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01.01.2016
Gerichtsbeschluss
vom: 
20.07.2015

Zum Anspruch auf hälftige Erstattung der Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson

Anspruch auf hälftige Erstattung besteht unabhängig von der Zahl der aufgenommenen Pflegekinder nur einmal, er steht jedoch jeder der Pflegepersonen (Pflegefamilie) zu.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Juli 2013 Kostenerstattung in Höhe des hälftigen Mindestbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung pro Monat zu gewähren.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Instanzen tragen der Beklagte, die Klägerin und der Kläger zu je 1/3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungs-gläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Erstattung von Aufwendungen zur Alterssicherung gemäß § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII.

Die Kläger sind die Pflegeeltern von K. K1. , geboren am 1996, und K2. K3. , geboren am 1998. K. K1. lebt seit dem Jahr 1996 bei den Klägern, K2. K3. seit 1999. Die Kläger sind als sozialpädagogische Pflegestelle anerkannt, im Hinblick auf K2. K3. seit dem 2. April 2002, im Hinblick auf K. K1. seit dem 16. November 2009. Mit Beschlüssen des Amtsgerichts U. vom 10. Oktober 2007 wurden die Kläger zu Vormündern für beide Pflegekinder bestellt. Die Klägerin ist hälftig erwerbstätig, der Kläger geht seit 2009 keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Im Hilfeplan für K2. K3. vom 16. Mai 2013 finden sich hierzu folgende Angaben:

"Die Pflegeltern haben K2. über Jahre hinweg begleitet und ihm einen engen und schützenden Rahmen zur Verfügung gestellt. Es zeigte sich immer wieder, wie störanfällig K2. im Alltag war. Herr E. hat seine Berufstätigkeit komplett eingestellt, um beiden Pflegekindern mit genügend Kraft zur Verfügung zu stehen und auch Frau S. -E. hat ihre Tätigkeit als Heilpraktikerin noch immer ruhen lassen. ...

Verzicht auf die Berufstätigkeit:

Pflegevater: seit vier Jahren nicht mehr berufstätig

Pflegemutter: seit der Aufnahme der Kinder - Reduzierung der Berufstätigkeit auf 50%".

Am 9. Februar 2007 beantragte der Kläger unter anderem die Übernahme der hälftigen Kosten seiner Altersvorsorge in Form einer fondsgebundenen Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung, auf die er zu diesem Zeitpunkt 50 Euro monatlich zahlte. Mit Bescheid vom 13. April 2007 gewährte der Beklagte dem Kläger einen Zuschuss zur Altersvorsorge in Höhe von 25,00 Euro monatlich, der mit dem Pflegegeld für K. K1. ausgezahlt wurde. Nach Erhöhung des Beitrages auf 80 Euro monatlich erhielt der Kläger rückwirkend ab dem 1. Dezember 2007 einen Zuschuss zur Altersvorsorge in Höhe des hälftigen Mindestbeitrags in der gesetzlichen Rentenversicherung von zum damaligen Zeitpunkt 39,80 Euro.

Mit Datum vom 12. Oktober 2012 beantragte der Kläger, ihm rückwirkend ab dem 1. November 2010 einen höheren Zuschuss zu den Aufwendungen für seine Altersvorsorge zu bewilligen. Zur Begründung wies er darauf hin, dass er Sozialpädagoge sei, Kinder nach § 33 Satz 2 SGB VIII erziehe und deshalb Anspruch auf einen erhöhten Zuschuss von mindestens des 1,5fachen des Mindestbeitrags in der gesetzlichen Rentenversicherung, also 60,- Euro monatlich habe. Beigefügt war ein Nachtrag zum Versicherungsschein, wonach der Kläger ab dem 1. November 2010 monatlich 160,- Euro auf seinen Altersvorsorgevertrag zahlt.

Am 13. Oktober 2012 beantragte die Klägerin, ihr ebenfalls bezogen auf jedes Kind rückwirkend ab dem 1. November 2010 einen angemessenen Zuschuss zur Altersvorsorge zu gewähren. Sie spare im Rahmen eines mit der W. H. -B. eG abgeschlossenen Riester-Vertrags (W1. -Rente ) monatlich 140 Euro und erfülle die Voraussetzungen des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Sie habe schon bald nach Beginn des Pflegeverhältnisses ihre Berufstätigkeit reduziert und arbeite nur mit halber Stelle. Sie sei Heilpädagogin und erziehe entwicklungsbeeinträchtigte Kinder gemäß § 33 Satz 2 SGB VIII. Deshalb beantrage sie rückwirkend ab dem 1. November 2010 den 1,5fachen Satz von 40 Euro monatlich.

Nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen zur W1. -Rente beginnt die Auszahlungsphase frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres oder bei Nachweis einer vor diesem Zeitpunkt beginnenden Leistung aus einem gesetzlichen Alterssicherungssystem. Der Vertragspartner sagt zu, dass zu Beginn der Auszahlungsphase zumindest die eingezahlten Altersvorsorgebeiträge inklusive der Zulagen für die Auszahlungsphase zur Verfügung stehen, soweit der Sparer nicht vorher darüber verfügt hat. Der Sparer kann in der Ansparphase den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres schriftlich kündigen, um das gebildete Kapital auf einen anderen Altersvorsorgevertrag zu übertragen oder förderungsschädlich über das gebildete Kapital zu verfügen. Nach den vorgelegten Kontoauszügen zahlte die Klägerin im Zeitraum Dezember 2010 bis Januar 2014 monatlich 140 Euro auf diesen Vertrag.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2013, gerichtet an beide Kläger, lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Erstattung weiterer Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung ab. Der Kläger erhalte den hälftigen Mindestbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung als Altersvorsorge. Die hälftige Erstattung der Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung diene dem versorgungsrechtlichen Nachteilsausgleich. Eine Pflegeperson, die auf eine (vollzeitige) Erwerbstätigkeit verzichte, um ein oder mehrere Pflegekind(er) zu betreuen, und deshalb keine oder eine reduzierte gesetzliche Anwartschaft erwerbe, solle einen Ausgleich zu diesem Nachteil erhalten, um so sicherzustellen, dass sie im Alter über eine gewisse finanzielle Absicherung verfüge. Der Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit könne sich immer nur auf die Pflegeperson und nicht auf das Pflegekind beziehen, da eine Pflegeperson nicht mehrfach auf eine Erwerbstätigkeit verzichten könne. Insoweit entstehe der Nachteil aufgrund einer reduzierten gesetzlichen Anwartschaft nicht pro Pflegekind, sondern genau einmal. Daher erhalte die Pflegestelle auch nur einmal für diesen Verzicht einen Ausgleich. Gemäß seinen, des Beklagten, Richtlinien werde der Zuschuss zur Altersvorsorge daher nur für eine Pflegeperson und für ein Pflegekind maximal in Höhe der Hälfte des niedrigsten Beitrags in der gesetzlichen Rentenversicherung erstattet.

Mit Bescheid vom selben Tag, ebenfalls gerichtet an beide Kläger, lehnte der Beklagte auch den Antrag des Klägers ab. Der Kläger erhalte bereits den hälftigen Mindestbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung, der zum 1. Januar 2013 auf 42,53 Euro erhöht worden sei; dieser sei auch angemessen, eine darüber hinausgehende Erstattung daher abzulehnen.

