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14.01.2009
Gerichtsbeschluss
vom: 
30.09.2004

Verbleib in der Pflegefamilie

Sachverhalt:

Das betroffene Kind D. wurde am 26.04.01 geboren. Es kam drogenabhängig zur Welt und musste zunächst 5 Wochen stationär im Krankenhaus behandelt werden.
Sodann wurde es für knapp 7 Monate in einer Bereitschaftspflegestelle untergebracht.
Der Kindesmutter war zwischenzeitlich die elterliche Sorge entzogen
worden und diese auf das Jugendamt als Amtsvormund übertragen worden. Das Jugendamt nahm daraufhin D. aus der Bereitschaftspflege heraus und brachte D. in einer Vollzeitpflegefamilie unter. Seit dem 26.12.2001 lebte D. dauerhaft bei seinen Pflegeeltern.

Auf die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Sorgerechtsentzug änderte das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 09.07.02 den Beschluss des Amtsgerichts ab und übertrug die elterliche Sorge auf die Großmutter mütterlicherseits.
Begründet wurde dies u.a. damit, dass die Kindeswohlgefährdung von D. bei der Kindesmutter es „nicht unbedingt als notwendig erscheinen (lässt), D. ganz von der elterlichen Familie zu trennen und ihn jedenfalls für längere Zeit in einer Pflegefamilie aufwachsen zu lassen. Es steht nämlich nicht fest, dass diese Gefahr nicht dadurch beseitigt werden kann, dass der Großmutter die elterliche Sorge für D. übertragen wird und er bei ihr aufwächst“.
In der Folgezeit begehrte die Großmutter die Herausgabe von D. aus seiner Pflegefamilie.
Diese beantragten daraufhin beim Familiengericht eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB. Mit Beschluss vom 09.08.02 wies das Familiengericht diesen Antrag zurück. Hiergegen legten die Pflegeeltern Beschwerde zum OLG Hamm ein.

Nach Einholung eines Gutachtens ordnete sodann das OLG mit Beschluss vom 13.05.03 das Verbleiben von D. in seiner
Pflegefamilie an (vgl. FamRZ 2003, 1858 f.). In den Gründen führte der Senat unter Bezugnahme auf BVerfGE 68, 176, 188; 75, 210, 218 aus, dass das Kind bei den Pflegeeltern zu verbleiben hat, weil gegenwärtig aufgrund der seit nunmehr rund 1 ¼ Jahren zwischen ihnen entstandenen Bindungen das Wohl des Kindes durch die Wegnahme gefährdet wird.
Gegen diese Entscheidung wurde von der Großmutter am 20.06.03 Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die 3. Kammer des ersten Senats des BVerfG hob den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache an das OLG zurück (vgl. auch: FamRZ 2004, 771 f). Das BVerfG rügte, dass die OLG-Entscheidung die Großmutter in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verletze. Auch wenn die Trennung von einer unmittelbaren Bezugsperson für das Kind regelmäßig eine erhebliche psychische Belastung bedeute, dürfe dies allein nicht genügen, die
Herausgabe des Kindes zu verweigern, weil anderenfalls die Zusammenführung von Kind und Eltern immer dann ausgeschlossen wäre, wenn das Kind seine „sozialen Eltern“ gefunden hätte. Mit Blick auf das betroffene Kindeswohl sei vielmehr zu differenzieren, ob das Kind von der Pflegefamilie in den Haushalt seiner Eltern oder in eine andere Pflegestelle wechseln solle. Im zuerst genannten Fall sei die Risikogrenze weiter zu ziehen, wohingegen bei letzterer Konstellation
mit hinreichender Sicherheit eine Gefährdung des Kindeswohls ausgeschlossen sein müsste.

In der Folge holte das OLG ein ergänzendes Sachverständigengut-achten zu der Frage ein, ob die Trennung des Kindes von den Pflegeeltern zu einer nicht kompensierbaren Kindeswohlgefährdung führen wird, und zwar auch bei sachgerechter Intensivierung der Bindung zur Großmutter. Nach Vorlage des ergänzenden Gutachtens und Anhörung der Sachverständigen hat der Senat am 07.04.02 beschlossen, ein weiteres Gutachten zu der Frage einzuholen.

