten und werden weder vom Schulträger noch durch das Land finanziert.

Für SchülerInnen mit einer geistigen, körperlichen oder Mehrfachbehinderung ist der Einsatz eines Integrationshelfers eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII. Der Antrag auf Kostenübernahme muss beim örtlich zuständigen Sozialhilfeträger gestellt werden.

Für SchülerInnen mit einer seelischen Behinderung und einem IQ ab 70 und darüber ist der Einsatz einer Integrationshilfe gemäß § 35a eine Leistung der Jugendhilfe. Der Antrag auf Kostenübernahme ist beim örtlich zuständigen Jugendamt zu stellen.

Bei SchülerInnen die aufgrund einer Erkrankung Anspruch auf Behandlungspflege haben, ist gemäß § 37 Abs. 2 SGB V die Krankenversicherung Kostenträger.

Antragsverfahren
Der Antrag auf Eingliederungshilfe in Form einer Integrationshilfe wird von den Personensorgeberchtigten des Kindes bei dem jeweils zuständigen Kostenträger gestellt.

Der Antrag kann auch auf Antrag der Schule erfolgen, diese ist jedoch nicht antragsberechtigt.

Verfahrensablauf:
  • Formloses Antragsschreiben der Eltern mit persönlichen Daten des Schülers, Name und Anschrift der Schule sowie Angaben zur Behinderung des Kindes
  • Bericht der Schule über das Lern-, Leistungs- und Sozialverhalten und Unterstützungsbedarf
  • Schulfragebogen
  • Informationen/ ärztliche Berichte zur Behinderung des Kindes
  • amtsärztliche Untersuchung des Schülers durch das Gesundheitsamt, ggf. Beobachtung des Kindes im Unterricht
  • Entscheidung des Kostenträgers über Antrag, Art um Umfang der zu gewährenden Maßnahme
  • Übermittlung des Bescheids an die Eltern und Information an die Schule
  • Bei positivem Bescheid Information an evtl. Leistungserbringer

Antragsteller haben grundsätzlich Wunsch- und Wahlrecht, welchen Leistungsanbieter sie für die bewilligten Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen. Es wird jedoch durch den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz in so weit eingeschränkt, dass die Kosten im Vergleich zu einem anderen Anbieter nicht wesentlich höher sein dürfen

Um den Aufwand für die Eltern möglichst gering zu halten, rechnet der Leistungsanbieter seine Leistungen direkt mit dem Kostenträger, (Jugend- oder Sozialhilfeträger) ab.

Zur Prüfung der Abrechnungen müssen Schulen die erbrachten Leistungen der Integrationshilfen dem Kostenträger gegenüber schriftlich bestätigen.

Um langfristig eine optimale Schulbegleitung zu gewährleisten, sollten regelmäßige Austauschgespräche bzw. Teilnahme an Hilfeplangesprächen mit Lehrkräften, Eltern, Integrationskraft und sonstigen für das Kind zuständigen Pädagogen und Therapeuten stattfinden.

Quellen:
  • Stadt Köln, Schulbegleitung für Kinder mit seelischer Behinderung durch IntegrationshelferInnen
  • LWL, Integrationshelferinnen und Integrationshelfer
  • Stadt Bochum, Gewährung von Eingliederungshilfen im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht, Schulbegleitung/Integrationshilfen

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