Die Kläger haben jeweils am 8. August 2013 Klage erhoben. Die Verfahren wurden mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 12. März 2014 verbunden. Zur Begründung haben die Kläger ausgeführt, dass die Übernahme der hälftigen Kosten einer angemessenen Alterssicherung pro Pflegekind und nicht pro Pflegefamilie zu zahlen sei. Der sich ergebende Erstattungsanspruch sei nicht auf eines von mehreren Pflegekindern zu beschränken. Es sei darauf abzustellen, dass die laufenden Leistungen zum notwendigen Unterhalt nach § 39 SGB VIII kindbezogen gewährt würden und deshalb je untergebrachtem jungen Menschen anfielen. Aus diesem Grunde müsse auch der Erstattungsbetrag je Kind anfallen, d.h. in jeder kindbezogenen Monatsrate des Pflegegeldes berücksichtigt werden. Für diese Auffassung spreche, dass keine anders lautende gesetzliche Regelung gegeben sei und dass sich die Möglichkeiten einer zusätzlichen Berufstätigkeit nebst Aufbaus einer Altersvorsorge mit der Zahl der betreuenden Kinder reduzieren dürften. Der Umfang der Alterssicherung dürfe regelmäßig nicht unabhängig vom Umfang der Erwerbstätigkeit gesehen werden. Nach alledem sei der Zuschuss kindbezogen zu zahlen und hier entsprechend zu erhöhen. Vorliegend seien die Anforderungen an Betreuung und Erziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 SGB VIII besonders hoch, denn bei dem betreuten Kind K. K1. bestehe ein besonderer pädagogischer Bedarf, der eine Erhöhung des Zuschusses rechtfertige.

Der von den Klägern mit Klageeingang jeweils angekündigte Klageantrag lautete auf Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger bzw. der Klägerin nachgewiesene Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung in Höhe des 1,5fachen Satzes von 40,00 Euro monatlich für die Zeit ab dem 1. November 2011 gemäß §§ 33, 39 Abs. 4 SGB VIII zu erstatten.

Nach einem gerichtlichen Hinweis haben die Kläger ihren Antrag neu gefasst und schriftsätzlich beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 4. Juli 2013 zu verpflichten, den Klägern jeweils nachgewiesene Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung für jedes Pflegekind und für beide Pflegepersonen jeweils in Höhe des hälftigen Mindestbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung, bezüglich des Klägers zu 1. ab dem 1. November 2010, bezüglich der Klägerin zu 2. ab dem 1. Dezember 2010, hinsichtlich des Pflegekindes K. K1. bis zur Beendigung des Pflegeverhältnisses am 12. Februar 2014, zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren ergänzend ausgeführt, dass die Erziehungshilfe für K. K1. mit Erreichen der Volljährigkeit beendet worden sei und die hälftigen Kosten der Altersvorsorge in Höhe von derzeit 42,53 Euro deshalb mit dem Pflegegeld für K2. K3. ausgezahlt würden.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 22. Juli 2014 stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Juli 2013 verpflichtet, folgende weitere - über die bereits bewilligten Erstattungen hinausgehende - Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung zu erstatten:

1. an den Kläger einen weiteren Zuschuss zur Alterssicherung in Höhe des hälftigen Mindestbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. November 2010 bis zum 13. Februar 2014 für das Pflegekind K2. K3. ;

2. an die Klägerin jeweils für die Pflegekinder K. K1. und K2. K3. Zuschüsse in Höhe des hälftigen Mindestbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 13. Februar 2014;

3. an die Klägerin ab dem 14. Februar 2014 bis auf weiteres jeweils den einfachen Betrag des hälftigen Mindestbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung für das Pflegekind K2. K3. .