Im Ergebnis hat das OLG sodann seine vom BVerfG aufgehobene Verbleibensanordnung wiederholt und beschlossen:
– „Es wird angeordnet, dass das Kind D. (geb. am 26.04.2001) zunächst bei den Pflegeeltern verbleibt.

– Den Beteiligten zu 1) und 2) sind regelmäßige Umgangskontakte mit D., zunächst nach Absprache mit dem Amt für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt A., zu gestatten“.

– Eine abermalige Verfassungsbeschwerde der Großmutter hiergegen wurde nicht zur Entscheidung angenommen.

Aus den Gründen:

„Der Verbleib von D. bei den Beteiligten zu 3) – Pflegeeltern – ist nach § 1632 Abs. 4 BGB anzuordnen, weil das Kindeswohl durch die Wegnahme von den Pflegeeltern und den Wechsel zu der Beteiligten zu 2) derzeit gefährdet wäre. Der Senat ist sich bei seiner Entscheidung bewusst, dass sich die Beteiligte zu 2) als Sorgeberechtigte auf das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG berufen kann. Auch unter Beachtung der Vorgabe des BVerfG in seiner Entscheidung vom 25.11.2003 (veröffentlicht in FamRZ 2004, 771), dass bei einer Entscheidung nach § 1632 Abs. 4 BGB dahin zu differenzieren ist, ob das Kind von einer Pflegestelle in eine andere oder wie hier von einer Pflegestelle zur Herkunftsfamilie wechseln soll, ist eine Gefährdung des Kindeswohls durch einen Wechsel zum gegenwärtigen Zeitpunkt gefährdet. Während im erstgenannten Fall eine Verbleibensanordnung
nach § 1632 Abs. 4 BGB zu erfolgen hat, wenn die Gefährdung des Kindeswohls nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist, soll in Fällen wie dem vorliegenden die Risikogrenze (für das Kindeswohl) weiter gezogen werden. Der Senat versteht diesen Hinweis des BVerfG dahin, dass eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift verlangt, dass eine Verbleibensanordnung nur dann zu erfolgen hat, wenn eine Gefährdung des Kindeswohls durch einen Wechsel sicher
zu erwarten ist, wobei im Hinblick auf die Rechte des Kindes aus Art. 1 Abs. 1 GG zu beachten sein wird, dass auch schon im Falle höherer Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Gefährdung eine Verbleibens-anordnung angezeigt ist, damit das Kind nicht zum Versuchsobjekt wird. Ein solcher Grad der Kindeswohlgefährdung ist vorliegend gegeben.
Die notwendigerweise prognostische Entscheidung der Frage, ob eine Gefährdung des Kindeswohls durch den Wechsel sicher zu erwarten ist, hat sich maßgeblich an den im Zeitpunkt der Entscheidung feststellbaren tatsächlichen Umständen und daran zu orientieren, was nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nach den obwaltenden Umständen als Reaktionen des Kindes zum Entscheidungszeitpunkt
auf den „gedachten“ Wechsel zu erwarten ist. Demnach kann nicht von
entscheidender Bedeutung sein, wer die derzeitigen Umstände herbeigeführt oder zu vertreten hat, d. h., auch die Fragen danach, ob die Entziehung des Sorgerechts und die Übertragung auf die Beteiligte zu 2) berechtigt war oder nicht, ob das Kind zur Unzeit in die dauernde Familienpflege gegeben worden ist und ob über die Verbleibens-anordnung früher als geschehen erstmals hätte entschieden werden
können, muss bei der Einschätzung des Maßes der Gefährdung des Kindeswohls außer Betracht bleiben. Der Grad der Kindeswohlge-fährdung wird durch diese Fragen nicht berührt.

