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01.06.2015
Fachartikel

Psychologisch-pädagogische Qualität in der Begleitung von Pflegekindern unter dem Aspekt der Bindungsstörung

Facharbeit im Rahmen einer sozialpädagogischen Ausbildung. Die Autorin ist Pflegemutter von zwei Pflegekindern mit pädagogischen Förderbedarf in Berlin und bezieht sich in der Arbeit auch auf diese Erfahrungen.

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 3

2 Bindungsstörungen bei Pflegekindern 4
2.1 Was sind Pflegekinder? 4
2.2 Besonderheiten im Verhalten von Pflegekindern 5
2.2.1 Verhaltensbeobachtungen 5
2.2.2 Wissenschaftliche Erklärungsansätze 6
2.2.2.1 Neurobiologische und psychologische Erkenntnisse 6
2.2.2.2 Bindungstheorie 8
2.3 Bindungsstörungen 9
2.3.1 Formen eines gestörten Bindungsverhaltens 9
2.3.2 Medizinische Einordnung von Bindungsstörungen 11
2.3.3 Folgen und Spätfolgen von Bindungsstörungen 11

3 Der Umgang von Institutionen mit bindungsgestörten Pflegekindern 12
3.1 Realität im Bildungsbereich 13
3.1.1 Pflegekinder und Kitas 13
3.1.2 Pflegekinder und Schulen 13
3.2 Realität in der Jugendhilfe 14
3.2.1 Missstände in den Jugendämtern Berlins 15
3.2.2 Mangelnde Informationsweitergabe an die Pflegeeltern 16
3.2.3 Einrichtungen der Jugendhilfe und Pflegekinder 16
3.3 Praxis der Familiengerichte 17

4 Wirksame Hilfen für bindungsgestörte Pflegekinder 18
4.1 Sicherheit, Vertrauen und liebevolle Zuwendung 18
4.2 Menschen, die befähigt sind, mit ihnen umzugehen 21
4.2.1 Persönliche Eignung 21
4.2.2 Fachliche Qualifikation 21
4.2.3 Starke und kompetente Pflegeltern 22
4.3 Psychologisch-pädagogische Begleitung 23
4.3.1 Struktur und Rituale 23
4.3.2 Umgang mit Konflikten/Krisen 24
4.3.3 Regeln und Konsequenzen 25
4.3.4 Stärkung des Selbstwertgefühls 27
4.3.5 Individuelle Lösungen 27
4.4 Therapeutische Begleitung und medikamentöse Unterstützung

4.5 Ein erfolgreiches Beispiel für zielgruppengerechte Begleitung

5 Schlussfolgerungen 30
6 Literaturverzeichnis 32
7 Anhang 34
8 Erklärung 38

Einleitung

Als ich vor mehr als elf Jahren die Entscheidung traf, ein Pflegekind aufzunehmen, wusste ich in groben Zügen, welche Probleme diese Kinder haben können und dass sie deutlich höhere Anforderungen an die Bezugspersonen stellen als andere Kinder. Wie tiefgreifend die Störungen sein können und wie hoch die Anforderungen an das Umfeld der Kinder jedoch tatsächlich sind, war mir damals weder bewusst, noch war ich seitens des Jugendamtes darauf auch nur ansatzweise vorbereitet worden.
Inzwischen habe ich zwei Kinder mit erweitertem Förderbedarf in Dauerpflege und habe meine Berufstätigkeit aufgegeben, um mich dieser komplexen Aufgabe adäquat widmen zu können. Die Erfahrungen, die ich im Laufe dieser Zeit gemacht habe, sind äußerst viel-fältig und teilweise auch erschütternd, da sich zeigte, wie wenig unsere Gesellschaft wirk-lich imstande ist, mit schwierigen Kindern angemessen umzugehen. Seelische Behinderungen sind in der Regel äußerlich nicht erkennbar, so dass viele Pflegeeltern sich immer wieder gezwungen sehen, aufzuklären und für Verständnis zu werben. Dies bedeutet eine zusätzliche Belastung, die, zumal es sich häufig auch um Institutionen handelt, oftmals einem Kampf gegen Windmühlen gleicht.
Natürlich gibt es auch Pflegekinder, die erfreulicherweise nur geringe Einschränkungen aufweisen, aber das Gros der Kinder ist bindungsgestört und oft auch noch anderweitig traumatisiert. Daher konzentriert sich die vorliegende Arbeit auch nur auf Pflegekinder mit derartigen Störungen. Inwiefern sie anders sind als andere Kinder und warum sie auch so oft scheitern, soll diese Arbeit beleuchten. Vor allem ist mir wichtig aufzuzeigen, was notwendig wäre, um bindungsgestörten Pflegekindern eine wirklich effektive Hilfe zu teil werden zu lassen, d.h. wie eine wirksame psychologisch-pädagogische Begleitung möglichst aussehen sollte, um erfolgreich zu sein. Mir ist bewusst, dass ich mit dieser Facharbeit ein solch komplexes Thema nicht umfassend abhandeln kann. Aber mir geht es zunächst vor allem darum, Missstände aufzuzeigen, eine interessierte (Fach-) Öffentlichkeit zu sensibilisieren und eine Diskussion anzustoßen, die zum Umdenken im Umgang mit Pflegekindern führt. Eigene Beispiele habe ich der besseren Übersichtlichkeit wegen kursiv abgebildet. Aufgrund meiner persönlichen, ortsgebundenen Erfahrungen beschränke ich mich bei meinen Ausführungen auf Pflegekinder - auch wenn vieles von dem hier Genannten auf Adoptivkinder gleichermaßen zutrifft - und auf den Raum Berlin. Die Zusammenarbeit mit den Herkunftsfamilien habe ich aufgrund der Komplexität dieses Themas und wegen der Begrenztheit meiner Facharbeit auslassen müssen, gleichwohl kann diese sowohl in positiver, als auch in negativer Hinsicht eine bedeutende Rolle in der psychologisch-pädagogischen Begleitung von Pflegekindern spielen.

Zum einheitlichen Verständnis der Thematik werde ich zunächst die Begriffe Pflegekinder und Bindungsstörung erläutern. Im Anschluss gebe ich einen Überblick über die Miss-stände im Pflegekinderwesen und stelle im letzten Kapital dar, wie eine wirksamere Hilfe für bindungsgestörte Pflegekinder aussehen sollte.

1 Bindungsstörungen bei Pflegekindern

1.1 Was sind Pflegekinder?

Eine einheitliche und allgemein gültige Definition des Begriffes Pflegekinder gibt es nicht. Daher füge ich die Kriterien, die nach allgemeiner Auffassung vorliegen und die auch in unterschiedlichen Quellen, die sich zum Thema Pflegekinder äußern, überwiegend Verwendung finden, zusammen. Hiernach sind Pflegekinder minderjährige Personen, die auf bestimmte oder auch unbestimmte Zeit nicht in ihrer Herkunftsfamilie leben, sondern nach den Vorschriften des SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) im Rahmen der Hilfen zur Erziehung durch Vermittlung eines Jugendamtes bei Pflegepersonen längerfristig untergebracht werden, mit denen sie wie Eltern und Kind in häuslicher Gemein-schaft leben (Pflegefamilie). Rechtlich gesehen bleiben sie jedoch Kinder der Herkunfts-familie, werden also Adoptivkindern nicht gleichgestellt. Dies bedeutet, dass die elterliche Sorge, sofern sie nicht entzogen wurde, bei den leiblichen Eltern verbleibt und die Pflegeeltern lediglich nach § 1688 BGB die Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens erhalten, also erziehungs- aber nicht sorgeberechtigt sind. Das SBG VIII beschreibt die Unterbringungsform in einer Pflegefamilie nur indirekt in § 33 mit der Formulierung „Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll …Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten.“

Kennzeichnend für Pflegekinder ist, dass sie in der Regel eine Notlage erlitten haben. Diese kann zwar auch durch äußere Ereignisse wie Unfälle, Naturereignisse oder schwere Erkrankungen hervorgerufen sein, häufiger treten sie jedoch innerhalb krisen- oder problembelasteter Familien auf. So sind die überwiegenden Gründe für Kindes-heraus¬nahmen aus Familien grobe Vernachlässigung oder Verwahrlosung, körperliche Gewalt, seelische Grausamkeit sowie auch sexueller Missbrauch, häufig durch ihre engsten Bezugspersonen. Diese Notlagen können je nach Intensität, Häufigkeit und vor allem dem Alter des Kindes sehr unterschiedlich starke Folgen auf den seelischen Zustand des Kindes und damit auf deren gesamtes künftiges Leben haben.

1.2 Besonderheiten im Verhalten von Pflegekindern

1.2.1 Verhaltensbeobachtungen

Pflegeeltern erleben Situationen, die manchmal absurd erscheinen. Ihre Kinder zeigen scheinbar völlig unangemessene Reaktionen, ihr Verhalten ist oft nicht verständlich. Dann sind sie weder mit guten Worten zu erreichen, noch haben gängige pädagogische Maßnahmen Erfolg. Dies führt oft zu Rat- und Hilflosigkeit („Warum tun sie das?“) bei allen Bezugspersonen und leider auch oft zu einer Odyssee durch die Institutionen unseres Bildungswesens. Schon in der Kita erhielt ich diverse Anrufe, bitte sofort zu kommen, da mein Sohn Scheiben zerschlagen, die Erzieherin oder andere Kinder geschlagen hätte und ich möge bitte etwas unternehmen, dass das nicht wieder vorkäme. Es gab keine geeigneten Kitas oder Schulen und so setzen sich die Erfahrungen in allen staatlichen Schulen, Privatschulen, Förderzentren, Heimschulen und Tagesgruppen fort, aus denen er durchschnittlich jährlich heraus geworfen wurde. Zu ihrem ohnehin schon problematischen Sozialverhalten erschweren solche ständigen Schulwechsel und damit verbundene Beziehungsabbrüche das Knüpfen von Freundschaften ganz erheblich. So äußerte mein Sohn kürzlich bei einer polizeilichen Vernehmung auf die Frage nach seinen Freunden nach kurzer Überlegung, dass er eigentlich gar keine hätte.

