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13.10.2015
Gerichtsbeschluss
vom: 
05.03.2015

Kostenheranziehung von jungen Menschen in der stationären Jugendhilfe

Das Verwaltungsgericht weist darauf hin, dass von einer Kostenheranziehung eines jungen Menschen in Ausbildung im Rahmen einer Ermessensentscheidung abgesehen werden kann und dass, wenn eine Kostenheranziehung unumgänglich ist, nur die Einkünfte des Vorjahres heranzuziehen sind.

In der Verwaltungsstreitsache Klägerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
g e g e n
das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin-Rechtsamt

Beklagten,
hat das Verwaltungsgericht Berlin, 18. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht Amelsberg
als Berichterstatter im Wege schriftlicher Entscheidung am 5. März 2015
für Recht erkannt:
Der Bescheid des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg von Berlin vom 25.Juni 2013 und der ergänzende Bescheid vom 10.Januar 2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 5. September 2014 ( und ) werden aufgehoben, soweit darin ein Kostenbeitrag gegen die Klägerin für den Zeitraum ab dem 3. Dezember 2013 festgesetzt wird.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag.Dieim A_____1997 geborene Klägerin wird seit 1999 in Vollzeitpflege betreut. Am 18. Juni 2013 begann sie eine dreijährige Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten, für die sie eine Ausbildungsvergütung in Höhe von (brutto ) 565 Euro, ab dem Juni 2014 von (brutto) 610 Euro erhielt. Mit Bescheid vom 25. Juni 2013 setzte der Beklagte für die Zeit ab dem 15. Juni 2013 einen Kostenbeitrag zu der geleisteten Jugendhilfe in Höhe von 75% vom erzielten Nettoeinkommen fest. Am 9. Dezember 2013 beantragte der Vormund der Klägerin die Freistellung von dem Kostenbeitrag aufgrund einer gesetzlichen Änderung, da die Ausbildung dem Zweck der Jugendhilfeleistung diene. Mit Bescheid vom 10. Januar 2014 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da die Voraussetzungen für ein Absehen oder eine Kürzung im Hinblick auf die von der Klägerin absolvierte Ausbildung nicht vorlägen. Hiergegen erhob der Vormund am 17. Februar 2014 Widerspruch.

Am 14. März 2014 legte er auch Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Juni 2013 ein, der ihm bis dahin nicht zugestellt oder bekannt gewesen sei. Er führte aus, es sei von der Erhebung des Kostenbeitrages abzusehen, auch ein Verzicht wegen besonderer Härte sei zu berücksichtigen; zudem habe die Klägerin erst im Jahr 2013 mit der Ausbildung begonnen und im für die Berechnung somit maßgeblichen Jahr 2012 kein eigenes Einkommen erzielt, weshalb sich auch deshalb kein Kostenbeitrag ergebe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2014 hob derBeklagte auf den Widerspruch vom 14. März 2014 den Bescheid vom 25. Juni 2013 für die Zeit bis zum 17. Juni 2013 auf und wies den Widerspruch für die Zeit ab dem 18.Juni 2013 mit der Begründungzurück, die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Heranziehung der Klägerin zu einem Kostenbeitrag lägen insoweit vor. Ein Absehen von der Heranziehung oder ein Kürzung des Kostenbeitrages komme nicht in Betracht. Ein Härtefall könne nicht angenommen werden. Die Voraussetzungen für eine Kürzung nach Ermessen lägen nicht vor. Für die Kostenbeitragsberechnung sei auch nicht das Einkommen aus dem Vorjahr maßgebend. Mitweiterem Widerspruchsbescheid vom 5. September 2014 wies der Beklagte auch den Widerspruch vom 17.Februar 2014 zurück, lehnte die Freistellung von der Kostenbeitragspflicht ab und führte zurBegründung entsprechend aus.
Hinsichtlich beider Widerspruchsbescheidehat dieKlägerinam 8. Oktober 2014 Klage erhoben.
Sie trägt dazu vor, es sei zur Berechnung des Kostenbeitrages auf das Einkommen in dem der Leistung vorangehenden Kalenderjahr abzustellen. Dies sei nicht geschehen. Auch habe der Beklagte die Entscheidung, nicht von einer Kostenbeitragspflicht abzusehen, ermessensfehlerhaft getroffen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,die Bescheide des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg von Berlin vom 25.Juni 2013 und 10.Januar 2014in der Gestalt derWiderspruchsbescheide vom 5. September 2014( und ) aufzuheben, soweit darin ein Kostenbeitrag gegen sie für den Zeitraum ab dem 3. Dezember 2013 festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf die angegriffenen Bescheide, deren Ausführungen er mit Schriftsatz vom 15. Januar 2015vertiefend dazu ergänzt, dass zur Bemessung der Kostenbeitragspflicht der Klägerin auf das Einkommen des Bedarfsmonats abgestellt werden könneund die Ausbildung der Klägerin nicht zu den bevorzugten-zu einer Kostenbeitragskürzung führenden -Tätigkeiten gehöre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachund Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie den Verwaltungsvorgang desBeklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind

Entscheidungsgründe

Über die Klage konnte im Wege schriftlicher Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Vorgehensweise erklärt haben (§ 101 Abs. 2, § 87a Abs. 2 und 3 VwGO).

Die Klage ist begründet. Die angegriffenen Bescheide sind, soweit sie eine Kostenbeitragspflicht der Klägerin ab dem 3. Dezember 2013 festsetzen, rechtswidrig und verletzendie Klägerin danach in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach-und Rechtslage ist bei Anfechtung eines Kostenbeitragsbescheides der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung, hier der Widerspruchsbescheide vom 5. September 2014 (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.April 2013 -5 C 18.12 -Buchholz 436.511 § 93 SGB VIII Nr5, juris Rn. 9 und vom 12. Juli 1996 -5 C 18.95 -FEVS 47, 149, juris Rn. 7).
Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu einem Kostenbeitrag ist § 92 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Nr. 5 lit. a SGB VIII. Danach sind Jugendliche -wie hier die im A_____1997 geborene Klägerin -(§ 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII) zu den Kosten der Hilfe der Erziehung in Vollzeitpflege aus ihrem Einkommen heranzuziehen. Die Heranziehung erfolgt durch die Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird (§ 92 Abs. 2 Hs. 1 SGBVIII). Der Umfang der Heranziehung für junge Menschen (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 SGBVIII) bestimmt sich nach § 94 Abs. 6 SGB VIII.

Vorliegend erfolgte die Erhebung des Kostenbeitrages auf der Grundlage von § 94 Abs. 6 SGBVIII für den Streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 3. Dezember 2013 rechtsfehlerhaft.

Die Vorschrift des § 94 Abs. 6 SGB VIII lautet in der seit dem 3.Dezember 2013 geltenden und hier anzuwendenden Fassung (des Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder-und Jugendhilfe [Kinder-und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetz -KJVVG] vom 29. August 2013, BGBl. I S. 3464[zum Inkrafttreten Art.3 Abs. 1 KJVVG]):
„Bei vollstationären Leistungen haben junge Menschen und Leistungsberechtigte nach § 19 nach Abzug der in § 93 Absatz 2 genannten Beträge 75 Prozent ihres Einkommens als Kostenbeitrag einzusetzen. Es kann ein geringerer Kostenbeitrag erhoben oder gänzlich von der Erhebung des Kostenbeitrags abgesehen werden, wenn das Einkommen aus einer Tätigkeit stammt, die dem Zweck der Leistung dient. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um eine Tätigkeit im sozialen oder kulturellen Bereich handelt, bei der nicht die Erwerbstätigkeit, sondern das soziale oder kulturelle Engagement im Vordergrund stehen."

Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 94 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII im Grundsatz gegeben sind.

Entgegen der Auffassung des Beklagten zur Kostenbeitragsberechnung aber ist für die Berechnung der Höhe des Einkommens im Sinne des § 94 Abs. 6 Satz 1 SGBVIII nicht auf das Einkommen im Zeitraum der Leistung abzustellen. Der maßgebende Zeitraum für die Berechnung folgt vielmehr aus § 93 Abs. 4 SGB VIII. DieseVorschrift (unter der gesetzlichen Paragraphenüberschrift „Berechnung des Einkommens“) lautet in der Fassung des Kinder-und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetzes:
„Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.“

Die Begründung des Gesetzesentwurfes führt zu dieser Bestimmung aus(BT-Drs. 17/13023, S. 10 f., 14 f.):„Unsicherheiten der Praxis, wie das bei der Berechnung des Kostenbeitrags nach den §§ 91 ff. SGB VIII zu Grunde zu legende Einkommen zu ermitteln ist, wird durch die Einführung eines neuen, klarstellenden § 93 Absatz 4 SGB VIII begegnet. ...

"Die Anfügung des neuen Absatzes 4 dient der Klarstellung, welcher Zeitraum für die Berechnung des Einkommens zu betrachten ist: Aus einem Jahreseinkommen ist das durchschnittliche Monatseinkommen zu ermitteln. Die Bildung des Durchschnitts verhindert eine Benachteiligung selbstständig erwerbstätiger Kostenbeitragsschuldner gegenüber unselbstständig erwerbstätigen Kostenbeitragsschuldnern. Denn häufig ist selbstständige Tätigkeit durch hohe Schwankungen beim Umsatz gekennzeichnet. In Monaten, in denen hohe Einnahmen anfallen, stehen den Einkünften nicht zwangsläufig die damit verbundenen Ausgaben gegenüber. So treten Unternehmerinnen und Unternehmer oftmals in Vorleistung, die Einnahmen fallen dann zu einem späteren Zeitpunkt an. Bei strenger monatsweiser Betrachtung der Einkommenssituation müssten Selbstständige damit rechnen, in dem Monat, in dem sie eine Einnahme erzielen, mit einem unverhältnismäßig hohen Kostenbeitrag belastet zu werden, weil die mit der Einnahme verbundenen Ausgaben in einem anderen Monat angefallen sind. Die mit der Einkommenserzielung verbundenen Ausgaben könnten sie nicht zwingend einkommensmindernd geltend machen, weil sie in einem Monat fällig werden, in denen die Ausgaben über den Einnahmen liegen.
Grundsätzlich wird das durchschnittliche Monatseinkommen des Kalenderjahres berechnet, das dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme der Kinder-und Jugendhilfe vorangeht. So kann zeitnah zur Leistung oder Maßnahme der Kostenbeitrag erhoben werden. Die mit den Kostenbeiträgen bezweckte Entlastung der Kommunen kann unmittelbar auf ihre Belastung folgen, denn gegenüber den Jugendhilfeleistungserbringern werden die Kosten regelmäßig monatlich abgerechnet. Bei einer mehrjährigen Leistung oder Maßnahme ist eine jährliche Neuberechnung des Einkommens und damit eine jährliche Aktualisierung des Kostenbeitrags sichergestellt.
Um zu verhindern, dass eine kostenbeitragspflichtige Person unangemessen belastet wird, besteht für sie die Möglichkeit, nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres der Leistung oder Maßnahme geltend zu machen, dass das durchschnittliche Monatseinkommen im abgelaufenen Jahr geringer war als im Jahr davor und deshalb maßgeblich sein soll. Es findet dann eine Neuberechnung des Einkommens auf der Grundlage der aktuellen Einkommensverhältnisse statt, die ggfs. zu einer Abänderung des ursprünglich ermittelten Kostenbeitrags führt. Zu viel gezahlte Beiträge sind dann zu erstatten. Um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten, geschieht eine solche Neuberechnung nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag der oder des Betroffenen.“