Nach den Feststellungen aller Beteiligten und Sachverständigen – gerichtlich bestellten und von den Pflegeeltern mit der Sache befassten – hat D. zu den Pflegeeltern sichere emotionale Bindungen aufgebaut, die nicht erst jetzt, nachdem er ca. 2 ¾ Jahre bei ihnen gelebt hat, sondern bereits deutlich früher erkennbar ausgeprägt waren (…).
Tragfähige emotionale Beziehungen von D. zu der Großmutter bestehen derzeit nach der Einschätzung aller Beteiligten und Sachverständigen nicht. Das ist vor dem Hintergrund, dass die Großmutter intensivere Kontakte zu D. nicht unterhalten hat bzw. konnte, nicht überraschend. Auch in diesem Zusammenhang muss aber im Hinblick auf die Beurteilung der Gefährdung des Kindeswohls durch einen Wechsel außer Betracht bleiben, auf welchen von wem zu verantwortenden Umständen es beruht, dass keine intensiven Kontakte stattfinden konnten. Bei der derzeitig feststellbaren Konstellation würde eine unvorbereitete Wegnahme D. von den Pflegeeltern und ein Wechsel zur Großmutter eine sichere Gefährdung des Kindeswohls zur Folge haben. Diese Einschätzung wird soweit ersichtlich von allen Beteiligten und Sachverständigen geteilt. Auch die Sachverständigen E. und F. sehen eine solche Gefährdung als gegeben an. (…) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die abzuwägenden Grundrechtspositionen der Eltern und Sorgeberechtigten einerseits und des Kindes andererseits rechtfertigen die Trennung von Eltern bzw. Sorgebe-rechtigten und Kind aber nur soweit und solange sie erforderlich ist, um das letztlich ausschlaggebende Wohl des Kindes zu gewährleisten. Ziel familiengerichtlicher Maßnahmen nach §§ 1666, 1666 a BGB muss daher bleiben, auf Dauer ein gedeihliches Aufwachsen des Kindes in
seiner Herkunftsfamilie sicherzustellen und zu ermöglichen.

Zeigt sich zu einem gewissen Zeitpunkt, dass zur Sicherung des Wohls des Kindes eine Trennung von der Familie unabweislich ist, ist gleichwohl weiterhin zu prüfen und zu beobachten, ob und ggf. wann eine Wiedereingliederung des Kindes in den Familienverband möglich ist. Damit eine Wiedereingliederung in den Familienverband möglich bleibt, muss die Verbindung zwischen dem getrennt lebenden Kind zu den Eltern bzw. Sorgeberechtigten aufrechterhalten bleiben oder, wenn sie unterbrochen war, ggf. behutsam wiederherstellt werden, wenn
nicht schon das Aufrechterhalten der Verbindung das Wohl des Kindes gefährdet.
Zu beachten ist insoweit darüber hinaus, dass das Kind ein Recht auf Umgang mit den Eltern bzw. Sorgeberechtigten hat und diese zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet sind, § 1684 Abs. 1 BGB. Dieses Umgangsrecht kann nur eingeschränkt werden, soweit es zum Wohl des Kindes erforderlich ist, § 1684 Abs. 4 BGB. Eine Einschränkung auf längere Zeit oder auf Dauer kann nur erfolgen, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre.