Die von den Klägern abgeschlossenen Verträge und damit einhergehenden Aufwendungen stellten ihrer Art nach jeweils angemessene Alterssicherungen im Sinne des § 39 Absatz 4 Satz 2 SGB VIII dar. Der Erstattungsanspruch der Kläger sei - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch nicht auf ein Pflegekind zu beschränken. Da dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen sei, ob die Altersvorsorgeaufwendungen pro Pflegekind oder nur für das erste Pflegekind übernommen werden könnten, sei im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob der Beitrag zu einer angemessenen Altersvorsorge je Pflegekind anfalle. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich nichts, weshalb auf die Systematik des Gesetzes zurückzugreifen sei. Der Gesetzgeber habe die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson an die Zahlung der laufenden Leistungen gemäß § 39 Absatz 4 Satz 1 SGB VIII gekoppelt. Die laufenden Leistungen bemäßen sich auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten je Pflegekind. Indem der Gesetzgeber in § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII bestimmt habe, dass die laufenden Leistungen auch die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson umfassten, habe er zum Ausdruck gebracht, dass diese Leistungen auch pro Pflegekind anfielen. Dies entspreche im Übrigen Sinn und Zweck des Gesetzes, auch Pflegeeltern eine angemessene Altersvorsorge zu ermöglichen. Mit der Zahl der zu betreuenden Pflegekinder steige zwangsläufig der damit verbundene erforderliche Zeitaufwand, so dass die Pflegeperson in Folge der Inpflegenahme eines weiteren Kindes gehindert sei, einer Erwerbstätigkeit in größerer Intensität nachzugehen und damit darauf angewiesen sei, auf andere Weise für eine angemessene Alterssicherung zu sorgen. Dies gelte umso mehr, wenn - wie im vorliegenden Fall - auch noch ein gesteigerter Betreuungsbedarf vorhanden sei, der zur Einstufung als sozialpädagogische Pflegestelle geführt habe. Auch hätten die Pflegeeltern ihre Erwerbstätigkeit vermindert. So sei der Pflegevater inzwischen nicht mehr erwerbstätig, während die Pflegemutter nur noch einer hälftigen Erwerbstätigkeit nachgehe. Der geltend gemachte Anspruch stehe auch beiden Klägern zu, da sie beide "Pflegeperson" im Sinne des § 39 Absatz 4 Satz 2 SGB VIII seien. Wenn - wie im vorliegenden Fall - kein Pflegevertrag abgeschlossen worden sei, sei den Umständen des konkreten Einzelfalles zu entnehmen, wer Pflegeperson im Sinne des Gesetzes sei. Wie sich aus den überreichten Verwaltungsvorgängen ergebe, sei das Pflegeverhältnis mit beiden Klägern begründet worden. Diese würden in den Verwaltungsvorgängen als Pflegeeltern bzw. Pflegevater und Pflegemutter bezeichnet. Die im Zusammenhang mit den Pflegeverhältnissen ergangenen Bescheide seien überwiegend an beide Kläger gerichtet. Auch seien beide Kläger in den Hilfeplänen als Pflegepersonen aufgeführt. Schließlich seien beide Kläger zu Vormündern für die Pflegekinder bestellt worden. Dies alles zeige, dass zum einen beiden Klägern die Verantwortung für die Pflegekinder übertragen und diese auch von beiden Klägern wahrgenommen worden sei. So habe der Kläger seine Berufstätigkeit aufgegeben und widme sich voll der Erziehungsaufgabe, während die Klägerin ihre Arbeitszeit auf die Hälfte reduziert habe. Zwar sei das Pflegegeld bezüglich K. -K1. an den Kläger ausgezahlt worden; dies ändere jedoch nichts daran, dass Pflegepersonen beide Kläger gewesen seien. Da beide Kläger als Pflegeperson im Sinne des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII anzusehen seien, habe dies zur Folge, dass auch beiden die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung zustehe. Im Hinblick auf das Kriterium der "Angemessenheit" sei der Erstattungsanspruch der Höhe nach auf den hälftigen Anteil des Mindestbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung zu begrenzen. Auch bezüglich der Aufwendungen für eine Alterssicherung sei zu beachten, dass der Gesetzgeber in § 39 Abs. 4 Satz 3 SGB VIII geregelt habe, dass die laufenden Leistungen grundsätzlich in monatlichen Pauschalbeträgen zu gewähren seien. Deshalb verbiete sich eine nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls und den Verhältnissen der Pflegeperson vor Inpflegenahme ausgerichtete Bestimmung der Angemessenheit, vielmehr sei in allen Fällen der Inpflegenahme eines Kindes oder Jugendlichen pro Pflegekind und pro Pflegeperson der hälftige Mindestbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung als Bezugsgröße für den Erstattungsanspruch angemessen. Damit werde auch dem Anliegen des Gesetzgebers Rechnung getragen, einen Anreiz für die Inpflegenahme von Pflegekindern zu schaffen und gleichzeitig einen Nachteilsausgleich vorzunehmen. Die Aufwendungen der Kläger zu ihrer Alterssicherung seien ihnen auch rückwirkend ab den aus dem Tenor ersichtlichen Zeitpunkten zu erstatten. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII sei mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 in das Achte Buch Sozialgesetzbuch eingefügt worden. Seitdem habe Pflegepersonen für nachgewiesene Aufwendungen ihrer Alterssicherung der Anspruch auf hälftige Erstattung ihrer nachgewiesenen Aufwendungen zugestanden, eines diesbezüglichen Antrages habe es nicht bedurft.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor: Mit Blick auf Sinn und Zweck der Vorschrift sei davon auszugehen, dass der Anspruch auf hälftige Erstattung nach § 39 Abs. 4 S. 2 SGB VIII nicht in Abhängigkeit zur Anzahl der betreuten Kinder stehe, sondern sich danach richte, inwiefern die Pflegeperson in Folge der Betreuung auf eine Erwerbstätigkeit verzichte. Diene der Erstattungsanspruch nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII dem Ausgleich der Nachteile, die dadurch entstünden, dass die Pflegeperson auf eine Erwerbstätigkeit voll oder zum Teil verzichte, so könne er nicht in Abhängigkeit stehen zu der Anzahl der jungen Menschen, die von der Pflegeperson betreut würden. Allein aus dem Umstand, dass ein oder mehrere junge Menschen betreut würden, ergebe sich kein versorgungsrechtlicher Nachteil, der ausgeglichen werden müsse. Da dieser Nachteil vielmehr Folge der Reduzierung der Erwerbstätigkeit sei, müsse deshalb für die Frage, ob und in welchem Umfang ein Anspruch nach § 39 Abs. 4 S. 2 SGB VIII bestehe, entscheidend auf die Reduzierung der Erwerbstätigkeit abgestellt werden. Ein Anspruch auf hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung könne der Pflegeperson demnach nur dann zustehen, wenn sie zumindest hälftig auf eine Erwerbstätigkeit verzichte. Ein über den gewährten Zuschuss hinausgehender Anspruch ergebe sich weder aus dem Umstand, dass beide Kläger ihre Berufstätigkeit reduziert hätten, noch daraus, dass der Kläger seine Berufstätigkeit ganz aufgegeben habe. Wenn bereits die hälftige Reduzierung der Erwerbstätigkeit den Anspruch nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII auslöse, so könne die Pflegeperson wegen der gesetzlichen Begrenzung auf eine hälftige Erstattung auch dann keinen höheren Zuschuss zu ihren Altersvorsorgeaufwendungen verlangen, wenn sie die Berufstätigkeit nicht nur zum Teil, sondern vollständig aufgebe. Dies spreche auch gegen die Richtigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach der Anspruch nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII der Pflegeperson für jedes Pflegekind zustehe. Dies würde nämlich entgegen dem Wortlaut des § 39 Abs. 4 S. 2 SGB VIII dazu führen, dass bei der Betreuung eines zweiten Pflegekindes der volle Betrag für die Alterssicherung der Pflegeperson durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen würde. Zudem ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber mit der Statuierung des Erstattungsanspruchs für Aufwendungen zur Alterssicherung in § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII die Pflegepersonen in der Vollzeitpflege mit den Tagespflegepersonen habe gleich stellen wollen. Diesem Personenkreis stehe der Anspruch auf hälftige Erstattung von Aufwendungen zur Alterssicherung nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII aber nicht für jedes betreute Kind zu. Zu einer anderen rechtlichen Bewertung führe auch nicht die Systematik des Gesetzes. Zwar habe der Gesetzgeber die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung an die Zahlung laufender Leistungen gemäß § 39 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII gekoppelt, dies lasse aber nicht den Schluss darauf zu, dass diese Leistung pro Pflegekind anfallen solle. Es sei zu berücksichtigen, dass die Aufwendungen für Beiträge der Unfallversicherung sowie zur angemessenen Alterssicherung gerade nicht den unmittelbaren materiellen Bedarf des jungen Menschen beträfen, sondern die Sicherung der Pflegeperson gegen Risiken. Entgegen der Systematik des § 39 SGB VIII erhöhten sie sich nicht automatisch je nachdem, wie viele junge Menschen in einer Pflegefamilie untergebracht seien.

Nicht gefolgt werden könne dem angefochtenen Urteil auch insoweit, als es jedem der Kläger einen Anspruch auf hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung für jedes Pflegekind zuspreche. Zum einen sei dies nicht Gegenstand des Klagebegehrens der Kläger. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des ursprünglichen Klageantrags des Klägers und seinem ursprünglich im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag, nach dem es ihm allein um die mit dem besonderen Förderbedarf begründete Erhöhung der ihm bereits im Zusammenhang mit der Betreuung des Pflegekindes K. K1. gewährten hälftigen Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zur angemessenen Alterssicherung gegangen sei; eine Erstattung von Aufwendungen zur angemessenen Alterssicherung im Zusammenhang mit der Betreuung des Pflegekindes K2. K3. werde vom Kläger demnach nicht begehrt. Ähnliches gelte auch für das Begehren der Klägerin, deren Klage auf eine wegen des besonderen Förderbedarfs des Kindes K2. K3. erhöhte Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zur angemessenen Alterssicherung gerichtet sei. Die Erstattung solcher Aufwendungen im Pflegeverhältnis zu K. K1. sei demnach weder Gegenstand ihres im Verwaltungsverfahren gestellten Antrags noch des mit der Klageerhebung fixierten Klagebegehrens gewesen. Über diese Klagebegehren sei das Verwaltungsgericht in seinem Urteil unter Verletzung von § 88 VwGO hinausgegangen. Mit seinem im rechtlichen Hinweis vom 27. Mai 2014 vorgeschlagenen Antrag habe das Verwaltungsgericht nicht entsprechend § 86 Abs. 3 VwGO auf die Stellung eines sachdienlichen Antrags hingewirkt, sondern sei mit seinem Vorschlag über das hinausgegangen, was die Kläger mit ihren Klagen hätten erreichen wollen. Deshalb sei unter Anwendung des § 88 VwGO für die Entscheidung nicht auf die Fassung dieser Anträge, sondern auf das dargestellte tatsächliche Begehren der Kläger abzustellen.