Aber was ist denn eigentlich anders bei diesen Kindern und was genau macht es so schwierig mit ihnen? Pflegeeltern müssen davon ausgehen, dass sie Kinder aufnehmen, die Entsetzliches erlebt haben, woran sich viele bewusst gar nicht erinnern können. Den-noch prägt dieses Erleben ihr gesamtes Fühlen und Handeln. Sie sind permanent auf Gefahr orientiert und befinden sich daher in einem ständigen Anspannungszustand, immer unter Hochdruck. Nächtliche Alpträume, Einkoten und Einnässen bis ins hohe Schulalter und extreme Ängste begleiten viele Pflegekinder jahrelang. Häufig sind ihr Wärme- und Kälteempfinden sowie ihr Schmerzempfinden wie auch ihr Hunger- und Sättigungsgefühl gestört. Sie suchen ständige Aufmerksamkeit, können sich an keine Regeln halten und benehmen sich oft grenzüberschreitend. Sie fühlen sich schnell bedroht und sind äußerst schreckhaft. Manchmal scheinen sie regelrecht erziehungsresistent zu sein, da trotz immer gleicher Konsequenzen keine Verhaltensänderungen eintreten. Viele lügen und stehlen, beleidigen und bedrohen ihre nahen Bezugspersonen bis hin zu körperlichen Attacken oder verletzen sich selbst. Im schulischen Bereich zeigen sie Lernstörungen. Sie provozieren und praktizieren Machtkämpfe um jeden Preis, die sie allzu oft sogar gewinnen. Bei unvorhergesehenen oder außergewöhnlichen Ereignissen, selbst wenn diese nur ein wenig vom gleichförmigen Alltag abweichen, haben sie Angst. Dann reagieren sie oftmals mit großer Aufregung. Sie sind dann überdreht oder gereizt, was leicht auch in Aggression oder gar eine explosionsartige Entladung münden kann. (siehe auch Anhang 2)

Wenn ich nachts ganz leise das Zimmer meines Sohnes betrete, hebt er sofort den Kopf und fragt, was los sei. Er ist nie wirklich entspannt und kann sich nicht „fallen lassen“. Er geht bei Minusgraden mit kurzer Hose zur Schule und hat trotz seiner 87 kg mit 15 Jahren entsetzliche Angst vor der Dunkelheit, vor dem Alleinsein, vor Einbrechern und vor Spin¬nen. Er bekämpft, beleidigt und bedroht mich, wohl wissend, dass das Jugendamt ihn dann aus der Familie nimmt - seine allergrößte Angst seit 11 Jahren -, rational kann er dies aber nicht steuern. Meine Kinder belastende Termine muss ich stets sehr gut vorbereiten, mir sehr viel Zeit nehmen, Ablenkungs- oder Entspan¬nungs-maßnahmen einsetzen und oft auch Hilfskräfte (Oma, Babysitter etc.) mit einspannen.

1.2.2 Wissenschaftliche Erklärungsansätze

Aus der Bindungsforschung wissen wir inzwischen um die Wichtigkeit der ersten drei Lebensjahre eines Kindes und dass nur eine liebevolle und absolut verlässliche Fürsorge durch die Bezugsperson eine gesunde Gehirnentwicklung und somit auch Persönlich¬keits-entwicklung gewährleistet. In dieser Zeit wird im menschlichen Gehirn das System entwickelt, dass es uns ermöglicht, emotionale Beziehungen einzugehen. Zu diesem frühen Zeitpunkt können die Kinder zwar schon fühlen, aber noch nicht denken. Dieses wäre aber notwendig zur Verarbeitung von Ereignissen. Vor dem dritten Lebensjahr können die Kinder noch nicht einmal zwischen sich selbst (Ich) und der Welt trennen.

1.2.2.1 Neurobiologische und psychologische Erkenntnisse

Wie massiv die Auswirkungen frühkindlicher Traumatisierung auf das sich entwickelnde Gehirn tatsächlich sind, kann die heutige Hirnforschung schon gut erklären. Der Mensch wird nicht mit einem festgeformten Gehirn geboren, sondern in den ersten drei Lebens-jahren organisiert sich das Gehirn nach den jeweils gemachten Erfahrungen, es ist in dieser Zeit noch besonders formbar. Sehr stark vereinfacht lässt sich das Gehirn in vier Ebenen unterteilen, die sich nacheinander entwickeln. (siehe auch Anhang 1) „Um sich jedoch angemessen zu entwickeln, braucht jedes Hirnareal zur richtigen Zeit musterartige, sich wiederholende Erfahrungen.“ Die beiden untersten Ebenen Hirnstamm und Mittel-hirn, die sich bereits pränatal und in den ersten Lebensmonaten entwickeln, regulieren das autonome Nervensystem, die Atmung, aber z.B. auch den Schlaf-Wachrhythmus, das Sättigungs¬gefühl sowie das Wärme-Kälte-Empfinden. Kinder, die bereits im Mutterleib oder in den ersten Lebensmonaten traumatische Erfahrungen gemacht haben, sind bereits auf den untersten Gehirnebenen geschädigt und haben massive Schwierigkeiten mit der Erregungsregulierung. Etwa mit dem 3. Lebensmonat entwickelt sich als dritte Ebene das limbische System. Es ist zuständig für die Ausbildung der Grundgefühle. Die Säuglinge können nun selbst über Mimik Gefühle ausdrücken oder die Eltern anlächeln. Solch positive Grunderfahrungen, willkommen zu sein und geliebt zu werden, werden dann im limbischen System verarbeitet und gespeichert, was in der Gehirnorganisation Ruhe und Ausgeglichenheit zur Folge hat. Die Amygdala, als Teil des limbischen Systems, fungiert wie eine Alarmanlage, d.h. sie schätzt jedes Ereignis hinsichtlich einer möglichen Gefährdung ein und reguliert über ihre Verbindung zu den hormonellen Zentren das emotionale Verhalten. Darauf aufbauend entwickelt sich dann als vierte Ebene der präfrontale Kortex. Dieser ist zuständig für die Entwicklung der Sprache und der intellektuellen Fähigkeiten, aber auch bedeutsam für die Impulskontrolle oder die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Die neuronalen Entwicklungsprozesse und Umorganisationen des Kortex finden noch bis ins frühe Erwachsenenleben statt.
Schon bei Erwachsenen führen traumatische Ereignisse dazu, dass die Informations-verarbeitung und –speicherung blockiert ist. Die durch die Amygdala ausgelöste Ausschüttung von Stresshormonen rüstet den Körper für Kampf und Flucht aus. Das Gehirn besteht ja aus zwei Hälften, die miteinander verbunden sind. Der Hippocampus kann nun die Informationen nicht mehr zusammenführen und die Durchblutung der Hirnhälften verändert sich. Die Folge ist eine funktionale Trennung der Gehirnhälften und es ist keine entspannende Reaktion mehr möglich. Um wie viel dramatischer ist es wohl, wenn die Traumatisierung im frühen Kindesalter eintritt, wo sich das Gehirn erst noch entwickelt und diese gar nicht verarbeiten kann. Komplex traumatisierte Kinder bleiben daher oft in einem permanenten Anspannungszustand. Anders ausgedrückt, im Alarmzustand ist eine Reflexion des eignen, auch gewalttätigen Verhaltens unmöglich. Der Hirnstamm handelt, abgekoppelt von der internen Regulationsfähigkeit des Kortex, nur noch reflexartig, impulsiv und häufig auch aggressiv auf alles Bedrohliche. Ihr Frontalhirn und damit auch die Fähigkeit zu logischem Denken oder zur Impulskotrolle kann sich nicht mehr optimal entwickeln. Die Folgen solch frühkindlicher, anhaltender oder mehrfacher Traumatisierung sind daher eine nachhaltig veränderte Gehirnorganisation.

1.2.2.2 Bindungstheorie

Wenn Pflegeeltern ein Kind aufnehmen, werden sie im Idealfall schon während der Aufnahme- oder der Vorbereitungsgespräche, meist aber erst viel später bei einer in der Kinderpsychiatrie durchgeführten Diagnostik mit dem Begriff reaktive Bindungsstörung konfrontiert. Ich wage die These, dass die meisten Eltern zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Vorstellung haben, was sich dahinter genau verbirgt. Zum Verständnis des Begriffs ist es hilfreich, zunächst einen kurzen Überblick über die Bindungstheorie, die der britische Kinderpsychiater John Bowlby entwickelt hat, zu geben. Nach Bowlby ist das Bedürfnis, emotionale Sicherheit in Beziehungen zu finden, angeboren. Um sein Überleben zu sichern, muss sich jeder daher an eine Bezugsperson binden. Die Bindungstheorie befasst sich insbesondere mit dem Kontakt des Neugeborenen zu seiner Mutter und mit dem langfristigen Einfluss dieses Kontaktes auf die Mutter-Kind-Beziehung. Grundlage jeder normalen Entwicklung bildet die emotionale Bindung der Mutter an das Kind und des Kindes an die Mutter und später auch an den Vater. Bereits in den ersten Lebensmonaten lernt das Kind, ob die Welt ein guter Ort zum Leben oder eine Quelle des Schmerzes, der Angst oder Ungewissheit ist. Demzufolge sind die Bindungen von sehr unterschiedlicher Qualität.

Man unterscheidet vier Bindungsstile:

  • Sicher gebunden

Wenn die Mutter in ihrem Leben selbst die Erfahrung von sicherer Bindung gemacht hat, kann sie diese auch gut an ihr Baby weitergehen, d. h. sie kann einfühlsam und prompt auf die Bedürfnisse ihres Kindes eingehen und diese befriedigen. Bei ängstigenden Situationen bietet sie jederzeit verlässliche Hilfe, bei der sich das Kind wieder beruhigen kann. So entsteht Urvertrauen. Das Kind kann sich neugierig die Welt erobern. Bei Kummer vermisst es die Bindungsperson. Nur in deren Armen kann es Entspannung finden.

  • Unsicher vermeidend gebunden

Wenn die Mutter wenig Kontakt zum Kind herstellt, es eher als störend empfindet und es ignoriert, wird das Kind ein unsicher-vermeidendes Bindungsverhalten entwickeln und selbst wenig Kontakt zur Bindungsperson suchen. Fremde und Bindungsperon werden gleich behandelt. Das Kind widersetzt sich auch der Aufnahme in den Arm der Bindungsperson, es findet dort auch keine Entspannung. Es verarbeitet scheinbar selbständig negative Gefühle wie Angst und Ärger.

  • Unsicher-ambivalent gebunden

Wenn die Mutter in ihrer Haltung zum Kind ambivalent ist, es also mal überschüttet mit Zuwendung und Versorgung und das Kind ein andermal zurückstößt und seine Bedürfnisse übersieht, wird die Folge ein unsicher-ambivalent gebundenes Kind sein. Das Kind kämpft einerseits verzweifelt um den Kontakt zur Mutter, ist aber unsicher im nahen Kontakt zu ihr. Die Unsicherheit hat auch ein eingeschränktes Erkundungsverhalten zur Folge. Die Kinder wirken in ihrer Entwicklung zurückgeblieben.

  • Desorientiert gebunden

Wenn die Mutter selbst sehr geängstigt ist oder in ihrem Verhalten sehr ängstigend auf ihr Kind wirkt, werden beim Kind sowohl das Bindungs- wie auch das Verteidigungssystem aktiviert. Oft erstarrt das Kind im Konflikt zwischen Annäherung und Vermeidung. Aufgrund des uneindeutigen Verhaltens der Mutter hat das Kind in Stresssituationen keine adäquaten Verhaltensstrategien. Eine Untersuchung aus dem Jahr 1989 ergab, dass bei misshandelten einjährigen Kindern 82% desorientiert gebunden waren, wogegen es bei den nicht misshandelten nur 19% waren.

1.3 Bindungsstörungen

Vielen Pflegeeltern sehr vertraute Reaktionen wie wildes Umsichschlagen, mit Wildfremden einfach mitgehen oder auch übermäßiges Klammern sind typische Anzeichen für gestörtes Bindungsverhalten. Man unterscheidet die nachfolgenden Formen, wie sich gestörtes Bindungsverhalten zeigen kann:

1.3.1 Formen eines gestörten Bindungsverhaltens

Es gibt Kinder, die keine Anzeichen von Bindungsverhalten zeigen. In solchen Fällen hatten die Kinder nie eine verlässliche Bindungsperson bzw. zu viele Wechsel von Bindungspersonen erlebt. Ihr Bindungsverhalten ist deaktiviert. Sie reagieren nicht mit Protest auf Trennung, sondern sind durch zu viel Nähe überfordert.
Beim undifferenzierten Bindungsverhalten sucht das Kind ständig Aufmerksamkeit. Es unterscheidet nicht zwischen vertrauten und fremden Personen, sondern ist zu allen gleichermaßen zugänglich, aufgeschlossen und mitteilsam. Ihr Bindungssystem ist perma¬nent aktiv. Da ihnen der zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat übliche Prozess des Fremdelns fehlt, zeigen sie eine sog. Distanzlosigkeit gegenüber jedermann. Meine Pflegetochter, die mit 10 Monaten, nachdem sie von der Kindesmutter ständig bei Bekann-ten kurzzeitig untergebracht worden war, in Pflege genommen wurde, ging in den ersten Jahren mehrfach mit wildfremden Menschen mit. Auch heute noch sucht sie ständig Aufmerksamkeit oder teilt sogar intime familiäre Dinge völlig Fremden auf der Straße mit. Von Außenstehenden wird dieses Verhalten meist als besonders nett und kontaktfreudig fehlinterpretiert.