Für den Senat stellt sich mithin die weitere Frage, ob und ggf. in welcher Form bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt Anordnungen und Maßnahmen zu treffen sind, die der Erreichung dieses Ziels dienen können, ohne dass das Wohl D.s in der eingangs beschriebenen Weise gefährdet wird. Die vom Gericht bestellten Sachverständigen E. und F. einerseits und die gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. K. sowie die von den Pflegeeltern privat bemühten Sachverständigen
andererseits vertreten zur Frage der Gefährdung des Kindeswohls durch einen zukünftigen Wechsel D.s zu der Großmutter unterschiedliche Auffassungen. Die Sachverständigen E. und F. haben sich in ihren Gutachten und bei ihrer Anhörung am 30.03.2004 dahin geäußert, dass D. sichere Bindungen zu den Pflegeeltern entwickelt habe. Im Zusammenhang mit sicheren emotionalen Bindungen sei nicht so sehr die Bezugsperson entscheidend, sondern die Tatsache, dass vom Kind sichere Bindungsmuster entwickelt worden seien, durch die seine Sicht der Welt beeinflusst sei. Wenn solche Bindungsmuster entwickelt worden seien, bestünden vom theoretischen Ansatz her keine durchgreifenden Bedenken, wenn die Bezugspersonen selbst wechselten. Bei einer behutsamen Anbahnung und Intensivierung des alltäglichen Erlebens mit der Großmutter einschließlich einer ihm dann von der Großmutter zukommenden Fürsorge und Zuwendung könne nicht
ausgeschlossen werden, dass D. auch an die Großmutter eine tragfähige emotionale Bindung entwickele, die ihm die Ablösung von den Pflegeeltern erleichtern könne. Insgesamt sei ein zukünftiger Wechsel D.s in seine Herkunftsfamilie „zwar weiterhin mit sehr großen Risiken verbunden“, müsse „jedoch nicht zwangsläufig zu einer nicht kompensierbaren, nachhaltigen Kindeswohlgefährdung führen, wenn damit eine sachgerechte Intensivierung der Bindungen zur aufneh-menden Großmutter verbunden ist und der Wechsel sorgsam vorbereitet und durchgeführt“ werde. Dazu haben die Sachverständigen ein Modell beschrieben, nach dem ein Wechsel D.s möglich sein soll.
Dem tritt die Sachverständige Prof. Dr. K. entgegen. Sie stimmt im Ansatz mit den Sachverständigen E. und F. darin überein, dass einmal entwickelte sichere Bindungen zu einem Schutzfaktor gegen spätere schädigende Entwicklungsbedingungen werden können. Daraus dürfe aber nicht geschlossen werden, dass dem Kind, gerade weil es Kompensationsmöglichkeiten entwickelt habe, auch zugemutet werden könne, die Bezugsperson zu wechseln. Bei Kleinkindern im Alter von D. sei die primäre Bindungsentwicklung noch nicht abgeschlossen, so
dass ein Wechsel der wichtigsten Bezugspersonen nicht ohne Entwicklungseinbrüche bleiben würde. Wissenschaftliche Untersu-chungen hätten zwar gezeigt, dass Kinder mit frühen Beziehungsab-brüchen in der Lage seien, sich wieder auf neue Bindungen einzulassen, dass diese aber nicht von gleicher Qualität seien.

Für D. spiele aus seiner Sicht auch keine Rolle, dass er in seine Herkunftsfamilie zurückgeführt werde, da er diese noch nicht kennengelernt habe. Besondere Risiken ergäben sich auch daraus, dass die Großmutter keine vertiefte Einsicht in die Besonderheiten zeige, die sich ergäben, wenn D. in ihren Haushalt integriert würde. Insofern bestünde ein besonders hohes Risiko auch bei einem behutsam begleiteten Wechsel, so dass es sich „unter psychologischen Gesichtspunkten des Kindeswohls nicht rechtfertigen“ lasse, „ein derartiges Risiko, das eben den Fall des möglichen Scheiterns beinhalte, einzugehen. Dieses wäre ein Experiment am lebenden Objekt“.

Der Senat muss die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sachverständigen im vorliegenden Verfahren letztlich nicht entscheiden. Auch nach der Ansicht der Sachverständigen E. und F. wäre ein zum jetzigen Zeitpunkt angeordneter begleiteter, auf einen längeren Zeitraum angelegter Wechsel D.s zu der Großmutter weiterhin mit sehr großen Risiken für seine weitere Entwicklung verbunden, auch wenn sie nicht zwangsläufig zu einer nicht kompensierbaren, nachteiligen
Kindeswohlgefährdung führen. Auch danach ist eine zumindest vorübergehende Gefährdung des Kindeswohls mehr oder weniger sicher zu erwarten, wobei die Sachverständigen lediglich vermuten, dass keine bleibenden Schäden eintreten müssen. Letztlich wird damit nur eine Hoffnung darauf zum Ausdruck gebracht, dass der Wechsel ohne schädigende Folgen bewerkstelligt werden könnte. Damit ist auch eine nach der Entscheidung des BVerfG weiter zu ziehende Risiko-grenze für die Kindeswohlgefährdung überschritten.