Zudem spreche bereits der Wortlaut der Vorschrift des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII dafür, dass der Anspruch auch bei der Betreuung durch mehrere Personen nicht jeder dieser Personen zustehe, sondern nur einmal je Pflegestelle. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB statuiere einen Anspruch auf hälftige Erstattung von Altersvorsorgeaufwendungen "der Pflegeperson". Zutreffend sei zwar, dass beide Kläger als Pflegeperson angesehen werden könnten. Dies führe aber nicht dazu, dass auch jedem ein Erstattungsanspruch nach dieser Vorschrift zustehe. Das Achte Buch Sozialgesetzbuch verwende unabhängig von der Anzahl der Personen, die den jungen Menschen betreuten, stets nur den Singular. Den Begriff "Pflegepersonen" kenne es nicht. Werde vom Gesetzgeber der Begriff der "Pflegeperson" als Synonym für die die Betreuung übernehmenden Personen benutzt, so weise § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII den Anspruch auf hälftige Erstattung der Vorsorgeaufwendungen den Pflegepersonen einheitlich zu. Mithin falle der Anspruch pro Pflegestelle nur einmal an. Dies entspreche auch der Systematik des Gesetzes. Die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung knüpfe an die Zahlung laufender Leistungen gemäß § 39 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII an. Die laufenden Leistungen zum notwendigen Unterhalt umfassten die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung. Das Entgelt für ihre erzieherische Leistung werde der Pflegestelle unabhängig von der Anzahl der betreuenden Personen nur einmal gezahlt. Aus systematischen Gründen müsse dies dann aber auch für die hälftige Erstattung der angemessenen Aufwendungen zur Alterssicherung gelten.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und die Klagen abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers zu Unrecht, der Klage der Klägerin zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben.

Allerdings liegt kein Verfahrensfehler vor. Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen § 88 VwGO verstoßen. Es ist nicht über das Klagebegehren hinausgegangen, indem es dem Kläger einen zweiten Erstattungsbetrag und der Klägerin zwei Erstattungsbeträge zur Alterssicherung zugesprochen hat.

Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden; es hat vielmehr das tatsächliche Rechtschutzbegehren zu ermitteln. Auf die Formulierung der Klageanträge kommt es für die Bestimmung des Klagebegehrens dabei nicht entscheidend an.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1998 - 2 B 56.97 -, juris, m.w.N.

Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist vielmehr das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1992 - 8 C 72.90 -, juris; Beschlüsse vom 25. Juni 2009 - 9 B 20.09 -, juris, vom 19. Juni 2010 - 6 B 12.10 -, juris, und vom 13. Januar 2012 - 9 B 56.11 -, juris, jew. m.w.N.

Insoweit sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Wesentlich ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück. Neben dem Klageantrag und der Klagebegründung ist auch die Interessenlage des jeweiligen Klägers zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für das Gericht und den Beklagten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Juni 2010 - 6 B 12.10 -, juris, und vom 13. Januar 2012 - 9 B 56.11 -, juris.

Zwar kommt der Antragsformulierung gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu, wenn der Kläger bei der Fassung des Klageantrages anwaltlich vertreten worden ist. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Klagebegründung, die beigefügten Bescheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2012

  • 9 B 56.11 -, juris.

Bei der demnach gebotenen Auslegung war das Klagebegehren der Kläger nicht auf die Gewährung bzw. Erhöhung eines Erstattungsbetrags in Höhe des 1,5fachen Satzes von 40 Euro gerichtet. Allerdings haben die Kläger mit ihrem ursprünglichen Klageantrag tatsächlich die hälftige Erstattung der Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung in Höhe des 1,5fachen Satzes von 40 Euro begehrt. Bei Betrachtung der Ausführungen in der Klagebegründung war das Begehren der Kläger aber abweichend vom Wortlaut ihrer ursprünglichen Klageanträge erkennbar auf die Gewährung jeweils eines Erstattungsbetrages zur Alterssicherung pro Pflegekind gerichtet. In der Klagebegründung haben die Kläger jeweils darauf verwiesen, dass die Übernahme der hälftigen Kosten einer angemessenen Alterssicherung pro Pflegekind und nicht pro Pflegefamilie zu zahlen sei. Der sich ergebende Erstattungsanspruch sei nicht auf eines von mehreren Pflegekindern zu beschränken. Es sei darauf abzustellen, dass die laufenden Leistungen zum notwendigen Unterhalt nach § 39 SGB VIII kindbezogen gewährt würden und deshalb je untergebrachtem jungen Menschen anfielen. Aus diesem Grunde müsse auch der Erstattungsbetrag je Kind anfallen, d.h. in jeder kindbezogenen Monatsrate des Pflegegeldes berücksichtigt werden.

Das Verwaltungsgericht hat den Klagen aber dennoch - im Fall der Klägerin teilweise - zu Unrecht stattgegeben.

Der Bescheid vom 4. Juli 2013 verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit hiermit eine hälftige Erstattung der Aufwendungen für ihre Alterssicherung nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII abgelehnt worden ist, § 113 Abs. 5 VwGO. Hingegen ist die Klägerin durch die Ablehnung eines weiteren - zweiten - Erstattungsbetrags nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Klägerin hat einen (eigenen) Anspruch auf Gewährung einer hälftigen Erstattung der Aufwendungen zu ihrer Alterssicherung neben der ihrem Ehemann bereits gewährten Erstattung. Dabei kann im vorliegenden Verfahren entgegen dem Urteilsausspruch des Verwaltungsgerichts aber nur eine Entscheidung über den Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Juli 2013 - dem Monat, in dem die letzte behördliche Entscheidung erlassen wurde - ergehen. Denn bei der geltend gemachten Erstattungsleistung nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII als Annex zum Pflegegeld nach § 39 Abs. 2 und Abs. 4 SGB VIII handelt es sich um keine rentengleiche Dauerleistung, so dass eine insoweit ergehende gerichtliche Entscheidung immer nur den Zeitraum bis zum Erlass der letzten Behördenentscheidung umfassen kann. Das Gericht selbst kann nach Erlass der letzten behördlichen Entscheidung den Jugendhilfefall nicht weiter unter Kontrolle halten. Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung ist bei Verpflichtungsklagen auch in Jugendhilfesachen daher regelmäßig nur der Sachverhalt, wie er sich bis zur letzten behördlichen Entscheidung - hier dem Bescheid vom 4. Juli 2013 - darstellt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. November 2010 - 12 E 1159/10 - und vom 27. Januar 2010 - 12 E 1110/09 -; VG des Saarlandes, Urteil vom 20. März 2009 - 11 K 825/07 -, juris; VG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 26 K 4302/06 -, juris.

Anspruchsgrundlage ist § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Hiernach umfassen die laufenden Leistungen zur Deckung des notwendigen Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses bei Hilfen nach §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nr. 2 bis 4 SGB VIII u.a. die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson.

Dieser Anspruch steht der Klägerin, unabhängig davon zu, ob man als Antragsinhaber die Pflegeperson,

so VG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2007

  • 26 K 4302/06 -, juris,

oder die Personensorgeberechtigten betrachtet,

vgl. hierzu Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 5; 20d; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 39, Rn. 21; v. Koppenfels-Spies, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 1. Auflage 2014, § 39, Rn. 33; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 25. April 2001 - 12 A 924/99 -, juris,

da die Klägerin und der Kläger mit Beschlüssen des Amtsgerichts U. vom 10. Oktober 2007 zu Vormündern ihrer Pflegekinder erklärt worden sind.

Bei dem von der Klägerin beantragten Erstattungsbetrag in Höhe des hälftigen Mindestbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich um die hälftige Erstattung der nachgewiesenen Aufwendungen für eine angemessene Alterssicherung i.S.d. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII.

Die Angemessenheit der Alterssicherung bezieht sich dabei nicht nur auf die Höhe des derzeit zu zahlenden Beitrages zur Alterssicherung bzw. auf den später zur Alterssicherung zur Verfügung stehenden Betrag, sondern auch auf die Art der nachzuweisenden Alterssicherung im Hinblick auf die die Alterssicherung garantierende Institution.

Vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 23. Februar 2010 - 3 A 345/09 -, juris; Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 39, Rn. 29; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 39, Rn. 20; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32e.

Die von der Klägerin nachgewiesene Alterssicherung in Form des nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten "Riester-Vertrags" (W1. -RentePlus) ist hinsichtlich ihrer Art eine angemessene Alterssicherung i.S.d. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII.