Kinder mit übersteigertem Bindungsverhalten zeigen eine extreme Trennungsangst und exzessives Klammern. Auch bei ihnen ist das Bindungsverhalten ständig aktiviert und auf eine Person gerichtet. Ihre Neugier und ihr Erkundungsverhalten sind eingeschränkt. In Pflegefamilien ist dieses Verhalten beim Bindungsaufbau häufig anzutreffen.

Beim gehemmten Bindungsverhalten zeigen die Kinder eine übermäßige Anpassung an die Bindungsperson, bei Abwesenheit derselben sind sie deutlich freier und entspannter. Bei Trennung zeigen sie wenig Widerstand. Dieses Verhalten beruht auf der Erfahrung von Gewalt durch die Bindungsperson. Einerseits haben sie Angst vor dieser, gleichzeitig müssen sie aber Sicherheit bei ihr suchen. Diese Kinder haben daher gelernt, ihre Bindungsbedürfnisse sehr vorsichtig zu äußern. Aufgrund der Gewalterfahrung vieler Pflegekinder tritt bei ihnen diese Form von Bindungsstörung häufig auf.

Kinder, die aggressives Bindungsverhalten zeigen, können ihre Wünsche nach Nähe und Schutz nur noch in aggressiver Weise ausdrücken. Allerdings verhindern sie damit stets eine befriedigende Reaktion auf ihre „Anfrage“. Diese bei Pflegekindern sehr häufig anzutreffende Form von Bindungsstörung kann leicht einen Teufelskreis in Gang setzen. Hier ist es besonders wichtig für die Bindungspersonen, sich gegen diese verletzenden und entwertenden Angriffe abzugrenzen.

Beim Bindungsverhalten mit Rollenumkehr übernimmt das Kind Verantwortung für die Bindungsperson. Es versucht mit überfürsorglichem oder bestrafendem Verhalten die Unsicherheit in der Beziehung zu reduzieren bzw. mit Drohungen Kontrolle über die Beziehung und die Bindungsperson auszuüben. Besonders häufig ist dieses Verhalten bei Kindern aus Suchtfamilien oder bei Kindern, die in ihrer frühen Kindheit schon viele Beziehungswechsel erlebt hatten, anzutreffen.

Die einzelnen Ausprägungsformen des Bindungsverhaltens müssen nicht zwingend in der reinen Form auftreten. Vielmehr zeigt sich in der Praxis, dass sie sich durchaus über-lagern können. Während mein Sohn anfänglich ein gehemmtes Bindungsverhalten zeigte, wandelte sich dieses mit zunehmender Verweildauer in der Familie in ein aggressives Bindungsverhalten. Wenn er beispielsweise mit Socken oder zusammengerollten Zeitun-gen auf mich einschlägt, ist dies eine Beziehungsanfrage; er will kuscheln. Hier ist eine schnelle und treffsichere Dekodierung mit angemessener Reaktion notwendig, da diese Situation sonst schnell eskalieren kann. Inzwischen versucht er jetzt auch mich zu dominieren und zu Hause zu bestimmen, zeigt also immer häufiger auch ein Bindungs-verhalten mit Rollenumkehr.

1.3.2 Medizinische Einordnung von Bindungsstörungen

Medizinisch gesehen zählen Bindungsstörungen nach der ICD-10-Klassifikation zur Gruppe der gestörten sozialen Funktionen. Man unterscheidet hier die gehemmte Form „Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters“ (ICD 10-F94.1) sowie die ungehemmte Form „Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung“ (ICD 10-F94.2). Während die reaktive Bindungsstörung vor allem bei jüngeren Kindern auftritt, entwickelt sich die Bindungsstörung mit Enthemmung in der Regel aus der erstgenannten meist erst ca. im fünften Lebensjahr. Bei der Störung von Typ F94.1 sind Störungen der sozialen Reaktionen wie abnormes Beziehungsmuster zu Betreuungspersonen, eingeschränkte Interaktion mit Gleichaltrigen, Beeinträchtigung des sozialen Spielens und gegen sich selbst und andere gerichtete Aggressionen sowie emotionale Auffälligkeiten wie z.B. Furchtsamkeit, Übervorsichtigkeit, Mangel an emotionaler Ansprechbarkeit, Apathie in verschiedenen Situationen bemerkbar. Bei der Störung vom Typ F94.2 können zusätzlich zum ersten Typ noch Distanzlosigkeit, gleichförmige Interaktionsmuster gegenüber Fremden und inadä-quate Reaktionen auf Beziehungsangebote von Bezugspersonen auftreten.

1.3.3 Folgen und Spätfolgen von Bindungsstörungen

Eine Trennung von der leiblichen Mutter in der frühen Kindheit wird vom Kleinkind immer als lebensbedrohlich empfunden, d.h. es hat Todesangst. Da solche Herausnahmen aus der Ursprungsfamilie überwiegend durch Kindeswohl gefährdende Gründe herbeigeführt werden, können Pflegeeltern davon ausgehen, dass sich hinter der Diagnose reaktive Bindungsstörung in der Regel immer auch eine oder gar mehrfache Traumatisierungen der Kinder verbergen.

„Ereignet sich das Trauma in der frühen Kindheit, so spricht man von "frühtraumatisierten Kindern“,“ wobei ein Trauma auch schon allein durch die Trennung von den Eltern ausgelöst werden kann. Kleinkinder sind weder imstande die schrecklichen Erlebnisse zu verstehen, noch zu verarbeiten oder mitzuteilen. Sie müssen sie völlig hilflos und ohnmächtig der Situation ausgeliefert erleiden. Dies ist so schmerzhaft und beängstigend, dass die Kinder später versuchen, alles zu vermeiden, was an diese frühere Hilflosigkeit erinnert und spalten daher oftmals diese Erlebnisse ab. In der Folge zeigen sie dann die genannten, für uns oft so unverständlichen Reak¬tionen, um sich selbst zu schützen.

Wie im vorherigen Kapitel dargelegt, hat eine Frühtraumatisierung auch gravierende Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung und massive Änderungen des Verhaltens und der Persönlichkeitsentwicklung zur Folge. Wenn diese unbehandelt bleibt, kann es auch zu schwerwiegenden Spätfolgen bei den erwachsenen ehemaligen Pflegekindern kommen. Nur etwa der Hälfte von ihnen gelingt es, ökonomische Selbstständigkeit und gute Familienbeziehungen zu verwirklichen und ihre eigenen Kinder fürsorglich zu versorgen. Viele der Kinder ehemaliger Pflegekinder werden dann auch wieder zu Pflegekindern. Das Risiko, als junge Erwachsene delinquent, drogenabhängig oder psychisch krank zu werden - viele leiden an Depressionen, am Borderline Syndrom bzw. posttraumatischen Belastungsstörungen - oder im jungen Erwachsenenalter eines unnatürlichen Todes, vor allem durch Suizid, zu sterben ist bei ehemaligen Pflegekindern deutlich erhöht. Die Anforderungen an Pflegeeltern solcher Kinder sind daher, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, enorm hoch. Umso wichtiger ist es, von einem Helfersystem umgeben zu sein, das darauf angemessen reagieren kann. Da das Pflegekinderwesen aus meiner Sicht jedoch stark verbesserungswürdig ist, werde ich einige der Missstände daher im Folgenden kurz erläutern.

2. Der Umgang von Institutionen mit bindungsgestörten Pflegekindern

In meiner langjährigen Arbeit als Pflegemutter bin ich immer wieder auf fehlende Sachkenntnis, Ratlosigkeit und manchmal auch Ignoranz bei einem Großteil der zuständigen Fachkräfte sowie auf für diese Zielgruppe nicht ausgerichtete Einrichtungen gestoßen. Diese zeitraubende und oft auch nervenaufreibende Informations- und Überzeugungsarbeit, teilweise sogar Kämpfe gegen offensichtliche Fehlentscheidungen haben mich mitunter mehr Kraft gekostet als die Erziehung meiner wirklich schwierigen Kinder.

2.1 Realität im Bildungsbereich

2.1.1 Pflegekinder und Kitas

So wichtig die Förderung dieser überwiegend auch entwicklungsverzögerten Kinder schon im Kindergartenalter ist, so schwierig ist es für Pflegeeltern, diesen Anspruch zu realisieren. Es gibt keine Kindergärten für bindungstraumatisierte Pflegekinder und vor allem keine dafür ausgebildeten Erzieherinnen. Die Gruppengröße ist meist viel zu groß, zumal diese Kinder oft sehr unsicher im Kontakt mit Gleichaltrigen sind. Selbst wenn die Kinder einen Integrationsstatus haben, ist doch der Personalschlüssel immer noch viel zu hoch. Pflegekinder können daher den normalen Kitabetrieb massiv beeinträchtigen und bringen selbst die gutwilligsten Erzieherinnen oft an ihre Grenzen. In der Folge wird den Pflegeeltern dann meist nahegelegt, doch eine andere Einrichtung zu suchen, die besser geeignet ist. Aber wo und wie sollen Pflegeeltern denn besser geeignete Einrichtungen finden? Eine Unterstützung bei der Suche danach gibt es nicht. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann hier manchmal hilfreich sein. Wichtig ist auf jeden Fall eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Fachkräften. Nachdem mein Sohn in der Kita auffällig wurde, habe ich den intensiven Austausch mit der Leiterin und der Integrationserzieherin gesucht, viel Informationen über Besonderheiten meines Sohnes und Tipps zum Umgang mit ihm gegeben, war jederzeit ansprechbar, musste ihn aber auch oftmals abholen. Mir zuliebe - ich war damals noch berufstätig – durfte er dann bleiben, obwohl er für die Einrichtung eigentlich eine Überforderung darstellte.