Im Übrigen folgt der Senat auch der von Frau Prof. Dr. K. vertretenen, überzeugend begründeten Ansicht, die in Übereinstimmung mit der soweit ersichtlich einhellig vertretenen, auf den Ergebnissen der Bindungsforschung beruhenden Auffassung steht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Pflegeeltern derzeit willens und in der Lage sind, einen vorbereiteten zukünftigen Wechsel zu unterstützen und ob sie ggf. mit Zwangsmitteln zu einer Zusammenarbeit und Unterstützung
angehalten werden könnten und müssten. Wobei schon zweifelhaft erscheint, ob solche Maßnahmen dazu führen können, dass D. das Gefühl vermittelt wird, der Wechsel werde von allen Beteiligten für richtig und gut erachtet. Die Sachverständigen E. und F. schätzen eine solche kooperative Zusammenarbeit nur als „ohne Zweifel hilfreich“ ein, kommen aber nicht zu dem Ergebnis, dass mit einer solchen ggf. erzwungenen Unterstützung des Wechsels eine als sicher anzunehmende – vielleicht kompensierbare – Gefährdung des Kindeswohls ausgeschlossen werden kann.

Der Senat hat im Rahmen des vorliegenden Verfahrens in erster Linie über die Frage zu entscheiden, ob derzeit das Verbleiben D.s bei den Pflegeeltern anzuordnen ist oder nicht. Die Frage der Dauer des Verbleibens ist damit jedoch nicht entschieden. Allerdings sind derzeit keine verlässlichen Grundlagen vorhanden, die eine Entscheidung darüber ermöglichen, wann ein Zeitpunkt erreicht ist, zu dem ein Wechsel D. in die Herkunftsfamilie gewagt werden kann. Die jetzt getroffene Entscheidung über das Verbleiben D.s ist – unabhängig vom Bestand dieser Entscheidung – nicht endgültig. Maßnahmen nach den §§ 1666, 1666 a BGB, wie sie der Senat mit seinem Beschluss vom 09.07.2002 im Sorgerechtsverfahren getroffen hat, sind ggf. aufzu-heben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht, § 1696 Abs. 2 BGB.

Fragen der Regelung des Umgangs zwischen D. und der sorgeberechtigten Großmutter und der Kindesmutter sind nicht vorrangig Gegenstand dieses Verfahrens.
Gleichwohl hat der Senat angeordnet, dass Umgangskontakte nach Absprache mit dem Jugendamt weiter stattfinden sollen, um sicherzustellen, dass das Ziel, Bindungen zwischen D. und seiner Herkunftsfamilie herzustellen und zu verstärken, weiter verfolgt wird. Der Senat sieht von einer konkreten Ausgestaltung des Umgangsrechts der Beteiligten zu 1) und 2) mit D. jedoch derzeit ab, weil Kontakte der Kindesmutter bereits regelmäßig stattfinden, nach den Angaben der Beteiligten auch fortgeführt werden sollen und zurzeit nicht beurteilt werden kann, welche Art von Kontakten derzeit für das Wohl D.s am zuträglichsten sind. Im Hinblick auf die (obigen) Überlegungen sind die Verfahrensbeteiligten aber darauf hinzuweisen, dass die zurzeit aufgenommenen Umgangskontakte zwischen der Kindesmutter
beizubehalten und zu intensivieren sind und dass auch die Großmutter, die sich zurzeit mit Rücksicht auf die Befindlichkeiten D.s mit ihrem berechtigten Wunsch nach Kontakten zurückhält, in die Umgangs-kontakte einzubeziehen sein wird.

Eine Intensivierung wird sicher auch damit verbunden sein, dass die Kontakte sobald als möglich unbegleitet und auch bei der Kindesmutter bzw. der Großmutter stattfinden, einschließlich der Option, dass D. dort übernachtet und gemeinsame Urlaube ermöglicht werden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 94 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, 2 Abs. 2 KostO.“

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Steffen Siefert, Köln

Quelle: 4.Jahrbuch des Pflichtkinderwesens - Verbleib oder Rückkehr
Hrsg: Stiftung zum Wohl des Pflegekindes
Schulz-Kirchner-Verlag

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