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Vergütung für Aufnahme eines Pflegekindes kann "Hartz IV"- Anspruch mindern
Die alleinlebende Klägerin ist als Bereitschaftspflegerin tätig und betreut Kinder in Vollzeitpflege. Die hierzu von ihr mit einem gemeinnützigen Träger geschlossene Vereinbarung sieht für die Aufnahme eines Kindes eine monatliche Vergütung für den Sachaufwand in Höhe von 496,00 € und für Pflege und Erziehung des Kindes in Höhe des vierfachen Satzes des vom Landesjugendamt festgesetzten Betrages von 231,00 €, mithin 924,00 €, vor. Zusätzlich sind weitere Vergütungsbestandteile wie z.B. eine "Urlaubsabgeltung" vorgesehen.
Ab September 2013 nahm die Klägerin ein Kind im Rahmen der Bereitschaftspflege bei sich auf, wofür sie eine fortlaufende monatliche Vergütung von etwa 1.500,00 € erhielt. Ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II lehnte das Jobcenter ab.
Nach § 11a Absatz 3 SGB II (*Wortlaut siehe unten) seien sowohl die Entschädigung für den Sachaufwand des Kindes, als auch beim ersten und zweiten Pflegekind der Betrag für Kosten der Erziehung nicht als Einkommen der pflegenden Person anzurechnen. Unter Berücksichtigung der durch das Landesjugendamt festgelegten Beträge hätten mithin für die Betreuung eines Kindes bis unter 6 Jahren ein Sachaufwand von 496,00 € und ein Betrag für Pflege und Erziehung in Höhe von 231,00 € (zusammen 727,00 €) anrechnungsfrei bleiben müssen. Da die Klägerin lediglich ein Kind betreut habe, könnten die Beträge für Sachaufwand und Erziehung auch nur einmal als privilegiertes Einkommen berücksichtigt werden. Das verbleibendende Einkommen von über 700,00 € decke den aus der Regelleistung (382,00 €), den Unterkunftskosten (156,08 €) und den Beiträgen zur privaten Kranke- und Pflegeversicherung (152,27 €) bestehenden Bedarf der Klägerin.
Die hiergegen gerichtete Klage wurde durch das Sozialgericht Leipzig abgewiesen. Zwar könne der Wortlaut des § 11a Abs. 3 Satz 2 SGB II den Schluss rechtfertigen, dass die für Pflege und Erziehung eines ersten (und auch zweiten) Pflegekindes erbrachten Leistungen ungeachtet ihrer tatsächlichen Höhe und Zusammensetzung gänzlich anrechnungsfrei zu bleiben hätten. Die Vorschrift bedürfe jedoch einer einschränkenden Auslegung. So fänden in der Gesetzesbegründung nur die einfachen Beträge für Pflege und Erziehung in Höhe von seinerzeit 202,00 € im Monat Erwähnung. Auch das Bundessozialgericht habe für die vormalige Gesetzeslage zum Ausdruck gebracht, dass ein aus einer erwerbstätigkeitsähnlichen professionellen Pflegetätigkeit erzieltes Einkommen auf SGB II-Leistungen angerechnet werden müsse. Selbst unter Berücksichtigung der gebotenen Honorierung der Erziehungsleistung der Klägerin sei es daher nicht gerechtfertigt, ihr ohne jede Anrechnung ihrer Einkünfte zusätzlich die steuerfinanzierte Grundsicherung zu gewähren. Das Jobcenter habe daher zu Recht von der Anrechnung nur die Leistungen für den Sachaufwand des Kindes und den einfachen Betrag für Pflege und Erziehung ausgenommen. Mit dem verbleibenden Einkommen könne die Klägerin ihren Bedarf decken.
§ 11a Abs. 3 SGB II lautet:
Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend von Satz 1 sind als Einkommen zu berücksichtigen …die Leistungen nach § 39 des
Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
a) für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
b) für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig,
Hier können Sie das Urteil lesen.
Presseerklärung des Sozialgerichtes Leipzig
von:
Empfehlung zur Erhöhung der Alterssicherung im Pflegegeld