2.1.2 Pflegekinder und Schulen

Noch schwieriger wird die Situation mit der Einschulung. Für Kinder mit sozialemotionalen Störungen oder seelischer Behinderung, was für nahezu alle bindungsgestörten Pflegekinder gilt, gibt es in der flexiblen Schuleingangsphase keinerlei Förderung mehr. Zudem sorgt die Altersmischung dafür, dass insbesondere Kinder mit Konzentrationsstörungen, ADHS etc., was bei der Mehrheit der bindungstraumatisierten Kinder auch vorliegt, durch die größere Unruhe dieser Unterrichtsform ständig abgelenkt sind, was das Lernen zusätzlich erschwert und weitere Verhaltensauffälligkeiten nach sich zieht. Daher hatte ich meinen Sohn in einer Sprachheilklasse einschulen lassen, um so zumindest in den Genuss einer geringen Gruppengröße und der Sonderpädagogen zu kommen, viel genutzt hat es jedoch nicht. Auch hier sowie im zugehörigen sonderpädagogischen Hort musste ich ihn ständig abholen. Sicherlich ist die Inklusion Behinderter an Regelschulen ein grundsätzlich erstrebenswertes Ziel, zumal die UN-Behindertenrechtskonvention seit 2008 auch für die Bundesrepublik rechtsverbindlich ist. Hierfür sollten jedoch auch geeignete Bedingungen geschaffen werden, insbesondere müssen die Lehrkräfte dafür qualifiziert sein und es sollte auch eine hinreichende finanzielle Ausstattung zur Verfügung stehen, damit z.B. der Förderunterricht nicht ständig ausfällt, da diese Lehrer Vertretungsstunden wahrnehmen müssen. Allerdings überfordern gerade Kinder mit sozial-emotionalem Förderbedarf Regelschulen meist. Sie legen den Unterricht regelrecht lahm und benötigen daher spezielle Konzepte. Diese sind jedoch kaum vorhanden, und die wenigen Plätze, die in den höheren Klassen für Kinder mit sozial-emotionalem Förderbedarf existieren, sind bei weitem nicht ausreichend. Aus Mangel an Alternativen wird daher ein Großteil dieser Schüler, auch mein Sohn, trotz normaler Intelligenz dann in Lernbehinderten-klassen unterrichtet. Die Suche nach geeigneten Schulen bleibt für Pflegeeltern eine große Hürde, wie ich auch aus dem Austausch mit anderen Pflegeeltern weiß. Viele melden ihre Pflegekinder auch an Privatschulen an, da diese meist kleinere Klassenstärken aufweisen und deren Lehrkräfte häufig höher motiviert scheinen.

Je verhaltensauffälliger das Pflegekind ist, desto schwieriger wird aber der Verbleib an einer Schule, da letztlich keine Schule auf die besonderen Anforderungen bindungsgestörter Pflegekinder spezialisiert ist und auch keine Lehrkräfte bzw. Erzieher hierfür qualifiziert sind. Die Folge ist dann häufig der oben schon beschriebene ständige Wechsel der Bildungseinrichtungen sowie das Ingangsetzen eines Teufelskreises für die Kinder: Mit jedem erneuten Raus¬wurf erleben sie, dass mit ihnen etwas nicht in Ordnung ist und dass sie Beziehungen zu Mitschülern, Lehrern und Erziehern wieder abrupt abbrechen müssen. Gerade dies ist aber für bindungsgestörte Kinder besonders problematisch. Erschwerend kommt hinzu, dass sie mit ihrem hartnäckigen Stören, Provozieren, Beleidigen, Zerstören etc. „erfolgreich“ sind, d.h. aufgrund der enormen Intensität ihrer Machtkämpfe oftmals siegen und sich fatalerweise dann in ihren Allmachtsgefühlen gestärkt sehen. Mein Sohn äußerte dann manchmal Sätze wie: „Ich bin der Herrscher der Welt. Mir kann keiner was!“

2.2 Realität in der Jugendhilfe

Spektakuläre Todesfälle von Kindern aufgrund von Misshandlung oder Vernachlässigung, die in letzter Zeit vermehrt durch die Medien gingen, haben auch ein schlechtes Licht auf die Jugendämter geworfen. Daher ist es wichtig, sich die Arbeitsbedingungen der Jugend-hilfe genauer anzuschauen. Wesentliche Rechtsgrundlage der Arbeit ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz als Bestandteil des Sozialgesetzbuches Achtes Buch, welches in § 1 Abs. 3 SBG VIII als grundlegende Aufgaben u.a. festlegt, junge Menschen in ihrer individuellen Entwicklung zu fördern und zum Abbau von Benachteiligungen beizutragen, sie vor Gefahren zu schützen sowie die Erziehenden zu beraten und zu unterstützen. Wahr-genommen werden diese Aufgaben von den Mitarbeitern der Regionalen Sozial¬dienste (RSD) in den Jugendämtern.

2.2.1 Missstände in den Jugendämtern Berlins

Die Aufgaben, die Mitarbeiter der Regionalen Sozialdienste wahrzunehmen haben, sind demzufolge sehr komplex. In der Praxis gibt es jedoch keine Spezialisierung mehr, vielmehr nehmen die RSD-Mitarbeiter nicht nur alle Aufgabenbereiche wahr, was schon inhaltlich eine große Herausforderung sein kann, sondern sind auf¬grund der prekären Zustände in den Berliner Jugendämtern vielfach gar nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben überhaupt noch sachgerecht wahrzunehmen. Der Personalabbau einerseits und die gestiegene Zahl von Kinderschutzfällen andererseits haben zu dramatischem Personalmangel geführt und somit zur totalen Überlastung und Überforderung der verbliebenen Mitarbeiter. Im Jugendamt Berlin-Mitte haben Mitarbeiter bereits die weiße Fahne gehisst. Während die GEW dafür eintritt, die Fallobergrenze auf 40 pro Mitarbeiter festzuschreiben, liegt die Realität in den Berliner Jugendämtern bei ca. 70, in Berlin-Mitte sogar bei über 80 Fällen pro Mitarbeiter im Jahr. Diese Zustände sowie damit im Zusammenhang stehende Umstrukturierungen haben auch zu permanenten Zuständig-keitswechseln geführt. So kann weder die notwendige Beratungsqualität, noch -kontinuität gewährleistet werden und viele wichtige Informationen gehen verloren. Im Jugendamt meines Pflegesohnes ist im Zeitraum von elf Jahren jetzt die 11. und im Jugendamt meiner Pflegetochter innerhalb von sechs Jahren aktuell die 5. Sozialarbeiterin zuständig, Im Falle meines Sohns ist bei den vielen Wechseln sogar die Betreuungsakte verloren gegangen. Demzufolge habe ich mehrfach gegen Entscheidungen ankämpfen müssen, die auch von mangelnder Sach- und Fachkenntnis geprägt waren. In elf Jahren war auch nur eine einzige (von 11) RSD-Mitarbeiterin jemals bei uns zu Hause und hat sich bemüht, meinen Sohn ein wenig kennen zu lernen.

Während einerseits verantwortungslose Sparma߬nahmen bei den Jugendämtern untragbare Zustände in der Betreuung hervorgerufen haben, werden andererseits dringend benötigte Gelder in ungeprüften und teilweise nicht notwendigen Heimunterbringungen verschwendet. Und viele sinnvolle Hilfen müssen somit aus Kostengründen unterbleiben. So kann der gesetzliche Auftrag aus §1 Abs. 3 SGB VIII nicht erfüllt werden.

2.2.2 Mangelnde Informationsweitergabe an die Pflegeeltern

Aber selbst wenn wesentliche Informationen und Akten in den Jugendämtern nicht verloren gehen, ist es bei vielen Jugendämtern immer noch gängige Praxis, den Pflegeeltern nur sehr wenige Informationen über die Vorgeschichte ihres Pflegekindes zu geben. Begründet wird dies sowohl mit dem hier offensichtlich höher bewerteten Datenschutz als auch der scheinbar besseren Möglichkeit eines unvorbelasteten Neuanfangs. Somit werden Pflegeeltern oft sehr wichtige Informationen vorenthalten, was in der Folge dann, da die Pflegeeltern mit so massiven Verhaltensproblemen nicht gerechnet hatten, leicht auch zu einer Überforderung führen kann. Zumindest aber erschwert dies eine angemessene Reaktion seitens der Pflegeeltern sowie das rasche Ergreifen geeigneter Hilfemaßnahmen.

2.2.3 Einrichtungen der Jugendhilfe und Pflegekinder

Auch unter den Einrichtungen der Jugendhilfe, die vom Jugendamt im Rahmen der Hilfen zur Erziehung gem. des Vierten Abschnitts des SGB VIII beauftragt werden, gibt es keine Spezialisierung und keine besondere Qualifizierung hinsichtlich bindungsgestörter Pflege-kinder. Vielmehr stoßen Pflegeeltern auf unterschiedlichste pädagogische Konzepte, von denen manche besser, andere schlechter für ihre Kinder geeignet sind. Erschwerend kommt hinzu, dass jede Einrichtung vom eigenen Konzept und Erfolg sehr überzeugt ist, sich aber nicht so gern „in die Karten schauen lässt“, so dass eine Einschätzung hinsichtlich der Eignung für die Pflegeeltern kaum möglich ist. Die müssen sich folglich auf die Einschätzung der überlasteten, überforderten RSD-Mitarbeiter verlassen, die ihre Kinder größtenteils kaum kennen, die auch die Einrichtungen vielfach nicht kennen und zudem meist nur wenige Kenntnisse von den besonderen Anforderungen bindungstraumatisierter Kinder haben. Hinzu kommt, dass es teilstationäre Einrichtungen, Tagesgrup¬pen und Schulprojekte überwiegend nur im Grundschulbereich gibt. Die Folge ist dann auch hier häufig wieder eine Überforderung der Einrichtungen und ein Rauswurf der Kinder. Letztlich bleibt dann oft nur noch die vollstationäre Unterbringung. Inwieweit dies eine hilfreiche Alternative für bindungstraumatisierte Pflegekinder ist, sie ihrer oft einzigen Bindungsperson zu berauben, erscheint mir fraglich. So ist es jetzt nach 11 Jahren auch meinem Pflegesohn ergangen, der in Ermangelung eines Schulplatzes und einer geeigneten Alltagsunterstützung in der Pflegefamilie nun in einem Heim im Harz untergebracht wurde.

2.3 Praxis der Familiengerichte

Das im Grundgesetz Art. 6 verankerte Recht auf Erziehung der eigenen Kinder hat zur Folge, dass grundsätzlich die Rückführung der Pflegekinder in die Herkunftsfamilie anzustreben und in regelmäßigen Abständen zu überprüfen ist. Die bisherige Rechtsprechung unserer Familiengerichte ist daher oft zu schwer nachvollziehbaren Urteilen gekommen, ohne die Einwendungen von Gutachtern zu beachten, dass die Rückführung für die Pflegekinder einem Bindungsabbruch gleichkäme und sie destabilisieren könne. Diese Haltung wurde sogar vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt, dass weder die Bindung an die Pflegefamilie noch der Kindeswille ausschlaggebend für eine Sorgerechtsentscheidung sein könne. Ein OLG-Urteil von 2010 befand sogar, dass trotz jahrelanger Bindung eines Kindes an die Pflegeeltern eine Rückführung selbst dann nicht ausgeschlossen werden dürfe, wenn dies eine erhebliche psychische Belastung für das Kind bedeute.

Diese Äußerungen verdeutlichen die Problematik, dass hier Juristen urteilen, die offensichtlich keine oder nur sehr geringe Vorstellungen von den psychischen Folgen von Bindungsabbrüchen und seelischen Belastungen bei Rückkehr in die Herkunftsfamilien haben. Nicht selten haben solche Urteile dann verheerende Folgen oder kommen gar einem Todesurteil für einzelne Kinder gleich. „Es darf einfach nicht sein, dass die Kinder bei mir auf dem Obduktionstisch landen, weil das Recht der Eltern wichtiger war.“, äußert sich die Rechtsmedizinerin an der Berliner Charité Saskia Etzold. Rund 200000 Kinder in Deutschland seien jährlich Misshandlungen ausgesetzt, schätzt sie, und davon viel zu häufig solche, die von Jugendämtern in die Herkunftsfamilie zurück geführt wurden. Daher fordert sie auch psycholo¬gische und rechtsmedizinische Schulungen für Richter und Jugend¬amtsmitarbeiter. Erfreulicherweise hat die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig die Problematik aufgegriffen und will nun mit einer Gesetzesänderung die Rechte von Kindern und Pflegeeltern stärken. Auch der Runde Tisch der Pflege- und Adoptivfamilienverbände hat in seiner Stellungnahme zur notwendigen Kontinuität von Pflegekindern in ihren Pflegefamilien die Initiative der Ministerin begrüßt. Sie fordern eine rechtliche Absicherung des dauerhaften Verbleibens in ihrer sozialen Familie, gleichgültig ob die Erziehungsfähigkeit ihrer Eltern sich nach Jahren verändert hat, sowie emotionale Sicherheit in ihren sozialen Familien.