Leitbild der nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ihrer Art nach mit öffentlichen Mitteln zu fördernden Vermögensbildung zum Zweck der Altersvorsorge ist die gesetzliche Rente. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, auf den zur Ermittlung des Bedeutungsgehalts des Begriffs der Alterssicherung zurückzugreifen ist. Die hälftige Erstattung der Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung durch den Träger der Jugendhilfe dient dem versorgungsrechtlichen Nachteilsausgleich. Es soll dadurch sichergestellt werden, dass eine Pflegeperson, die auf eine (vollzeitige) Erwerbstätigkeit verzichtet, um ein Pflegekind bzw. mehrere Pflegekinder zu betreuen und infolgedessen keine oder bei einer Teilzeit-Erwerbstätigkeit nur reduzierte (gesetzliche) Rentenanwartschaften erwirbt, gleichwohl im Alter über eine gewisse finanzielle Absicherung verfügt. Auf diese Weise soll zugleich die Bereitschaft der Pflegeperson gefördert werden und erhalten bleiben, anstelle der Eltern Erziehungsaufgaben zu übernehmen. Mit Rücksicht darauf erfüllen von den vielfältigen Möglichkeiten der privaten finanziellen Absicherung im Alter nur die Formen der Kapitalanlegung die an eine Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII zu stellenden Anforderungen, bei denen aufgrund einer entsprechenden Vertragsgestaltung gewährleistet ist, dass das zum Zweck der Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts im Ruhestand aufgebaute Vermögen im Zeitpunkt des Eintritts der Pflegeperson in den Ruhestand (noch) vorhanden ist. Hierfür muss vertraglich sichergestellt sein, dass die Ansprüche aus einer privaten Kapitalanlage nicht vor diesem Zeitpunkt fällig werden und sie auch nicht anderweitig verwertet werden können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010 - 5 C 29.08 -, juris; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 39, Rn. 20; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32d; Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 39, Rn. 29.

Für den Eintritt in den Ruhestand ist in Anlehnung an die gesetzlichen Regelungen im Bereich der zusätzlichen (privaten) Altersvorsorge auf die Altersuntergrenze der gesetzlichen Altersrente abzustellen,

vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010 - 5 C 29.08 -, juris; Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/

Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 39, Rn. 29,

die bis zum 31. Dezember 2011 auf die Vollendung des 60. Lebensjahres festgesetzt war (Art. 27 Abs. 10 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz).

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010

  • 5 C 29.08 -, juris.

Es muss gewährleistet sein, dass das entsprechende Kapital bei Eintritt in den Ruhestand noch vorhanden ist, was voraussetzt, dass das im Alter zur Verfügung stehende Vorsorgekapital der Höhe nach zumindest den aufgewendeten und öffentlich geförderten Altersvorsorgebeiträgen entspricht.

Vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 23. Februar 2010 - 3 A 345/09 -, juris; Fischer, in: Schellhorn/

Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 39, Rn. 29.

Der Vertrag "W1. -Rente ", zu dem die Klägerin nachgewiesenermaßen seit dem 1. Dezember 2010 Beiträge in Höhe von 140 Euro monatlich leistet, erfüllt diese Anforderungen. Nach Bestimmung II.1. des Vertrages beginnt die Auszahlungsphase frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres oder bei Nachweis einer vor diesem Zeitpunkt beginnenden Leistung aus einem gesetzlichen Alterssicherungssystem. Gemäß Bestimmung II.3 sagt der Vertragspartner zu, dass zu Beginn der Auszahlungsphase zumindest die eingezahlten Altersvorsorgebeiträge inklusive der Zulagen für die Auszahlungsphase zur Verfügung stehen, soweit der Sparer nicht vorher darüber verfügt hat.

Auch die vorzeitige Verwertung ist in weitem Maße ausgeschlossen. Eine Übertragung des angesparten Vorsorgekapitals - bei dem vorliegend die Grenzen des § 10a EStG (2100 Euro) gewahrt sind - ist nach § 97 Abs.1 EStG ausgeschlossen, was auch Abtretung und Verpfändung ausschließt. Hieraus ergibt sich nach § 851 Abs. 1 ZPO auch die Unpfändbarkeit.

Vgl. LG Aachen, Urteil vom 8. April 2014 - 3 S 76/13 -, juris; SG Mainz, Urteil vom 25. Februar 2008 - S 7 AS 249/06 -, juris ; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7. Dezember 2010 - 5 Sa 203/10 -, juris; Hasse, VersR 2007, 870, juris; Bengelsdorf, FA 2012, 34 (35); Kohte/Busch, jurisPR-ArbR 40/2007, Anm. 4; Winkel, Soziale Sicherheit 2008, 205 (210); siehe auch Deutscher Bundestag, Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss), BT-Drs. 14/5150, S. 37.

Allerdings sieht Bestimmung 1 der "Besonderen Bedingungen" des von der Klägerin abgeschlossenen Vertrags vor, dass der Sparer in der Ansparphase den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalendervierteljahres schriftlich kündigen kann, um das gebildete Kapital auf einen anderen Altersvorsorgevertrag zu übertragen oder förderungsschädlich über das gebildete Kapital zu verfügen. Dies entspricht der Vorschrift des § 168 Abs. 1 VVG, nach der der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen darf, wenn laufende Prämien zu zahlen sind. Während gegen die Möglichkeit der Übertragung der gesparten Summe auf einen anderen Altersvorsorgevertrag im Hinblick auf die Frage der Verwertbarkeit vor Erreichen des Renteneintrittsalters keine Bedenken bestehen, kann die Möglichkeit der - förderungsschädlichen - vorzeitigen Kündigung und Verwendung der angesparten Summe dazu führen, dass diese vor Erreichen des Rentenalters verwertet wird. Dass die Klägerin einen Verwertungsausschluss vereinbart hätte, der nach § 168 Abs. 3 Satz 1 VVG auch die vorzeitige Kündigung ausschließt, ist nicht ersichtlich.

Anders als in den Fällen, in denen die Alterssicherung in Form der Kapital bildenden Lebensversicherung vorliegt, ist ein derartiger Verwertungsausschluss mit dem damit einhergehenden Ausschluss der Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung im Fall eines - hier vorliegenden - nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrages aber nicht erforderlich, um von einer angemessenen Alterssicherung i.S.d. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII sprechen zu können.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass im Fall der Kapital bildenden Lebensversicherung ein Verwertungsausschluss vereinbart sein müsse, damit "in vergleichbarer Weise wie beispielsweise bei einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder Verträgen und Anlageformen im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes hinreichend sichergestellt (ist), dass die Versicherungssumme tatsächlich zur bestimmungsgemäßen Finanzierung des Lebensunterhalts im Alter zur Verfügung steht und verwendet werden soll".

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010

  • 5 C 29.08 -, juris.

Dass auch bei den zertifizierten Altersvorsorgeverträgen ein Verwertungsausschluss erforderlich ist, kann hieraus nicht geschlossen werden; vielmehr geht das Bundesverwaltungsgericht offensichtlich davon aus, dass in diesen Fällen grundsätzlich von einer angemessenen Alterssicherung i.S.d. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ausgegangen werden kann, obwohl ein vertraglicher Verwertungsausschluss nicht Voraussetzung für die Zertifizierung ist (vgl. § 1 AltZertG).

Siehe Kohte/Busch, jurisPR-ArbR 40/2007, Anm. 4; Winkel, Soziale Sicherheit 2008, 205 (210); die Geeignetheit der "Riester-Rente" im Rahmen des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ebenfalls bejahend: OVG des Saarlandes, Urteil vom 23. Februar 2010 - 3 A 345/09 -, juris; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 39, Rn. 20; Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 20d.