Durch diese vom Gesetzgeber eingefügte Legaldefinition des Einkommens im Sinne des Kostenbeitragsrechts ist die Bezugsgröße -und das nicht nur für Selbständige -klargestellt (vgl. zur zuvor geltenden Rechtslage BVerwG, Urteile vom 18. April 2013 -5 C 18.12 -Buchholz 436.511 §93 SGB VIII Nr 5, juris Rn. 11und vom 19. März 2013 -5 C 16.12 -Buchholz 436.511 § 93 SGB VIII Nr 4, juris Rn.23 [„Einkommen ist danach alles das, was jemand in der Bedarfsoder Hilfezeit wertmäßig dazu erhält.“]). Es ist nach § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII grundsätzlich auf das durchschnittliche Monatseinkommen abzustellen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder
Maßnahme vorangeht.
Diese Regelung ist auch im Rahmen des § 94 Abs. 6 SGB VIII anzuwenden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Satz 1 dieser Vorschrift, derbestimmt, dass „nach Abzug der in § 93 Abs.2 SGB VIII genannten Beträge 75 Prozent [d]es Einkommens als Kostenbeitrag einzusetzen“ ist, und damit auf das „Einkommen“ abstellt. Eine Einschränkung der Einkommensbegriffsbestimmung auf bestimmte kostenbeitragspflichtige Personen im Sinne des § 92 Abs. 1 SGB VIII -insbesondere etwa ein Ausschluss betreffend Jugendliche(§ 92 Abs. 1 Nr. 1SGB VIII) -findet sich in der der allgemeinen Vorschrift zur „Berechnung des Einkommens“ zugeordneten Regelung des § 93 Abs. 4 SGB VIII ebenso wenig wie in § 94 Abs. 6 SGB VIII selbst.
Die Gesetzessystematik streitet vor diesem Hintergrund ebenfalls für dieses Verständnis. Der Hinweis (vgl. Frau Dr. S_____[Referatsleiterin imBundesministerium für Familie, Senioren, Familie und Jugend], Stellungnahme vom 27.2013), dass die Kostenheranziehung in §94 Abs. 6 SGB VIII speziell geregelt sei, was durch die neu eingefügten Sätze 2und 3 der Vorschrift unterstrichen werde, führt nicht zu einer von § 93 Abs.4 SGB VIII abweichenden Bestimmung des maßgeblichen Einkommensbegriffs. § 94 Abs. 6 SGB VIII bestimmt keine ausdrückliche Ausnahme von dem allgemein gesetzlich bestimmten Einkommensbegriff in § 93 Abs. 4 SGB VIII. Vielmehr nimmt er zur Bestimmung der Einkommensbezugsgröße für den bei vollstationären Leistungen von jungen Menschen zu erhebenden Kostenbeitrag explizit - wie bisher -auf § 93 Abs. 2 SGB VIII Bezugund fordert dessen Berücksichtigung. Der sich in § 93 Abs. 2 SGB VIII findende Einkommensbegriff ist erkennbar aber gerade derjenige, der in §93 Abs. 4 SGB VIII definiert ist (vgl. Kunkel/Kepert, in LPK-SGB III, 5. Aufl. 2014, §93 Rn. 4 [Begriff des Einkommens (Abs.1 Satz 1, 2 i.V.m. Abs. 4)]).