Die fehlende Sachkenntnis der Familienrichterin über die Tragweite traumatisierender Entscheidungen kann ich bezüglich des Sorge-rechtsentzugs meines damals vierjährigen späteren Pflegesohnes nur bestätigen. Er musste sich ohne jegliche Vorbereitung, ohne ein Spielzeug, sofort während der Gerichts-verhandlung zum zweiten Mal von seiner leiblichen Mutter trennen und wurde anschlie-ßend in einer dritten Kurzpflegestelle untergebracht. Der Forderung der Rechtsmedizinerin Etzold kann ich mich nur anschließen und würde diese gerne noch auf die Entstehung von Bindungsstörungen sowie die seelischen Folgen traumatischer Ereignisse ausdehnen.

3. Wirksame Hilfen für bindungsgestörte Pflegekinder

Natürlich erhebt sich bei solch schwerwiegenden Störungen die Frage, ob hier überhaupt so etwas wie Heilung möglich ist. Eine schnelle Hilfe gibt es leider nicht. Aber wenn geeignete Personen ein dem Störungsbild angemessenes Verhalten zeigen und dieses kontinuierlich durchhalten sowie zusätzlich geeignete Maßnahmen ergreifen, dann kann diesen Kindern auch effektiv geholfen werden. Die auf die Behandlung traumatisierter Kinder spezialisierten Kinderpsychiater Bruce Perry, Bettina Bonus und Andreas Krüger sehen hier sehr wohl auch Heilungschancen. Im Folgenden werde ich daher darlegen, was bindungstraumatisierte Pflegekinder nach meiner Erfahrung, aber auch nach der Überzeugung der wenigen Experten, die es hierfür gibt, wirklich brauchen und wie eine wirksame Hilfe möglichst aussehen sollte.

3.1 Sicherheit, Vertrauen und liebevolle Zuwendung

Die wichtigste Maßnahme, Kinder aus einer gefährdenden Situation heraus in Sicherheit zu bringen, ist mit der Herausnahme aus der Herkunftsfamilie nur objektiv erfüllt. Bindungsgestörte Kinder benötigen aber vor allem auch das Gefühl von Sicherheit. Und dies zu vermitteln ist ein sehr langwieriger Prozess. Da das Gehirn eines Kleinkindes bei der Trennung von seiner Mutter noch keine Möglichkeit hat, diese unbeschreiblichen Angst- und Ohnmachtsgefühle zu verarbeiten, bleiben diese Gefühle noch jahrzehntelang präsent, die Kinder verharren quasi in dieser Anspannungshaltung. Folgen dieser ersten Trennung noch weitere, im Falle meines Sohnes noch vier weitere, bedeutet jede erneute Trennung ein weiteres Trauma. Ihr Vertrauen in die Welt und in die Menschen wird dann immer wieder zutiefst erschüttert.

Pflegeeltern stehen dann vor der großen Herausforderung, den Kindern das so dringend benötigte Gefühl von Sicherheit zu vermitteln und das Vertrauen in die Erwachsenen zurück zu geben, dies aber vor dem Hintergrund einer möglichen Rückführung und mit einer vom Jugendamt erwarteten distanzierten Haltung dem Kind gegenüber. Das kann nicht gelingen und ist meiner Überzeugung nach auch schädlich. Die Pflegekinder sehnen sich einerseits so sehr nach einer verlässlichen, liebevollen Beziehung, gleichzeitig trauen sie dieser aber nicht, da sie ständig befürchten, auch dieses Zuhause wieder zu verlieren. Deshalb stellen sie uns Pflegeeltern ständig auf die Probe. Bei jedem Umzug äußerte mein Sohn die bange Frage, ob er denn auch mitkäme. Und immer wieder hatte er nach einem Konflikt seine Schuhe angezogen, war vor die Tür gegangen und sagte: „Dann gehe ich eben wieder.“, wobei er die Tür stets offen ließ. Allein verbale Beteuerungen, dass er bleiben dürfe und zur Familie gehöre, reichten nicht aus. Erst als ich ihm zu seinem 10. Geburtstag einen Gutschein überreichte, auf dem stand, dass er zur Familie gehöre und immer bleiben dürfe, hörte das Vor-die-Tür gehen auf. Diese Karte bewahrte er zwei Jahre unter seinem Kopfkissen auf und nahm sie auch auf jeder Reise mit. Sie war quasi seine Lebensversicherung. (siehe Anhang 3)

Zur Gesundung ihrer verwundeten Seelen brauchen bindungstraumatisierte Kinder die unbedingte Zusicherung, bleiben zu dürfen. Hierzu müssten auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die ständigen Rauswürfe aus den Einrichtungen vermeiden. Und sie brauchen Pflegeeltern, die unerschütterlich, hundertprozentig hinter ihnen stehen, auch bzw. gerade im Konfliktfall. Der Kinderpsychiater meines Sohnes erklärte mir gegenüber, dass ich der „Fels in der Brandung“ sei, bzw. der Anker, der meinem Sohn den notwendigen Halt gibt. Um den Kindern das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, ist es wichtig, vor allem selbst ruhig und gelassen zu sein und für ausreichend Ruhe und Entspannung bei den Kindern zu sorgen. Nach meiner Erfahrung ist es besonders wichtig, Hektik zu vermeiden, da diese Druck und Anspannung erzeugt und ganz schnell zur Eskalation führen kann. Unruhe, Unsicherheit und Angst lassen sich bei meinen Pflege-kindern sofort reduzieren, wenn ich mir viel Zeit nehme und ihnen meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenke. Leicht angespannte Situationen kann ich schnell auflösen, indem ich beispielsweise regelmäßig Spiele mit ihnen durchführe. Sehr entspannend wirken auch Rückenmassagen sowie das „Pizza-Backen“ oder Bilder malen auf dem Rücken. Aber auch den Igelball habe ich häufig eingesetzt. Ebenso beruhigend sind warme Fußbäder am Abend während ich daneben sitze und wir uns über den Tag austauschen. Positive Erfahrungen habe ich auch mit Musik gemacht. Während mein Sohn inzwischen sogar äußert, dass er beim Musikhören runterkommt, hat meine Tochter große Freude am Klavierspielen. Sie ist nicht nur talentiert im Nachspielen, sondern drückt auch ihre Stimmung über erstaunliche Improvisationen aus. Daher musizieren wir selbst oder hören viel Musik zu Haus.

Für die Pflegekinder mindestens genauso wichtig, wie das Gefühl von Sicherheit, ist das Gefühl, geliebt zu werden. Auch hier reicht nicht allein die Beteuerung; Pflegekinder müssen die Zuneigung spüren können, soweit sie nicht aufgrund eines deaktivierten Bindungsverhaltens keine Nähe zulassen können. In diesem Fall müssen dann andere Formen gefunden werden, Halt, Orientierung und Beziehung anzubieten.
Um diesem Bedürfnis nach Wärme, Nähe und Geborgenheit nachzukommen und gleichzeitig ihren großen Wunsch nach ungeteilter Aufmerksamkeit zu erfüllen, habe ich seit einigen Jahren feste Zeiten am Abend eingeführt, während derer ich mich nur jeweils einem Kind widme. Diese halbe Stunde gehört dann ausschließlich ihm. Während dessen lesen, reden oder singen wir, wobei ich das Kind im Arm halte oder ihm den Kopf bzw. Rücken kraule. Manchmal spielen wir auch Rollenspiele mit den Kuscheltieren. Gerade für meinen Sohn waren dies gute Gelegenheiten, schwierige Situationen noch einmal mit etwas Abstand zu beleuchten und besser zu verstehen. Dies allein reicht aber bei weitem nicht aus. Bindungsgestörte Pflegekinder müssen die bedingungslose Liebe permanent im Alltag auch durch Gesten, Blicke und Mimik erfahren, da sie gerade im emotionalen Bereich so große Defizite aufweisen.

Nach Perry ist eine Heilung von einem Trauma oder von Vernachlässigung und das Wiederherstellen von Vertrauen, Zuversicht und dem Gefühl von Sicherheit nur durch dauerhafte, liebevolle Beziehungen zu anderen möglich. Und dies ist ein jahrelanger Prozess, weshalb die Kontinuität in der Begleitung dieser Kinder ein ganz wesentlicher Faktor ist.

Aufgrund ihres geringen Selbst¬wertgefühls glauben bindungsgestörte Pflegekinder oft, es nicht wert zu sein, geliebt zu werden. Sie missverstehen die Ablehnung eines gezeigten Verhaltens immer als Ablehnung ihrer Person und reagieren bei kritischen Bemerkungen zutiefst verletzt. Oft kommt meine Tochter jammernd aus der Schule und beklagt sich, dass niemand sie mehr leiden könne oder sie schreit mich nach einer kritischen Bemerkung an, ich würde sie ja gar nicht mehr lieb haben, sondern nur hassen und sie könne ja ausziehen. Und mein Sohn fragt mich nicht nur nach einer Auseinandersetzung, sondern häufig einfach zwischendurch, ob ich ihn denn noch lieb hätte oder er behauptet, dass er gar nichts wert sei. In solchen Momenten versuche ich mir viel Zeit zu nehmen, alles andere, wenn möglich stehen zu lassen, suche den Körperkontakt zu ihnen (als sie noch kleiner waren habe ich sie mir auf den Schoß gesetzt, heute streichel ich Ihnen den Rücken oder Arm), um sie erst mal zu beruhigen, suche den Blickkontakt und wider-spreche ihnen sehr liebevoll, aber entschieden. Ich zähle ihnen ihre Stärken auf, sage ihnen, was für wunderbare Menschen sie sind und dass ich sie unendlich liebhabe und sehr stolz auf sie bin. Und dass sie auch stolz auf sich sein dürfen. Für den Moment sind sie dann wieder versöhnt und kuscheln sich an. Bei meiner Tochter habe ich mir jetzt sogar zur Gewohnheit gemacht, vor jeder kritischen Äußerung ihr erst zu versichern, dass ich sie immer lieb habe, selbst dann, wenn ich mal schimpfen würde.

3.2 Menschen, die befähigt sind, mit ihnen umzugehen

3.2.1 Persönliche Eignung

Nach meiner Erfahrung sind bindungsgestörte Pflegekindern nur über Beziehung erreichbar. Die besten Voraussetzungen für den Umgang mit ihnen erfüllen daher nicht zwangsläufig die Personen mit den besten Studienabschlüssen in Sozialpädagogik, sondern gestandene, reife Persönlichkeiten, die bereit sind, sich auf diese Kinder wirklich einzulassen. Der Beruf ist zunächst zweitrangig. Vielmehr kommt es auf ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen an. Erst als ich anfing, mich in meine Pflegekinder hinein zu denken und zu fühlen und die Dinge aus ihrer Perspektive zu sehen, war es mir möglich, sie wirklich zu verstehen und manche Reaktionen zu antizipieren, ehe die Situation eskalierte. Die Bereitschaft und Fähigkeit, liebevolle Zuwendung zu geben sollte möglichst mit einer natürlichen Autorität gepaart sein. Meine Kinder haben immer wieder gezeigt, dass sie solchen Persönlichkeiten nicht nur problemlos folgen, sondern sie auch bewundern, nachahmen und für sie schwärmen. Es ist hilfreich für Pflegeeltern, sich mit möglichst vielen solcher Persönlichkeiten zu umgeben, da das Verhalten der Pflegekinder in deren Beisein meist deutlich besser ist. Beispielsweise habe ich für meinen Sohn einen hoch moralischen, empathischen, aber gleichzeitig auch Respekt gebietenden jungen Mann rekrutiert, die ihn zweimal wöchentlich trainiert. Mein Sohn lässt sich von ihm nicht nur sportlich drillen, sondern folgt ihm aufs Wort, weil er ihn bewundert und als Vorbild annimmt.