Diese Differenzierung ist auch sachgerecht. Eine angemessene Alterssicherung i.S.d § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII erfordert, dass die gewählte Anlageform subjektiv zur Altersversorgung bestimmt ist und es dieser auch nicht von vornherein an der objektiven Eignung zur Alterssicherung fehlt.

Vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 23. Februar 2010 - 3 A 345/09 -, juris.

Bei einer Kapital bildenden Lebensversicherung ist nicht ohne Weiteres erkennbar, ob sie vom Versicherungsnehmer zur Altersversorgung bestimmt ist oder einem anderen Zweck dienen soll. Erst mit dem Verwertungsausschluss wird die subjektive Zweckbestimmung der Alterssicherung nach außen hinreichend deutlich. Anders liegt es bei zertifizierten Altersvorsorgeverträgen: Hier ergibt sich bereits hinreichend deutlich aus der von § 1 AltZertG geforderten vertraglichen Gestaltung, - insbesondere dem Beginn der Auszahlungsphase erst ab dem Erreichen des Mindestrentenalters -, die subjektive Zweckbestimmung der Alterssicherung.

Vgl. auch SG Mainz, Urteil vom 25. Februar 2008

  • S 7 AS 249/06 -, juris.

Hinsichtlich der objektiven Eignung zur Alterssicherung unterscheidet sich die Kapital bildende Lebensversicherung zunächst nicht von dem Kapital auf einem Sparkonto,

vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010

  • 5 C 29.08 -, juris,

während die zertifizierten Altersvorsorgeverträge unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung jedenfalls sicherstellen müssen, dass Leistungen nicht vor dem Erreichen des Mindestrentenalters gezahlt werden und zu Beginn der Auszahlungsphase zumindest die eingezahlten Altersvorsorgebeiträge für die Auszahlungsphase zur Verfügung stehen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AltZertG).

Die verbleibende Möglichkeit, den zertifizierten Altersvorsorgevertrag vorzeitig zu kündigen, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Dass entgegen der nach außen erkennbaren Zweckbestimmung,

vgl. zu deren vorrangiger Bedeutung gegenüber der Möglichkeit der Kündigung eines Bestattungsvorsorgevertrages in einem die Gewährung von Pflegewohngeld betreffenden Fall: OVG NRW, Urteil vom 16. November 2009 - 12 A 1363/09 -, juris,

ein zertifizierter Altersvorsorgevertrag, der angesichts des in der Regel im Vergleich zu anderen Anlageformen niedrigeren Zinssatzes,

vgl. Stiftung Warentest, Finanztest 8/2015, 24 (25),

vor allem bei der hier vorliegenden Form des Banksparplans,

vgl. Stiftung Warentest, Riester-Banksparpläne: Lohnenswert - dank Zulagen, Finanztest 12/2014,

in erster Linie aufgrund der staatlichen Förderung finanziell lohnenswert erscheinen dürfte, zum allgemeinen alterssicherungsunabhängigen Vermögensaufbau abgeschlossen wird, erscheint im Hinblick auf die Verpflichtung, im Fall der Kündigung nach § 93 EStG die gewährte steuerliche Förderung rückabzuwickeln und gewährte Zulagen zurückzuerstatten, fernliegend. Zudem ließe sich auch durch einen Verwertungsausschluss eine vorzeitige Auszahlung des angesparten Kapitals nicht völlig ausschließen; diese ist etwa im Fall der Privatinsolvenz möglich.

Vgl. LG Rostock, Urteil vom 12. Juni 2014 - 10 O 831/13 (3) -, VersR 2015, 831, juris.

Dieses Verständnis der angemessenen Altersversorgung wird auch durch § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II unterstützt, nach dem vom Vermögen Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge abzusetzen ist, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet. Kommt es damit im Rahmen des Anspruchs auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nicht auf den (fehlenden) Verwertungsausschluss an, sondern allein auf die - förderungsschädliche - Verwendung selbst,

vgl. hierzu Winkel, Soziale Sicherheit 2008, 205 (210),

sind Gründe dafür, im Rahmen des Anspruchs nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII bei Vorliegen eines zertifizierten Altersvorsorgevertrages weitergehend einen vollständigen Verwertungsausschluss zu fordern, nicht ersichtlich.

Ist demnach die Art der Altersvorsorge als angemessen zu betrachten, gilt dies auch für die Höhe der begehrten Kostenerstattung. Die Klägerin hat die Erstattung der Hälfte des Mindestbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung beantragt; eine derartige Summe ist jedenfalls angemessen.

Vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 20. März 2009

  • 11 K 825/07 -, juris; Kunkel, in LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 39, Rn. 20; Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 20d; Tammen, in: Münder/Meysen/Trenczek, FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 39, Rn. 27; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32f; Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 39, Rn. 29; Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Fortführung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege (§§ 33, 39 SGB VIII) für das Jahr 2015, 30. September 2014; Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), Zur Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung und zu einer angemessenen Alterssicherung bei allgemeiner Familienpflege (§ 39 Abs. 4 S. 2 SGB VIII), Gutachten des DIJuF im Auftrag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V., Januar 2007, S. 26.

Ob darüber hinaus auch noch ein höherer Betrag angemessen sein kann,

vgl. Übersicht in VG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 26 K 4302/06 -, juris; siehe auch VG des Saarlandes, Urteil vom 20. März 2009 - 11 K 825/07 -, juris; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32f,

braucht hier nicht beurteilt zu werden, da die Klägerin ausdrücklich nur die Erstattung des hälftigen Mindestbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung als angemessene Kostenerstattung beantragt hat. Der Antrag der Klägerin ist insoweit auch nicht im Hinblick auf den oben dargestellten Vorrang des Klagebegehrens vor dem Wortlaut des Klageantrags dahingehend auszulegen, dass die Klägerin einen höheren Betrag begehrt. Zwar deutete der mit der Klageschrift angekündigte Klageantrag in diese Richtung; auch war in der Klagebegründung ausgeführt worden, dass der Zuschuss "entsprechend zu erhöhen" sei. Dem zeitlich nachfolgenden neu gefassten Klageantrag ist jedoch zu entnehmen, dass die Klägerin nunmehr nur noch einen Erstattungsbetrag pro Pflegekind in Höhe des hälftigen Mindestbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung für angemessen hält. Angesichts der zeitlichen Abfolge ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin vom Wortlaut des Antrags abweichend weiter an ihrer Forderung nach einem höheren Erstattungsbetrag festhalten will.

Die Klägerin kann die Kostenerstattung nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII beanspruchen, obwohl ihr Ehemann bereits einen entsprechenden Erstattungsbetrag erhält. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII spricht von den Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung "der Pflegeperson". Pflegeperson ist nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will. Diese gesetzliche Begriffsbestimmung ist so allgemein gehalten, dass sie - obgleich sie nicht im Allgemeinen Teil des Achten Buches Sozialgesetzbuch steht - grundsätzlich für den gesamten Anwendungsbereich des Kinder- und Jugendhilferechts Geltung beansprucht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 2011

  • 5 C 20.10 -, BVerwGE 140, 305, juris.

Entscheidend für die Beurteilung, ob bei einem Paar beide Partner leistungserbringende Pflegepersonen nach § 39 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII sind, ist die tatsächliche Leistungserbringung im Rahmen einer Vereinbarung zwischen Jugendamt und Pflegeperson. Indizwirkung hat regelmäßig der Pflegevertrag. Sind beide Pflegepersonen in den Vertrag aufgenommen und haben unterzeichnet, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie die Leistung in Familienpflege gemeinsam erbringen sollen und dies auch wollen. Aber auch wenn beide Pflegepersonen in der Hilfeplanung nach §§ 36, 37 SGB VIII wie Leistungserbringer auftreten und das Jugendamt ihnen als solche begegnet, sind sie unabhängig von der Unterzeichnung des Pflegevertrags aufgrund mündlicher oder konkludenter Vereinbarung als Pflegepersonen im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII anzusehen.