Dass in § 94 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII ein ausdrücklicher Bezug auf § 93 Abs. 4 SGBVIII fehlt, bedingt kein anderes Ergebnis (a.A. Frau Dr. S_____, Stellungnahme vom 27. September 2013). Aus der fehlenden Erwähnung des § 93 Abs.3 SGBVIII in § 94 Abs.6 Satz 1 SGBVIII folgt zwar dessen fehlende Anwendbarkeit im Rahmen von § 94 Abs. 6 SGB VIII (vgl. Degener, in Jans/Happe/Saurbier/Maas, Jugendhilferecht, § 94 SGBVIII Rn.22, Stand April 2014; DIJuF-Rechtsgutachten vom4. Oktober 2013 -J8.300 Sch, JAmt 2013, 514 <515>). Die Regelung des §93 Abs. 3 SGB VIII betrifft aber lediglich den Abzug von Belastungen vom Einkommen und damit die der Einkommensbestimmung nachfolgende Berechnung des zu leistenden Kostenbeitrages. Diese ist in der Tat in § 94 Abs.6 SGBVIII -mit dem 25%-Pauschalabzugbetrag -gesondert geregelt. Für die Ermittlung der Ausgangsgröße -des Einkommens -selbst gibt das Argument der fehlenden Anführung des §93 Abs. 4 SGB VIII in §94 Abs. 6 SGB VIII indes nichts her. Denn dafür sind die Vorgaben des § 93 Abs. 1 und 2SGB VIII heranzuziehen (vgl. Stähr, in Hauck/Noftz, SGB VIII, § 94 Rn. 29, Stand Juni 2014). Diese wiederum stehen in einem Sinnzusammenhang mit § 93 Abs. 4 SGB VIII(vgl. Kunkel/Kepert, in LPK-SGB III, 5.Aufl. 2014, §93 Rn.4), welcher nach dem Gesetzeswortlaut und der Vorstellung des Gesetzgebers eine klarstellende und umfassende Legaldefinition des Einkommensbegriffs im Kostenbeitragsregime nach § 91 ff. SGB VIII ist(vgl. BT-Drs. 17/13023, S.10).Dass diese Legaldefinition nun in § 94 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII trotz der dortigen Erwähnung des § 93 Abs.2 SGB VIII -der durch dessen Abs. 4 näher definiert wird -wegen derAuslassung eines Hinweises auf § 93 Abs. 4 SGBVIII eine Einschränkung erführe, überzeugt in Ansehung des Gesetzeswortlauts und der Gesetzessystematik sowie -in historisch-genetischer Hinsicht -der Gesetzesbegründung nach alledem erkennbar nicht (vgl. Söfker [Referentin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend],Änderungen im Kostenbeitragsrecht der Kinder-und Jugendhilfe, JAmt 2013, 434 <436>; DIJuF-Rechtsgutachten vom 4. Oktober 2013 -J 8.300 Sch -, JAmt 2013, 514 <514 ff.>).
Vielmehr ist auch für die Einkommensermittlung nach § 94 Abs. 6 SGB VIII die Bestimmung des § 93 Abs.4 SGBVIII anzuwenden (vgl. Stähr, in Hauck/Noftz, SGBVIII, § 94 Rn. 29, Stand Juni 2014; wohl auch Patjens, in GK-SGBVIII, § 94 Rn. 4, Stand Dezember 2013).Dies folgt auch daraus, dass der Gesetzgeber mit der Gesetzesänderung gerade auf die zeitlich nah
vorangehende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Nachweise s.o.) reagiert hat (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 4. Oktober 2013 -J8.300 Sch -, JAmt 2013, 514 <514>), die als maßgeblich für die Kostenbeitragsberechnung das Einkommen in der Bedarfs oder Hilfezeit erachtete. Er unterließ es dabei indes, -trotz der Ergänzung des § 94 Abs. 6 SGB VIII um die Sätze 2 und 3 -in § 94 Abs. 6 SGB VIII eine gesonderte Regel zu verfügen oder aber in der Gesetzesbegründung einen substantiellen Hinweis auf eine insoweit ausnahmsweise andere Bestimmung des maßgeblichen Einkommens zu hinterlassen. Dies hätte im Übrigen auch eine Abkehr von dem vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung bestehenden Gleichklang in der Bestimmung des maßgeblichen Einkommens nach § 93 Abs. 1 und 2 SGB VIII und § 94 Abs. 6 SGB VIII (vgl. dazu etwa VG Augsburg, Urteil vom 24. Februar 2011 -Au 3 K 09.578 -juris Rn. 14 f.; Patjens, in GK-SGB VIII, § 94 Rn.14, Stand Dezember 2013; DIJuF-Rechtsgutachten vom 10. Mai 2006-J3.317 Sch -, JAmt 2006, 294 <294>) zur Folge.