3.2.2 Fachliche Qualifikation

Als ich im Laufe der Jahre immer deutlicher realisierte, dass gängige pädagogische Maß-nahmen bei meinem Pflegesohn häufig gar nicht greifen und dass auch die hochqualifizierten Fachkräfte in den Einrichtungen oftmals ratlos waren und letztlich nur noch mit dem Rauswurf reagierten, begann ich in der Literatur und in Seminaren über Pflegekinder sowie im Austausch mit anderen Pflegeeltern nach Antworten zu suchen. Ich fand heraus, dass Pflegekinder tat¬sächlich anders „ticken“.

Allzu häufig werden die Reaktionen von traumatisierten Kindern fehlinterpretiert: Nach Perrys Überzeugung sind viele posttraumatische psychiatrische Symptome tatsächlich eher durch Dissoziations- oder Übererregungsreaktionen bedingt, die bei der Erinnerung an Traumata auftreten. Die Dissoziation weist eine auffallende Ähnlichkeit mit der Diagnose Aufmerksamkeitsdefizitstörung auf und die Übererregungsreaktionen mit den Diagnosen Hyperaktivität bzw. Störung des Sozialverhaltens mit oppositionell-aufsässigem Verhalten. Aggression und Impulsivität, die den Körper auf Kampf- oder Fluchtbereitschaft ausrichten, können leicht als Unfolgsamkeit oder Auflehnung fehlgedeutet werden. Tatsächlich handelt es sich aber dabei um Rudimente einer früheren Überlebensstrategie. Manche Pflegekinder wollen mit trotzi-gem, destruktivem Verhalten auch nur heftige Reaktionen erzwingen, weil ihnen diese vertrauter sind und sie weniger ängstigen. Sicherlich ist nicht jedes aggressive Verhalten auf frühere Traumata zurück zu führen. Aber genau dieses unterscheiden zu können, ist so wichtig, denn wenn traumabedingte Reaktionen missverstanden werden, können sie die Probleme der Kinder noch weiter verschärfen und den Teufelskreis in Gang setzen.

Neben der notwendigen persönlichen Eignung sowie den grundlegenden sozialpädagogischen Kenntnissen ist es aus meiner Sicht daher unerlässlich, dass alle mit bindungsgestörten Pflegekindern arbeitenden Fachkräfte eine zusätzliche Qualifikation erwerben. Diese sollte insbesondere die Erkenntnisse der Hirnforschung auf diesem Gebiet, die Auswirkungen von Bindungsstörungen und traumatischen Ereignissen sowie die Erfahrungen der auf diese Zielgruppe spezialisierten Therapeuten beinhalten. Für die Jugendämter hielte ich zudem eine Bündelung der Kompetenzen bei wenigen, auf Pflegekinder spezialisierten Mitarbeitern für sinnvoll.

3.2.3 Starke und kompetente Pflegeltern

Bindungsgestörte Pflegekinder benötigen belastbare, absolut verlässliche Pflegeeltern, die sie in jeder Lebenslage unterstützen und ihnen dauerhaft zur Verfügung stehen. Pflegeeltern betreuen ihre Kinder an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden täglich. Dies ist eine große Herausforderung.

Seit vielen Jahren manage ich das Helfersystem meiner Pflegekinder. Hierzu habe ich in Eigenregie nach geeigneten, Kitas, Schulen und Tagesgruppen gesucht, nach hilfreichen und geeigneten Freizeitaktivitäten wie z.B. Fussballverein, Judoschule, Freiwillige Jugendfeuerwehr, fachlich betreuten Kinderreisen etc., und habe viel Zeit in die Suche nach erfahrenen Therapeuten für meine Kinder investiert. Ich hatte über viele Jahre einen männlichen Babysitter engagiert und seit zwei Jahren einen jungen Mann rekrutiert, der einmal wöchentlich mit meinem Sohn „Männeraktivitäten“ durchführt. Immer wieder musste ich mich mit Ämtern und Behörden auseinandersetzen, habe diverse Stellungnahmen, Widersprüche und Beschwerden geschrieben, mich zwei¬mal hilfesuchend an den/die Schulsenator/in gewandt, um meinen Pflegekindern zu ihrem Recht zu verhelfen. Neun Monate lang habe ich meinen Pflegesohn zu Hause selbst beschult. Aktuell führe ich stellvertretend für alle Pflegeeltern sogar einen Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht, um eine Grundsatzentscheidung zu erwirken. Die für all dies aufgewendete Zeit und Energie hätte ich lieber in meiner Kinder investiert.

Um dieser starken Beanspruchung auf Dauer standhalten zu können, ist es sehr wichtig, gut für sich selbst zu sorgen. Ich habe einen belastbaren kleinen Kreis mit empathischen, aber auch kritikfähigen Freunden aufgebaut, die mit meinen Kindern gut umgehen können. Mit denen unternehmen wir viel gemeinsam und ich hole mir regelmäßig Feedback. Auch mit den Therapeuten meiner Kinder und mit der Betreuerin von Familien für Kinder tausche ich mich regelmäßig aus. Zur eigenen Entspannung verreisen wir häufig, Well-nesswochenenden gönne ich mir dann ohne Kinder mit einer Freundin. Auch Sport treiben, Saunabesuche, vorm Kamin ein gutes Buch lesen, ins Kino, Theater oder Essen gehen sowie mein Garten tun mir sehr gut. Zur besseren Realisierung solcher Auszeiten wären jedoch deutlich stärkere Unterstützungsleistungen wünschenswert, z.B. in Form von regelmäßiger Supervision für Pflegeeltern, einer partiellen Entlastung durch beispielsweise eine Haushaltshilfe oder Kinderbetreuung sowie mehr Fortbildung. Die besten Tipps habe ich stets von anderen Pflegeeltern erhalten, daher ist es besonders empfehlenswert, sich Netzwerke aufzubauen oder auch spezifische Internetforen zu nutzen. Vor allem aber wäre es in den Institutionen wichtig, Pflegeeltern endlich als Experten für ihre Kinder anzuerkennen und ihnen die notwendige Achtung und Akzeptanz auf Augenhöhe entgegen zu bringen. Nur gemeinsam kann diese schwierige Aufgabe bewältigt werden.

3.3 Psychologisch-pädagogische Begleitung

3.3.1 Struktur und Rituale

Es ist sehr wichtig, bindungsgestörten Kindern viel Struktur vorzugeben. Das Gehirn lernt, indem es die aktuelle Erfahrung mit abgespeicherten „Schablonen“ früherer Erfahrungen abgleicht. Dabei filtert es das Gewöhnliche heraus, um von den vielfältigen Sinnesein-drücken nicht überwältigt zu werden. Da vielen bindungsgestörten Pflegekindern die bei der Gehirnentwicklung notwendigen immer wiederkehrenden, musterartigen Wiederholungen zum Großteil fehlen, waren sie nicht imstande, Routine zu entwickeln. Alle Eindrücke strömen ungefiltert auf sie ein, wodurch sie ganz schnell überfordert sind. Eine feste Struktur und Rituale mit immer wiederkehrenden, gleichförmigen Abläufen geben hier nicht nur Halt und Sicherheit, sondern helfen auch bei der Nachreifung des Gehirns. Demzufolge habe ich von Anfang an strukturierte Tagesabläufe mit festen Essenszeiten, Spielzeiten, Aufräumzeiten und Einschlafritualen eingeführt. Und jedes Wochenende treffen wir Freunde und unternehmen Ausflüge. Als sich zeigte, dass mein Sohn mit dem Aufräumen seines Zimmers durch die Masse an Aufgaben vollständig überfordert war, ging ich dazu über, ihm immer nur zwei Aufgaben auf einmal zu stellen und als er älter wurde, diese Aufgaben auch aufzuschreiben, so dass er sie ausstreichen kann. Da mein Sohn tatsächlich nicht weiß, wie er das Chaos, das er in kürzester Zeit in seinem Zimmer produziert, beseitigen soll, helfe ich ihm auch beim Vorsortieren: Beispielsweise Papier und Abfall auf einen Berg, alle Legosteinen auf einen anderen und alle CDs und DVDs aufs Bett. Mit dieser Orientierung ist er dann imstande, die Dinge in den dafür vorge-sehenen Schubfächern, Kästen, Regalen, Mülleimern abzulegen. Weil das Aufräumen so viel Stress bereitet, ist es hier besonders wichtig, sehr ruhig und liebevoll zugewandt zu bleiben. Meist hören wir dabei Musik oder erzählen uns Geschichten, Filme etc. Diese Steuerung von außen mag für das Alter ungewöhnlich erscheinen. Meiner Erfahrung nach ist aber genau das notwendig, um Überforderung zu vermeiden. Schließlich sind bindungsgestörte Pflegekinder hinsichtlich ihrer emotionalen Reife deutlich jünger.

3.3.2 Umgang mit Konflikten/Krise

Es hat sich gezeigt, dass bindungsgestörte Pflegekinder aufgrund ihres hohen Erregungspotentials, sehr schnell in Wut geraten und häufig aggressiv reagieren. Dabei können leicht Gegenstände und auch mal Zimmertüren zu Bruch gehen oder, wenn sich die Kin-der bedroht fühlen, gar Betreuungspersonen angegriffen werden. In solchen Situationen ist es besonders wichtig, sich nicht provozieren zu lassen, sondern besonnen und rational zu reagieren. Niemals sollte man Gleiches mit Gleichem vergelten. Die Androhung (wenn du das tust, dann…) und erst recht die Umsetzung von Strafen helfen hier nicht nur nicht wei-ter, sondern lassen die Situation erst recht eskalieren. Druck, Zwang und Gewalt erzeugen Angst und sind völlig ungeeignete Maßnahmen, um Sicherheit zu geben und Traumata zu heilen. Daher müssen solche Reaktionen unbedingt vermieden werden. Dazu ist eine große Selbstbeherrschung seitens der Bezugspersonen nötig. Inzwischen habe ich es vielfach geschafft, Situationen schon im Vorfeld zu entschärfen bzw. wirksam zu deeskalieren. Es ist ganz entscheidend zu erkennen, ob die Konfliktsituation auf eine für das Kind bedrohliche bzw. ängstigende Situation zurück geht. In diesem Fall versuche ich mich in das Kind hinein zu fühlen, um zu erspüren, was ihm jetzt hilft. Je nach Situa¬tion reicht es bei meinen Kindern manchmal schon, sie mit der liebevoll formulierten Frage „Hast du Angst?“ zu entwaffnen. Dann besprechen wir die ängstigende Situation. Bei Bedarf biete ich meine Hilfe oder Begleitung an und/oder gebe ein „beschützendes“ Kuscheltier mit. Ich achte verstärkt auf meine Stimme, dass sie warm bleibt, ich nicht laut werde und keinen weiteren Stress verursache.
Wenn es sich jedoch um einen Machtkampf handelt, den die Kinder inszenieren, um mich zu dominieren, dann weise ich diesen zwar ruhig, aber sehr klar und entschieden zurück, indem ich beispielsweise sage: „Nein, ich werde mich jetzt nicht mit dir streiten. Schließ-lich haben wir uns lieb und wollen uns nicht verletzen.“ Und gehe wenn möglich aus der Situation heraus. Manchmal helfen auch die Umlenkung der Aufmerksamkeit auf ein anderes Thema sowie der Einsatz von Humor. Hierbei darf man aber nie ironisch werden. Das würde sofort wieder als Angriff gewertet. Bei heftigen verbalen Attacken wie schlimmen Beleidigungen und / oder Bedrohungen sage ich mir immer, dass ich nicht gemeint bin. Hilfreich ist auch die Empfehlung von Irmela Wiemann, dem Kind die innere Erlaubnis zu geben, schwierig zu sein, da man selbst, wenn man all dies erlebt hätte, genauso geworden wäre. Meist gehe ich dann raus, um mich zu beruhigen, atme tief durch, denke an etwas Schönes. Hört die Attacke meines Sohnes immer noch nicht auf, gehe ich, seit er älter ist, auch vor die Tür und laufe eine Runde um den Block. In der Regel ruft er dann nach ca. 3 min ganz kleinlaut und lieb an und fragt, wann ich denn wieder käme.