Vgl. Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), Zur Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung und zu einer angemessenen Alterssicherung bei allgemeiner Familienpflege (§ 39 Abs. 4 S. 2 SGB VIII), Gutachten des DIJuF im Auftrag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V., Januar 2007, S. 27.

Vorliegend sind sowohl der Kläger als auch die Klägerin als Pflegeperson i.S.d. § 39 SGB VIII anzusehen. Sie haben K. K1. und K2. K3. in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen und sie dort gemeinsam betreut. Ein Pflegevertrag liegt nicht vor, die Kläger werden aber in den Verwaltungsvorgängen - etwa in den Hilfeplänen (vgl. Pläne vom 24. Februar 1999, 4. Oktober 2006, 11. Januar 2010, 12. Dezember 2011, 18. Juni 2012, 26. November 2012, 16. Mai 2013) sowie in den in der Regel an beide gerichteten Bescheiden (vgl. Bescheide vom 22. September 2000, 2. Januar 2001, 14. August 2001, 14. Januar 2002, 1. März 2002, 12. April 2002, 6. August 2002, 23. August 2002, 20. Januar 2003, 20. August 2003, 26. August 2003, 16. Januar 2004, 10. August 2004, 23. Oktober 2006, 9. August 2007, 6. September 2007, 31. Januar 2008, 12. August 2008, 24. März 2009, 13. Oktober 2009, 22. Januar 2010, 8. September 2011, 9. Dezember 2011, 30. April 2012, 3. Mai 2012, 4. Juli 2013, 6. August 2013) - als Pflegemutter und Pflegevater bzw. Pflegeeltern bezeichnet. Sie sind zudem beide als Vormünder eingesetzt worden. Besonders deutlich ergibt sich aus dem oben zitierten Hilfeplan vom 16. Mai 2013, dass die Kläger die Pflegekinder gemeinsam betreut haben. Dass der Beklagte beide Kläger als Pflegepersonen i.S.d. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ansieht, ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass er dem Kläger - wie dargestellt - Aufwendungen zur Alterssicherung, der Klägerin hingegen Aufwendungen zur Unfallversicherung gemäß § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII (vgl. Bescheid vom 5. Dezember 2006) erstattet.

Sind damit beide Kläger als Pflegeperson i.S.d. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII zu betrachten, steht neben dem Kläger auch der Klägerin die hälftige Erstattung der Aufwendungen für eine angemessene Alterssicherung zu. Der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass bei dem Vorhandensein von zwei Pflegepersonen lediglich eine Pflegeperson die Erstattung erhalten soll. Allein die Benutzung des Singulars ("Pflegeperson") ist insoweit nicht maßgebend, denn - wie der Beklagte zutreffend ausführt - benutzt das Achte Buch Sozialgesetzbuch insoweit durchgehend den Singular. Hieraus kann aber entgegen der Ansicht des Beklagten nicht der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber den Begriff der "Pflegeperson" als Synonym für die die Betreuung übernehmenden Personen benutze und damit § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII den Anspruch auf hälftige Erstattung der Vorsorgeaufwendungen den Pflegepersonen einheitlich zuspreche, weshalb der Anspruch pro Pflegestelle nur einmal anfalle. Ausgehend von der Annahme, dass der Begriff der Pflegeperson für alle die Betreuung übernehmenden Personen steht, kann ebenso gut angenommen werden, dass gerade die Alterssicherung jeder Pflegeperson erfasst sein soll.

Auch der Verweis auf die Systematik spricht nicht für die Ansicht des Beklagten. Aus dem Vergleich mit der Zahlung des Entgelts für die erzieherische Leistung der Pflegestelle, das nur einmal pro Pflegekind - unabhängig von der Zahl der betreuenden Pflegepersonen - gezahlt wird, können bereits deshalb keine belastbaren Schlüsse gezogen werden, weil die Erstattung der Aufwendungen für die Alterssicherung im System des § 39 SGB VIII eine Sonderstellung einnimmt. Mit ihr werden nämlich - abweichend von dem ursprünglich § 39 SGB VIII zugrundeliegenden Konzept der Pauschalierung der Erziehungskosten - einzelne Bestandteile der "Honorierung" von Pflegeeltern normiert.

Vgl. Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 20a; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 26. März 1999 - 5 B 129.98 -, juris.

Eine Sonderstellung kommt § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII damit auch deshalb zu, weil es bei den Aufwendungen zur Alterssicherung der Pflegeperson - ungeachtet der gesetzlichen Ausgestaltung - im Kern um einen Bedarf der Pflegepersonen geht,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1999 - 5 B 129.98 -, juris, siehe auch OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 1998 - 16 A 594/97 -, juris,

während der notwendige Unterhalt nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sich am Bedarf des Kindes oder Jugendlichen orientiert.

Vgl. Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 20a.

Sinn und Zweck des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII sprechen hingegen dafür, die Erstattung der hälftigen Aufwendungen für eine angemessene Alterssicherung jeder Pflegeperson und nicht nur einmal der Pflegefamilie zukommen zu lassen. Die hälftige Erstattung der Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung durch den Träger der Jugendhilfe dient - wie dargelegt - dem versorgungsrechtlichen Nachteilsausgleich. Es soll dadurch sichergestellt werden, dass eine Pflegeperson, die auf eine (vollzeitige) Erwerbstätigkeit verzichtet, um ein Pflegekind bzw. mehrere Pflegekinder zu betreuen und infolgedessen keine oder bei einer Teilzeit-Erwerbstätigkeit nur reduzierte (gesetzliche) Rentenanwartschaften erwirbt, gleichwohl im Alter über eine gewisse finanzielle Absicherung verfügt. Auf diese Weise soll zugleich die Bereitschaft der Pflegeperson gefördert werden und erhalten bleiben, anstelle der Eltern Erziehungsaufgaben zu übernehmen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010 - 5 C 29.08 -, juris; Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 20c; VG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 26 K 4302/06 -, JAmt 2008, 379, juris; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32d.

Darüber hinaus soll vermieden werden, dass die Pflegeperson wegen der wahrgenommenen Betreuung und Erziehung eines oder mehrerer Pflegekinder und der möglicherweise dadurch von ihr versäumten Altersvorsorge im Alter Hilfe zum Lebensunterhalt in Anspruch nehmen muss.

Vgl. Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 20c; VG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 26 K 4302 -, JAmt 2008, 379, juris; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32d; diesen Zweck als vorrangig ansehend OVG des Saarlandes, Urteil vom 23. Februar 2010 - 3 A 345/09 -, juris.

Ob die Erstattung voraussetzt - wie vom Beklagten angenommen -, dass die Pflegeperson ihre Erwerbstätigkeit tatsächlich einschränkt,

anders Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32f,

kann offen bleiben, denn vorliegend haben - wovon der Beklagte nach dem zitierten Hilfeplan für K2. K3. vom 16. Mai 2013 selbst ausgeht - beide Kläger ihre Berufstätigkeit zugunsten der Betreuung ihrer Pflegekinder eingeschränkt bzw. aufgegeben.