Dabei können sich auch bei jungen Menschen, die nach dieser Vorschrift zu einem Kostenbeitrag herangezogen werden, ohne weiteres (monatliche) Schwankungen in der Einkommenserzielung ergeben, etwa wenn -wie in der Begründung des Gesetzesentwurfes zu §94 Abs. 6 Satz 2 und 3 SGB VIII ausdrücklich erwähnt ist (vgl. BT-Drs. 17/13023, S. 15) -Entlohnungen für Tätigkeiten als Zeitungsbote, Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten oder Honorare für Tätigkeiten im sozialen oder kulturellen Bereich erzielt werden oder auch andere nicht ohne Weiteres im Voraus in der Höhe kalkulierbare Einkünfte im Sinne des § 93 Abs. 1 SGB VIII zu berücksichtigen sind (vgl. die umfangreiche Aufzählung in Betracht kommender Arten von Einkünftenin Geld bei Mann, in Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4.Aufl. 2012, §93 Rn. 3).Auch Sinn und Zweck der Regelung des § 94 Abs. 6 SGB VIII stellendieses Normverständnis nicht in Frage(vgl. i.Erg. so auch DIJuF-Rechtsgutachten vom 4. Okto-ber 2013 -J8.300 Sch -, JAmt 2013, 514 <516>). Die Begründung des Gesetzesentwurfes zur vormaligen Änderung des § 94 Abs. 6 [heute Satz 1] SGB VIII im Jahr 2008 stellte heraus, dass junge Menschen aus ihrem Einkommen nur an den Kosten vollstationärer Leistungen beteiligt werden und dass eine Klarstellung zur Berechnung erfolgte, weil bei der zuvor geltenden Regelung Missverständnisse aufgetreten waren, die zu einer so hohen finanziellen Belastung junger Menschen geführthatte, dass keinerlei Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mehr gegeben war (vgl. BT-Drs. 6/9299, S. 19).

Ähnlich formulierte es die Begründung des Gesetzesentwurfes zum KJVVG. Dort heißt es zu § 94 Abs. 6SGB VIII (BT-Drs. 17/13023, S.15):
„Nach bisheriger Rechtslage hatten die Jugendämter keinen rechtlichen Spielraum, um in besonderen Fällen von der Kostenheranziehung junger Menschen in vollstationärer Unterbringung absehen zu können. Eine Kostenbeteiligung stationär untergebrachter Kinder und Jugendlicher kann jedoch in Einzelfällen zu dem Auftrag der Kinder-und Jugendhilfe in Widerspruch stehen, junge Menschen in die Gesellschaft zu integrieren und sie zu einem eigenständigen, selbstverantwortlichen Leben zu erziehen und zu motivieren. Diesem Auftrag läuft eszuwider, wenn jungen Menschen die (ggf. ohnehin geringe) finanzielle Anerkennung für eine Tätigkeit genommen wird, die gerade dem (pädagogischen) Zweck der Jugendhilfeleistung dient. Hierzu gehören Tätigkeiten, in denen der junge Mensch Eigeninitiative ergreift und sich Verantwortungsbewusst gegenüber seinem Leben und seiner Zukunft zeigt.“

Dass die folglich mit der Bestimmung verbundene Anreizfunktionzur Aufnahme entsprechender Tätigkeiten oder einer sonstigen Erwerbstätigkeit durch eine Anwendung des § 93 Abs. 4 SGB VIII auf § 94 Abs. 6 Satz1 SGB VIII unterminiert würde, ist nicht erkennbar(a.A. wohl Frau Dr. S_____, Stellungnahme vom 27.September 2013), eher das Gegenteil ist der Fall(vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 4. Oktober 2013 -J8.300 Sch -, JAmt 2013, 514 <516>).

Das weitere Argument des Beklagten, letztlich solle nach dem Sinn der gesamten Regelung doch entscheidend sein, welche Einkünfte im Festsetzungszeitraum tatsächlich zuflössen, verfängt aus den obigen Gründen nicht, insbesondere da ein solches Verständnis mit dem Wortlaut von § 93 Abs. 4 Satz 1 SGBVIII und den Optionen nach §93 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB VIII nur schwerlich in Einklang zu bringen ist.

Die gesetzgeberische Entscheidung, für die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens auf vergangeneEinkommensverhältnisse abstellen, ist auch nicht ungewöhnlich. Es finden sich im Sinne der Verwaltungsvereinfachung auch an anderer Stelle entsprechende Vorgaben (vgl. zu landesrechtlichen Regelung erg. § 2 Abs.2 des Berliner Tagesbetreuungskostenbeteiligungsgesetzes, dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Dezember 2014 -OVG 6 N 86.14 -juris). So regelt etwa das Bundesausbildungsförderungsgesetz, dass für die Anrechnung des Einkommens der Eltern und des Ehegatten oder Lebenspartners des Auszubildenden die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgebend sind (§ 24 Abs. 1 BAföG). Im Falle voraussichtlich wesentlich niedriger aktueller Einkommen wird -vergleichbar § 93 Abs. 4 Satz 2 bis 4 SGB VIII - die Möglichkeit eröffnet, auf besonderen Antrag des Auszubildenden bei der Anrechnung von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Hs.1 BAföG). Eine Vorgabe wie in § 22 Abs. 1 Satz 1 BAföG, dass für die Anrechnung des Einkommens des Auszubildenden hingegen stets die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum maßgebend sind, enthalten die Bestimmungen der §§ 91 ff. SGB VIII bezogen auf den jungen Menschen demgegenüber nicht. EinVerweis auf eine mangelnde Zahl von Anwendungsfällen bedingt keine abweichende Gesetzesinterpretation. Dass eine andere - auf ein aktuelleres Einkommen abstellende - Regelung zurKostenbeteiligung des jungen Menschen sinnvoller erscheinen soll(so wohl Frau Dr. S_____, Stellungnahme vom 27. September 2013;s.a.DIJuF-Rechtsgutachten vom 4. Oktober 2013 J 8.300 Sch -, JAmt 2013, 514 <515>), mag den Gesetzgeber zu einem erneuten Tätigwerden veranlassen.

Die derzeitige Regelung des §94 Abs. 6 Satz 1 SGBVIII aber ist aus den oben genannten Gründen in eindeutiger Weise auszulegen und anzuwenden. Der Beklagte hat danach das Einkommen, das die Höhe des Kostenbeitrages nach §94 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII bestimmt, in unzutreffender Weise ermittelt. Die Frage, ob und, wenn ja, in welcher Höhe der auf eine Geldforderung ausgerichtete Kostenbeitragsbescheid aufrechterhalten werden könnte (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 4. September 2008 -9 B 2.08 -Buchholz 310 § 113 Abs 1 VwGO Nr 32; VGH München, Urteil vom 7. Oktober 2013-4 B 13.209 -NVwZ-RR 2014, 243, jurisRn.29), kann vorliegend dahinstehen. Denn der angegriffene Bescheid ist des Weiteren deswegen rechtsfehlerhaft, weil das im Rahmen des § 94 Abs. 6 Satz 2 und 3 SGBVIII vom Beklagten betätigte Ermessen (vgl. Seiten 4 der Widerspruchsbescheide) auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage - nämlich bezogen auf nicht rechtmäßig ermittelte Einkommenshöhe - ausgeübt wurde (vgl. §114 Satz1 VwGO).

Der Bescheid ist folglich in vollem Umfang aufzuheben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19.Aufl. 2013, § 113 Rn. 20, § 114 Rn. 12).

Ungeachtet dessen ist zu ergänzen, dass die inhaltlichen Erwägungen des Beklagten zu § 94 Abs. 6 Satz 2 und 3 SGB VIII ebenfalls Anlass zu Beanstandungen bieten. Gemäß § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB VIIIkannein geringerer Kostenbeitrag erhoben oder gänzlich von der Erhebung des Kostenbeitrags abgesehen werden, wenn das Einkommen aus einer Tätigkeit stammt, die dem Zweck der Leistung dient.Diese Bestimmung wird vom Beklagten im Widerspruchsbescheid durch eine Überbetonung des § 94 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII in unzutreffender Weise verkürzt. Es bleibt zu beachten, dass in Satz 3 der Vorschrift lediglich Beispielsfälle („insbesondere“) benannt werden, mithin keine Beschränkung auf diese Fälle erfolgt. Der prinzipielle und umfassendere Maßstab ist in § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB VIII festgeschrieben (vgl. auch Begründung des Gesetzesentwurfes,BT- Drs. 17/13023, S.15;Söfker, Änderungen im Kostenbeitragsrecht der Kinder-und Jugendhilfe, JAmt 2013, 434 <439 [linke Spalte, erster Absatz]>).