Die Ursache solcher Machtkämpfe liegt in den starken Autonomiebedürfnissen traumatisierter Kinder. Um sich nie wieder ohnmächtig ausgeliefert zu fühlen, ist das Wiedererlangen der Kontrolle ein entscheidender Aspekt bei der Traumabewältigung. In der Therapie spielt daher die Rückgewinnung der Kontrolle eine wesentliche Rolle. In den alltäglichen Machtkämpfen sollte man die Kinder jedoch keinesfalls gewinnen lassen. Die Bezugsperson büßt sonst ihre Autorität ein und die Kinder verlieren ihren Halt und bege-hen immer weitere Grenzüberschreitungen. In der Folge behindert dies auch die Ausbildung eines gesunden Selbstwertgefühls, da dieses gegenseitigen Respekt und gegenseitige Achtung voraussetzt. Vielmehr gilt es hier, den bindungsgestörten Pflegekindern zwar liebevoll, aber sehr entschieden die ihnen zustehende Rolle zuzuteilen.

3.3.3 Regeln und Konsequenzen

Das ausgeprägte Autonomiestreben führt dazu, dass sich bindungsgestörte Pflegekinder mit dem Einhalten von Regeln sehr schwer tun und häufig Grenzen überschreiten. Wes-halb das Bestehen auf strikte Regeleinhaltung und die Verwendung von Wenn-dann-Regeln mit sofortiger Konsequenz als pädagogische Maßnahme bei dieser Zielgruppe gar nicht geeignet sind, habe ich im letzten Kapitel bereits beschrieben. Dennoch brauchen auch bindungsgestörte Pflegekinder Regeln und Grenzen. Schließlich bieten diese Orien-tierung, geben Halt, Sicherheit und vermitteln Verlässlichkeit. Grenzen sollten sich hierbei am Reifegrad des Kindes orientieren und mit zunehmendem Verantwortungsbewusstsein des Kindes auch verschoben werden. Besser als auf strikte Regeleinhaltung zu pochen, ist die freundliche Kontrolle und Hilfestellung bei der Einhaltung. Vor allem sollte man sich vorher überlegen, welche Regeln wesentlich sind, und bei denen sollte man dann auch fest bleiben, und welche nicht so bedeutsam sind. Die können dann auch getrost mal locker, gern auch mit Humor genommen werden. Das morgendliche Aufstehen und zur Schule gehen hat bei mir beispielsweise hohe Priorität, da die Gefahr der Schulverweigerung bei bindungsgestörten Pflegekindern deutlich erhöht ist. Hier bleibe ich dann zwar liebevoll, aber auch sehr nachdrücklich. Ich habe da auch schon mal den kalten, nassen Waschlappen als Motivationshilfe geholt oder laut Musik angestellt. Die Regel der nächtlichen Bettruhe ab 21 Uhr hingegen handhabe ich nur als Orientierung. Wenn mein Sohn sehr angespannt und/oder ängstlich ist und schlecht einschlafen kann, lass ich ihn abends auch über diese Grenze hinweg fernsehen oder mit Musik einschlafen.

Natürlich sind bei Regelverstößen und Grenzüberschreitungen auch Konsequenzen notwendig, sonst machen Regeln keinen Sinn. Wichtig ist nach meiner Erfahrung jedoch, dass sie nie als Strafe empfunden werden und in einem direkten Zusammenhang mit dem Verstoß stehen, also logisch sind. Als mein Sohn die Eingangstür eingetreten hatte und das Schoss zerstört war, musste er dieses ausbauen, im Fachhandel ein neues kaufen und einbauen, sowie für die Materialkosten aufkommen. Er hat dies ohne Widerspruch akzeptiert und war sogar ganz stolz auf seine Arbeit. Eine ebenso logische Konsequenz ist bei Zuspätkommen in der Schule die versäumte Zeit nachzugearbeiten, oder wenn die Computerspielzeit trotz Aufforderung nicht eingehalten wird, den Computer allein herunterfahren zu lassen (über Kindersicherung oder Strom abschalten). Wichtig ist beim Einsatz von Konsequenzen immer, dass man es in der Hand hat und willens ist, sie auch durchzusetzen.

Wenn ich als Belohnung für z.B. eine vereinbarte Gartenarbeit ein Eis anbiete, dann bleibt im Falle der Nichterfüllung dieses Eis auch im abgeschlossenen Keller. Die Kinder dürfen nicht die Möglichkeit haben, eine Konsequenz zu umgehen, sonst ist sie wirkungslos. Auch verbindliche Vereinbarungen in Form von schriftlichen Verträgen haben sich als hilfreich erwiesen, zumal hier das Kind die Konsequenz selbst festlegen kann. Um einen Konflikt nicht noch zusätzlich anzuheizen, sollten Konsequenzen generell erst später, wenn sich die Situation wieder beruhigt hat, alle wieder entspannt sind und man auch Zeit zum Nachdenken und Finden einer geeigneten Konsequenz hatte, verhängt werden.

Bettina Bonus hat als Erzieherin, Kinderpsychiaterin und selbst Pflegemutter speziell für die Zielgruppe der hochproblematischen, grenzüberschreitenden Pflegekinder ein pädagogisches Konzept entwickelt, das sie als nachtragende Konsequenz bezeichnet. Demzufolge müsse jeder Regelverstoß mit einer Konsequenz belegt werden, wobei die Konsequenzen nicht vorhersehbar sein dürfen, sondern die Kinder immer verblüffen sollen. Auf diese Weise ließe sich die Überlebensstrategie, die den extremen Machtkämpfen dieser hochproblematischen Kinder zugrunde liege, quasi überlisten und sie somit praktisch entwaffnen.

3.3.4 Stärkung des Selbstwertgefühls

Die Mehrzahl der bindungsgestörten Pflegekinder erlebt ihre Fähigkeiten als unzulänglich und hält sich selbst für wertlos. Daher ist es zunächst einmal wesentlich, sie in ihrer Würde zu respektieren und zu achten, um sie in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken. Die Bezugspersonen sollten nicht so sehr an den Defiziten ansetzen, sondern besser die Ressourcen und Stärken des Kindes hervorheben, indem sie ihm beispielsweise Aufgaben zuteilen, die Erfolgserlebnisse verschaffen und ihm das Gefühl vermitteln, wichtig zu sein. Somit wird automatisch auch das Selbstwertgefühl gesteigert.

Als ich meinen Pflegesohn bei der Freiwilligen Jugendfeuerwehr angemeldet hatte, war er von großem Stolz erfüllt. Ständig lief er mit deren Sweatshirt (mit Aufdruck Jugendfeuerwehr) herum. Ich bitte meine Kinder um Unterstützung oder frage sie um Rat, in allen Dingen, in denen sie kompetent sind. Beispielsweise lasse ich mir von meiner Tochter das Spielen der Tonleiter auf dem Klavier zeigen. Meinen Sohn bestärke ich in seiner „Fachmannseigenschaft“ beim Rasenmähen oder Grillen, indem ich ihm gegenüber zugebe, dass er das viel besser macht als ich. Kinder, die sich minderwertig fühlen, benötigen viel Lob, auch für Kleinigkeiten. Dies trägt nicht nur zur Stärkung des Selbstwertgefühls bei, sondern motiviert auch und gibt Antriebskraft. Nach meiner Erfahrung ist hierbei jedoch zu beachten, dass ein Lob, insbesondere wenn es vor anderen geäußert wird, nie als Bloßstellung empfunden werden darf. Ein Lob sollte daher möglichst nicht im Beisein vieler anderer ausgesprochen werden, in dem Fall sollte man besser indirekt loben. Beispielsweise bestärke ich meinen Sohn mit der Frage: „Möchtest du als unser erfahrener Grillmeister am Samstag das Grillen übernehmen?“ In besonders schwierigen Phasen habe ich meinen Sohn ein „Glückstagebuch“ führen lassen, in welches er ausschließlich die positiven Erlebnisse bzw. gelungenen Aufgaben des Tages eingetragen hat.

3.3.5 Individuelle Lösungen

Je nach Art (Vernachlässigung, Verwahrlosung, Misshandlung, Missbrauch, Beziehungs-abbruch etc.), Dauer, Häufigkeit, Intensität und Zeitpunkt der traumatischen Ereignisse und in Abhängigkeit von der Verarbeitungsfähigkeit und dem Reifegrad des einzelnen bindungsgestörten Pflegekindes müssen sehr individuelle Hilfemaßnahmen gestaltet werden. Insbesondere da falsche bzw. ungeeignete Maßnahmen die Gefahr in sich bergen, die Schädigungen noch weiter zu verschlimmern, sind die Anforderungen an die Betreuungspersonen sowohl in fachlicher als auch persönlicher Hinsicht so sehr hoch. Diese müssen sehr genau hinsehen, zuhören und forschen um beispielsweise herauszufinden, was das Kind gerade ängstigt, was dem Kind wirklich wichtig ist oder womit es zu erreichen ist. Ferner sollten sie imstande sein zu dekodieren, was das Kind eigentlich mitteilen will, wenn es sich in einer bestimmten Weise ungewöhnlich verhält. Beim Erspüren der Bedürfnisse sowie dem Ersinnen wirksamer Maßnahmen sind sowohl eine hohe Empathie als auch viel Kreativität gefordert. Die Notwendigkeit solch individueller Maßnahmen wird auch ersichtlich, wenn man sich die Vielfalt der unter 2.3 genannten Bindungsstörungen betrachtet.

Um hier in helfender Weise reagieren zu können, müssen fallbezogen sehr unterschiedliche Maßnahmen ergriffen werden. Während mein überängstlicher Pflege¬sohn ganz viel Ermunterung und Unterstützung benötigt, um beispielsweise an einem Kiosk ein Getränk zu kaufen, muss meine distanzlose Pflegetochter begrenzt werden, damit sie beim Einkaufen der Verkäuferin nicht unsere gesamte Familiengeschichte mitteilt und durch die Weitergabe vertraulichster Informationen an wildfremde Menschen sich selbst und ggf. auch uns in Gefahr bringt.

3.4 Therapeutische Begleitung und medikamentöse Unterstützung

Als wichtigste therapeutische Maßnahme für traumatisierte Kinder betonen sowohl Perry: „Aber Heilung und Gesundung sind ohne dauerhafte, liebevolle Bezieh¬ungen zu anderen nicht möglich – selbst mit den besten Medikamenten und Therapien der Welt.“ als auch Bonus: „Der einzige Ort, an dem das Kind mit großer Wahrscheinlichkeit gesund werden kann, ist Ihre Familie, wenn Sie vollen Einsatz zeigen.“ die konstante, liebevolle Beziehung der Betreuungspersonen. Selbstverständlich sollten sie von erfahrenen und hierfür qualifizierten Therapeuten unterstützt werden. Kinder, die Traumata erlebt haben, sollten auch behandelt werden, aber nicht übereilt und niemals mit Druck oder gegen ihren Willen, da dies kontraproduktiv wäre. Selbst schwere frühkindliche Störungen, deren Behandlung bisher als hoffnungslos galt, lassen sich mit der von Perry entwickelten neurosequenziellen Methode bearbeiten. Durch den Einsatz von Berührungen, Massage, Rhythmen, Musik- und Bewegungsgruppen etc. können die in den verschiedenen Entwicklungsphasen beeinträchtigten neurologischen Areale des Gehirns in der Reihenfolge nachreifen, in der sie durch Vernachlässigung oder Trauma geschädigt worden sind.

Eine ebenfalls empfehlenswerte Maßnahme ist nach meiner Erfahrung das therapeutische Reiten. Aufgrund ihrer großen Empfindsamkeit können Pferde die Stimmungen der Kinder widerspiegeln. Gleichzeitig setzen sie, obwohl sie sehr freundlich sind, schon allein mit ihrer Körpergröße auch klare Grenzen. Mit diesen besonderen Charaktereigenschaften sind solche speziell ausgebildeten Therapiepferde gut geeignete Medien zur Behandlung psychosozialer Störungen bei Kindern sowie auch zum Ausgleich früh¬kindlicher Defizite. Die Reittherapeutin meines Sohnes schildert in ihrem Bericht, dass mein Sohn keinerlei reiterlichen oder sportlichen Ehrgeiz entwickelt, sondern es genießt, vom Pferd einfach getragen und geschaukelt zu werden. Es fühle sich gut an, hierbei könne er runterfahren, äußert er.

Auch eine medikamentöse Unterstützung kann sehr hilfreich sein. Psychopharmaka, die hier zum Einsatz kommen, können die Störungen der bindungsgestörten Pflegekinder zwar nicht heilen, aber sie können die Symptome lindern und somit das Leben für die Kinder und mit ihnen wieder erträglicher machen. Unabhängig davon, ob es sich um Fehldiagnosen handelt, können die bei der Behandlung von ADS und ADHS eingesetzten Methylphenidat-Präparate helfen, da die Kinder gleiche Symptome zeigen. Als Ursachen von ADS und ADHS wird vermutet, dass ein Ungleichgewicht der Botenstoffe Serotonin, Dopamin und Noradrenalin im Gehirn herrsche, wodurch die Informationsweiterleitungen zwischen den Nervenzellen einzelner Hirnbereiche nicht hinreichend funktioniere. All diese Substanzen spielen auch eine wichtige Rolle bei der Reaktion auf Stress.

Methylphenidat ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Amphetamine mit sti¬mulierender Wirkung auf das zentrale Nervensystem, der zur Reduzierung der bekannten Symptome und insbesondere zur Förderung der Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer beiträgt. Auch Neuroleptika wie z.B. Risperdal oder Abilify, die eine beruhigende, dämpfende Wirkung auf Nerven und Seele haben, werden bei bindungsgestörten Pflegekindern vermehrt eingesetzt.

Ich bin grundsätzlich vorsichtig hinsichtlich des Einsatzes von Psychopharmaka bei Kindern, insbesondere aufgrund der Nebenwirkungen und der noch nicht erforschten Langzeitfolgen. Dennoch sollten diese Medikamente nicht generell verteufelt werden. Bei seelisch schwer geschädigten (aber auch nur bei diesen) Pflegekindern kann ihr Einsatz auch ein Segen sein, da sie oftmals einen Zugang zum Kind, seine Beschulung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben überhaupt erst möglich machen. Als mein Pflegesohn im Alter von 6 Jahren medikamentös eingestellt wurde, war er endlich fähig, neben Wut auch andere Emotionen wie Freude, Trauer etc. zu zeigen. Eine Beschulung ohne die Gabe dieser Medikamente war in seinem Fall nicht möglich. Meine hyperaktive Pflegetochter dagegen erhält keine Medikamente. Sie meistert die schulischen Anforderungen konzentrationsabhängig zwar sehr schwankend, aber insgesamt recht gut.

3.5 Ein erfolgreiches Beispiel für zielgruppengerechte Begleitung

Eine der wenigen Einrichtungen, die all die in den Kapiteln 4.1 bis 4.3 genannten Erkennt-nisse aufgegriffen und konzeptionell umgesetzt hat, ist Wildfang e.V. Die durch ihre besonderen Biografien bedingten Verhaltensauffälligkeiten lassen Pflegekinder schnell zu Außenseitern werden. Daher geraten sie auch bei den üblichen Freizeitangeboten oder Kinderferienfahrten häufiger in Schwierigkeiten als andere Kinder. In der Folge zieht dies dann wieder belastende Erklärungen ihrer besonderen Situation nach sich, die Kinder werden ausgegrenzt oder es kommt gar zum Rauswurf, wie bei meinem Sohn aus der Judoschule. Auf der Grundlage solcher Erkenntnisse hatten mehrere Erzieher, Pädagogen und eine Krankenschwester, größtenteils selbst Pflegeeltern, ein Projekt für fremdunter-gebrachte Kinder ins Leben gerufen: Der von ihnen gegründete Wildfang Verein bietet seit dem Jahr 2000 spezielle Betreuungsangebote für die Zielgruppe Pflege-, Adoptiv- und Erziehungsstellenkinder. Hierzu gehören Gruppenbetreuungen im Berliner Wildfang-Quartier, individuelle Betreuungen zu Haus sowie die Durchführung von Kinderreisen. Die angebotenen Programme werden den besonderen Anforderungen dieser Kinder gerecht, indem sie beispielsweise die Rahmenbedingungen an den Bedürfnissen der Kinder ausrichten, klare Strukturen vorgeben, transparente Tagesab¬äufe und wiederkehrende Rituale einsetzen.
Sie sind erlebnisorientiert und auf das ganzheitliche Lernen - mit allen Sinnen – ausgerichtet, wobei auf ein ausgewogenes Verhältnis von Aktivität und Entspannung wertgelegt wird. Die Pflegekinder haben hier die Chance, andere Kinder in einer ähnlichen Lebenssituation in einem geschützten Rahmen kennen zu lernen und positive Erfahrungen mit ihnen zu sammeln. Sorgfältig ausgewählte, empathische Betreu¬er, die regelmäßig für die speziellen Anforderungen dieser Zielgruppe geschult werden, bereiten sich auf jedes Kind individuell vor. Hierzu wird vor jeder Erstbetreuung ein ausführliches Interview mit den Pflegeeltern durchgeführt, um den jeweiligen Entwicklungs-stand des Kindes, seine besonderen Bedarfe oder auch bedeutsame Hintergründe zu erfahren. In Abhängigkeit davon wird der Betreuungsbedarf des Kindes festgelegt (1:1, 1:2 oder 1:5). Pflegeeltern werden als Experten für ihre Kinder ernst genommen. Sie seien hinsichtlich der Einschätzung ihrer Kinder deutlich reflektierter als leibliche Eltern, äußerte sich der Geschäftsführer mir gegenüber einmal in einem Gespräch. Neben der qualifizierten Betreuung, von der die Kinder sehr profitieren, verschafft dieses Projekt auch den Eltern die dringend benötigten Auszeiten. Zudem habe ich sehr viele wertvolle Tipps und Hinweise von den Mitarbeitern erhalten, wovon meine Kinder direkt profitiert haben. Meine Pflegekinder nehmen sehr gern und regelmäßig die Betreuungsangebote von Wildfang wahr. Noch niemals musste ich sie dort vorzeitig abholen.

4. Schlussfolgerungen

Die Ausführungen haben gezeigt, dass die Qualität der psychologisch-pädagogischen Begleitung bindungsgestörter Pflegekinder keinesfalls deren besonderen Anforderungen entspricht. Diese Kinder haben seelische Verletzungen, häufig sind sie sogar komplex und wiederholt traumatisiert. Die Erkenntnisse der Hirnforschung verdeutlichen, dass sie ihre Not und Bedürftigkeit in der Regel nicht anders äußern können als über ungewöhnliche und meist problematische Verhaltensweisen. Diese werden aber, da die Betreuungsqualität in unseren Bildungs- und Erziehungseinrichtungen darauf nicht ausgerichtet ist, häufig fehlinterpretiert bzw. es wird unangemessen reagiert. Die Folge ist dann für viele Pflegekinder die beschriebene Odyssee mit den schmerzhaften und selbstwertverletzenden Erfahrungen von Beziehungsabbrüchen und ständigen Rauswürfen. Letztlich scheitern diese Kinder an der Unkenntnis der Entscheidungsträger hinsichtlich ihrer besonderen Bedürfnisse sowie an bildungs- und familienpolitischen Fehlentscheidun¬gen, die zu einem Mangel an geeigneten Pflegestellen, Einrichtungen und qualifiziertem Fachpersonal geführt haben.

Für die Frage der richtigen psychologisch-pädagogischen Begleitung bindungstraumatisierter Kinder existiert kein Patentrezept. Die wichtigste Voraussetzung ist m.E., dass Pflegekinder in einem liebevollen, sicheren Umfeld mit möglichst viel Normalität langfristig bleiben dürfen und konstante Beziehungen aufbauen können. Hierzu müssten jedoch spezielle Bildungseinrichtungen an den besonderen Bedürfnissen dieser Kinder ausgerichtet sowie auch die rechtlichen Rahmenbedingen endlich zugunsten der Pflegekinder geändert werden.
Eine erfolgreiche Begleitung zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass sie die sehr unterschiedlichen Biografien, Leidenswege und auch verschiedenen Verarbeitungspotenziale der Kinder erkent, versteht und in Abhängigkeit davon für jedes Kind individuell die passende Form der Förderung gestaltet. Das erfreuliche Beispiel der Betreuung bei Wildfang zeigt, wie ein erfolgreicher Umgang mit seelisch verletzten Pflegekindern aussehen kann. Spezialisierte Einrichtungen der Jugendhilfe und Förderklassen könnten sich hieran konzeptionell orientieren. Viel mehr solcher Projekte sollten ent-wickelt, gefördert und publik gemacht werden. Und es bedarf vor allem auch einer deutlich stärkeren Förderung und Unterstützung von Pflegeeltern, damit ihre intensive Erziehungsarbeit in höherem Maße von Erfolg gekrönt ist als heute.

Unter den jetzigen Bedingungen kann der Anspruch aus § 1 SBG VIII „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwort¬lichen und gemein¬schafts¬fähigen Persönlichkeit.“ für viele bin¬dungs-gestörte Pflege¬kinder nicht realisiert werden.

5. Literaturverzeichnis

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Wikipedia.org: Bindungsstörung, de.wikipedia.org/wiki/Bindungsstörung

Wildfang e.V., www.wildfang-ev.de sowie iCanDo-Betreuungskonzept

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