Die Ansicht, die Erstattung diene ausschließlich "der" betreuenden Pflegeperson als Anreiz für die Aufnahme eines Pflegekindes, so dass der Anspruch pro Pflegefamilie nur einmal anfallen könne,

vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 26 K 4302/06 -, JAmt 2008, 379, juris; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32d, Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), Zur Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung und zu einer angemessenen Alterssicherung bei allgemeiner Familienpflege (§ 39 Abs. 4 S. 2 SGB VIII), Gutachten des DIJuF im Auftrag des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V., Januar 2007, S. 27,

geht demgegenüber offenbar davon aus, dass es pro Pflegefamilie nur eine betreuende Person gibt, die ihre Erwerbstätigkeit betreuungsbedingt aufgibt bzw. einschränkt. Das kann, muss aber - wie insbesondere der vorliegende Fall zeigt - nicht so sein. Nehmen aber beide Pflegeeltern Betreuungsaufgaben wahr, so ist kein Grund dafür ersichtlich, warum nur einer von beiden in diesen Fällen die hälftige Erstattung nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII erhalten sollte.

So auch Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 39, Rn. 21; a.A. ohne Begründung: Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 39, Rn. 29.

Die Klägerin kann jedoch nur eine hälftige Erstattung der Aufwendungen für eine angemessene Alterssicherung verlangen. Der Anspruch auf hälftige Erstattung nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII besteht pro Pflegeperson nur einmal, unabhängig von der Zahl der Pflegekinder.

Dem Wortlaut des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII lässt sich nicht entnehmen, ob die Erstattung nur einmal pro Pflegeperson erfolgen soll, oder ob sie abhängig von der Zahl der Pflegekinder vervielfacht werden soll.

Für einen pflegekindbezogenen Anspruch spricht die Verortung des Erstattungsanspruchs im § 39 Abs. 4 SGB VIII. Der Gesetzgeber hat die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson an die Zahlung der laufenden Leistungen gemäß § 39 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII gekoppelt. Die laufenden Kosten bemessen sich auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten je Pflegekind. Damit liegt es nahe, anzunehmen, dass die Erstattung nach § 39 Abs. 4 Satz 2 ebenfalls pro Pflegekind anfällt.

Vgl. Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 20d; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 39, Rn. 21; ohne Begründung: Fieseler/Busch, GK-SGB VIII, Stand Juni 2015, § 39, Rn. 12; v. Koppenfels-Spies, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 39, Rn. 32; Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32d.

Hiergegen spricht jedoch, dass sich - wie bereits geschildert - aus der Systematik des Gesetzes angesichts der Sonderstellung des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII kaum Schlüsse auf den Inhalt der Vorschrift ziehen lassen. Allein der Umstand, dass der Bedarf des Kindes bzw. Jugendlichen - Sachaufwand und Kosten der Pflege und Erziehung - naturgemäß pro Kind bzw. Jugendlichem anfällt und zu leisten ist, bedeutet daher nicht zwingend, dass auch die hälftige Erstattung der Aufwendungen für die Alterssicherung, bei denen es sich im Kern um "Bedarf" der Pflegeperson handelt (s.o.), pro Pflegekind zu zahlen ist.

Zwar dürfte es zutreffend sein, dass die Möglichkeiten, durch eigene Erwerbstätigkeit eine Alterssicherung aufzubauen, sich mit steigender Zahl der aufgenommenen Pflegekinder verringern.

Vgl. VG Meiningen, Gerichtsbescheid vom 9. Dezember 2008 - 8 K 17/08 Me -, juris; Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand Januar 2015, § 39, Rn. 20d.

Diesem Umstand kann aber - wohl sogar zielgenauer - Rechnung getragen werden, indem im Hinblick auf die Angemessenheit der Alterssicherung und die Höhe der Beiträge Anpassungen je nach tatsächlicher Einschränkung der Erwerbstätigkeit vorgenommen werden.

Vgl. hierzu etwa Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 32f.

Gegen die Annahme, die hälftige Erstattung der Aufwendungen für eine angemessene Alterssicherung sei pro Pflegekind zu zahlen, sprechen dabei Sinn und Zweck der Vorschrift unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Motive. Der Gesetzgeber hat bei der Einfügung des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII darauf verwiesen, dass zukünftig "(w)ie bei der Bemessung des Pflegegelds für Tagespflegepersonen (§ 23) ... auch bei Vollzeitpflege die Kosten für die hälftigen Beiträge für eine angemessene Alterssicherung sowie die Kosten einer Unfallversicherung der Pflegeperson übernommen" würden.

Vgl. Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung und zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Tagesbetreuungsausbaugesetz - TAG), BT-Drs. 15/3676 vom 6. September 2004, S. 36.

Gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII umfasst die an eine Tagespflegeperson zu leistende laufende Geldleistung die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson. Bei der Einfügung dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber darauf verwiesen, dass hierdurch nach "dem Vorbild von § 65 SGB XII (Hilfe zur Pflege)" ausdrücklich bestimmt werde, dass das Pflegegeld neben dem Sachaufwand für das Kind und der Anerkennung der Erziehungsleistung der Tagespflegeperson auch die hälftige Erstattung der Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson sowie die Kosten einer Unfallversicherung für die Tagespflegeperson enthalte.

Vgl. Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung und zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Tagesbetreuungsausbaugesetz - TAG), BT-Drs. 15/3676 vom 6. September 2004, S. 33.

Laut dem damit in Bezug genommenen § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Pflegebedürftigen im Sinne des § 61 Abs. 1 SGB XII die angemessenen Aufwendungen der Pflegeperson zu erstatten; auch können angemessene Beihilfen geleistet sowie Beiträge der Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung übernommen werden, wenn diese nicht anderweitig sichergestellt ist.

Anders als diese Vorschrift sprechen § 23 Abs. 2 Nr. 3 und § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nur von einer "hälftige(n) Erstattung". Diese Beschränkung kann, da dem Gesetzgeber die anderslautende Norm des § 65 SGB XII offensichtlich bekannt war, nur als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers dahingehend verstanden werden, dass die Kosten einer angemessenen Alterssicherung nur zur Hälfte, im Sinne eines "Arbeitgeberanteils",

vgl. Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 39, Rn. 34,

von der Jugendhilfe zu tragen sind, unabhängig von der Zahl der betreuten (Tages-)Pflegekinder. Vor diesem Hintergrund spricht gegen die Annahme einer pflegekindbezogenen Erstattung insbesondere, dass es etwa bei drei Pflegekindern in einer Pflegefamilie zu einer Erstattung in Höhe von 150 % der angemessenen Alterssicherungsaufwendungen kommen würde; die ausdrückliche Beschränkung auf die "hälftigen Aufwendungen" spricht aber gerade dagegen, dass eine derartige Überkompensation dem Sinn und Zweck des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII gerecht würde.

Den Antrag des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, ihm jeweils nachgewiesene Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung für jedes Pflegekind jeweils in Höhe des hälftigen Mindestbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung ab 1. November 2010, hinsichtlich des Pflegekindes K. K1. bis zur Beendigung des Pflegeverhältnisses am 12. Februar 2014, zu erstatten, hat das Verwaltungsgericht offenbar stillschweigend dahingehend ausgelegt, dass damit nur die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung eines weiteren "zweiten" Erstattungsbetrages zur Alterssicherung beantragt werden sollte. Dies war insoweit sachgerecht als die Klage im Hinblick auf einen "ersten" Erstattungsbetrag mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig gewesen wäre, weil dem Kläger ein solcher unstreitig gewährt wird. Insgesamt streitgegenständlich waren demnach abweichend vom Wortlaut des klägerischen Antrags lediglich drei, nicht vier Erstattungsbeträge.

Der Bescheid vom 4. Juli 2013, mit dem die Gewährung eines weiteren (zweiten) Erstattungsbetrags zu den Aufwendungen seiner Alterssicherung abgelehnt wurde, verletzt den Kläger entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Wie dargestellt, steht dem Kläger ein weiterer - zweiter - Erstattungsbetrag neben der bereits gewährten Kostenerstattung nicht zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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