Ausbildungsverhältnisse erscheinen daher - anders als es der Beklagte sieht - nicht als generell ausgeschlossen von einer Bewertung als Tätigkeit im Sinne des § 94 Abs. 6 Satz 2 SGBVIII (vgl. Patjens, in GK-SGBVIII, §94 Rn. 22, Stand Dezember 2013)und auch nicht im vorliegenden Fall (s.a.die Auflistung und Ausführungen auf Seiten 6 f. und 8 des Vermerks des Jugendamtes des Beklagten vom 28. März 2014).
Gemessen hieran ist die vom Beklagten nach §94 Abs. 6 Satz 2 SGB VIII getroffene (Ermessens)Entscheidung mit einem weiteren Fehler behaftet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 188 Satz 2 VwGO). Die Entscheidung überdie vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung wird zugelassen, da die Rechtssache im Hinblick auf die streitgegenständliche Frage zur Auslegung des Begriffs Einkommen in § 94 Abs. 6 Satz 1 SGBVIII grundsätzliche Bedeutung hat (§124a Abs. 1Satz 1 i.V.m. §124 Abs. 2 Nr.3 VwGO)

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12.02.2004

Amtspflichten kommunaler Adoptionsvermittlungsstellen

Grundsätzlich bestehen Aufklärungs- und Beratungspflichten der Adoptionsvermittlungsstellen gegenüber Adoptionsbewerbern. Entscheidend ist für den Umgang der Ermittlungspflichten, dass eine Untersuchung durch einen Facharzt erforderlichenfalls auch eine stationäre Beobachtung zu veranlassen sind, wenn sich Erziehungsschwierigkeiten, Krankheitsverdacht und unklare Anomalien des Kindes ergeben (hier verneint)
Gerichtsbeschluss

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vom: 
02.12.2012

Kein Nachrang für junge Volljährige mit Behinderung in einer Pflegefamilie gegenüber der Eingliederungshilfe SGB XII

Bei dem Zusammentreffen einer geistigen und seelischen Behinderung ist für die Gewährung von Jugendhilfe gem. § 41 SGB VIII trotz des Nachrangs der Jugendhilfe gem. § 10 SGB VIII weiter die Jugendhilfe zuständig, wenn nur so die Kontinuität der Hilfeform gesichert werden kann.
Gerichtsbeschluss

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27.06.2012

Einsichtsrecht in Jugendamtsakten

Zu den Voraussetzungen einer Akteneinsicht gemäß den § 65 und § 68 SGB VIII
Gerichtsbeschluss

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vom: 
14.12.2009

Vertraulichkeit einer Anzeige beim Jugendamt

Hinweise eines Informanten auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung stellen einschließlich der Informationen über seine Person anvertraute Daten i.S.d. § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII dar und dürfen nur (unabhängig davon, ob der Hinweis wider besseres Wissen und in Schädigungsabsicht erfolgte) in den gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 5 SGB VIII genannten Fällen weitergegeben werden.
Gerichtsbeschluss

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vom: 
03.07.2013

Verjährung von Schadensansprüchen von Adoptiveltern

Haben Eheleute einen durch Alkoholsucht der Mutter behinderten Säugling adoptiert, ohne nach ihrer Darstellung vom zuständigen Jugendamt darüber aufgeklärt worden zu sein, verjährt ein möglicher Amtshaftungsanspruch innerhalb von drei Jahren nachdem die Adoptiveltern Kenntnis über die Gründe für die körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen ihrer Adoptivtochter erhalten haben.