Sie sind hier
Gemeinschaftliche Führung einer Vormundschaft
Themen:
Antwort von Rechtsanwalt Steffen Siefert, Köln:
Wenn ein Ehepaar gem. § 1775 BGB gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt wurde, dann wird dies rechtlich als sogenannte „Mitvormundschaft“ gewertet.
Hierfür gilt die Vorschrift des § 1797 BGB, wonach mehrere Vormünder „die Vormundschaft gemeinschaftlich führen“. Um zu verdeutlichen, was dies bedeutet, zitiere ich aus dem Standardkommentar Palandt (69. Aufl. 2010, § 1797, Rn 3):
Gemeinschaftliche Vormundschaft schränkt jeden der Mitvormünder in der Führung seines Amtes insofern ein, als er sich mit dem Mitvormund auf die zu treffenden Maßnahmen einigen muss und eine gegenseitige Kontrolle stattfindet. Auch eine stillschweigende Verteilung der Geschäftsführung ist unzulässig. Es gilt Gesamtvertretung, so dass z.B. eine Prozessvollmacht von sämtlichen Mitvormündern erteilt werden muss. Doch kann ein Vormund von dem Mitvormund bevollmächtigt werden. Fehlt die erforderliche Mitwirkung, gelten die §§ 177 ff.
Dies bedeutet, dass grundsätzlich tatsächlich eine Einwilligung von beiden Vormündern vorliegen muss. Ist dies nicht der Fall, dann wäre das Geschäft „schwebend unwirksam“, es wird also erst wirksam, wenn der Mitvormund es genehmigt. Daher sind die Aussagen der Sparkasse und des Familiengerichtes zutreffend, auch wenn dies in der Praxis an sich selten thematisiert wird.
Im praktischen Alltag sollte man sich mit einer Vollmacht des anderen Mitvormundes behelfen können.
§ 1775 Mehrere Vormünder
Das Familiengericht kann ein Ehepaar gemeinschaftlich zu Vormündern bestellen. Im Übrigen soll das Familiengericht, sofern nicht besondere Gründe für die Bestellung mehrerer Vormünder vorliegen, für den Mündel und, wenn Geschwister zu bevormunden sind, für alle Mündel nur einen Vormund bestellen.
§ 1797 Mehrere Vormünder
(1) Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das Familiengericht, sofern nicht bei der Bestellung ein anderes bestimmt wird.
(2) Das Familiengericht kann die Führung der Vormundschaft unter mehrere Vormünder nach bestimmten Wirkungskreisen verteilen. Innerhalb des ihm überwiesenen Wirkungskreises führt jeder Vormund die Vormundschaft selbständig.
(3) Bestimmungen, die der Vater oder die Mutter für die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den von ihnen benannten Vormündern und für die Verteilung der Geschäfte unter diese nach Maßgabe des § 1777 getroffen hat, sind von dem Familiengericht zu befolgen, sofern nicht ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährden würde.
von:
Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts