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Rückführung eines Pflegekindes im Rahmen einer Verbleibensanordnung
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Kurze Zusammenfassung des Geschehens
Die Pflegeeltern hatten das Kind vor sechs Jahren aufgenommen. Dabei handelte es sich von Beginn an um eine auf Dauer angelegte, nämlich mit dem Ziel der Adoption des Kindes eingerichtete Pflege. Als bekannt wurde, dass der Pflegevater wegen Strafbelangen im Rahmen von kinderpornografischen Schriften rechtskräftig verurteil worden war, nahm der Vormund das Kind aus der Pflegefamilie. Die Pflegeeltern stellten unmittelbar einen Antrag auf Verbleib des Kindes bei ihnen. Das Kind wurde nach der Herausnahme in eine andere Adoptionspflegefamilie gegeben. Dort konnte es nicht bleiben und lebte dann in einer Wohngruppe.
Das Gericht sah bei einer Rückkehr des Kindes zu den Pflegeeltern sein Kindeswohl gefährdet, obwohl die Pflegeeltern sich beide weiterhin für geeignet erklärten.Nachdem eine Rückkehr zu beiden Pflegeelternteilen durch das Gericht untersagt worden war, trennten sich die Pflegeeltern und die Pflegemutter stellte einen Verbleibensantrag nochmals für sich allein. Das OLG Brandenburg sah nun, nach dieser Veränderung innerhalb der Pflegefamilie, eine Rückkehr des Kindes zur Pflegemutter als notwendig für das Wohl des Kindes an, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ein Kontakt zum Pflegevater untersagt sein würde.
In seiner Begründung bezog sich das Gericht besonders auf Sinn und Möglichkeiten einer Verbleibensanordnung, welche sich ausschließlich am Wohl und Wille des Kindes zu orientieren habe
Auszüge aus dem Urteil
Gemäß § 1632 Abs. 4 BGB kann das Familiengericht, wenn die Eltern oder – wie im vorliegenden Fall – der Vormund das Kind von der Pflegeperson wegnehmen wollen, von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen, dass das Kind, das seit längerer Zeit in der Familienpflege lebt, bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde. Diese Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass bei einem länger andauernden Pflegeverhältnis und der daraus erwachsenen Bindung zwischen den Pflegeeltern und dem Pflegekind sich auch die Pflegefamilie auf den Grundrechtsschutz aus Art. 6 Abs. 1 GG berufen kann, so dass Art. 6 Abs. 3 GG bei der Entscheidung über die Herausnahme des Kindes aus seiner „sozialen Familie“ zu beachten ist.
Im Rahmen der erforderlichen Abwägung bildet das Kindeswohl den Richtpunkt und ist bei Interessenkonflikten maßgeblich. Dies bedeutet, dass eine mögliche Kindeswohlgefährdung durch Herausnahme aus der Pflegefamilie gegenüber einer anderen erheblicheren Gefährdung zurückzutreten hat, die dem betroffenen Kind bei einem dortigen Verbleiben drohen würde.
Das Gesetz will damit das Kind vor einer Herausnahme aus einer Pflegefamilie zur Unzeit schützen. Ein zwischen Kind und Pflegeeltern seit längerer Zeit bestehendes Familienpflegeverhältnis soll nicht zum Schaden des Kindes zerstört werden.
Nach dem Wortlaut erfasst diese Vorschrift (nur) einen Verbleib des Kindes, also einen der Sache nach ununterbrochenen Aufenthalt bei den Pflegeeltern. Allerdings ermöglicht § 1632 Abs. 4 BGB auch die Anordnung einer Rückführung des Kindes zu seinen Pflegeeltern, wenn die Beendigung des Aufenthalts des Kindes bei der Pflegeperson in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Verfahren über die Verbleibensanordnung steht. Denn eine in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erfolgte und damit bezogen auf die Antragstellung nach § 1632 Abs. 4 BGB nur kurzfristige bzw. vorübergehende Herausnahme des Kindes stellt dessen Verbleib bei den Pflegeeltern - vorausgesetzt der Antrag hat auch in der Sache Erfolg - nicht in Frage.
Zu den Anforderungen und Folgen einer Verbleibensanordnung nach 1632.4 BGB in einer Bereitschaftspflege