Vorläufige Anordnung einer Herausgabe des Kindes an die Pflegeeltern
1) Der Erlass einer vorläufigen Anordnung auf Herausgabe eines Kindes setzt voraus, dass zum Schutz des Kindes und zur Abwehr einer akuten Gefährdung ein dringendes, bis zur endgültigen Sachentscheidung nicht aufschiebbares Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten besteht.
2) Für eine Anordnung, die entgegen dem Wunsch der sorgeberechtigten Eltern den vorläufigen Verbleib bei der Pflegefamilie verfügt, müssen die sachlichen Voraussetzungen des {BGB § 1666 I S. 1} erfüllt sein.3) Im Verf. Nach {BGB §§ 1666, 1666a} sind die Eltern stets persönlich anzuhören. Wird davon in erster Instanz ausnahmsweise abgesehen, muss die Anhörung jedenfalls vom Beschwerdegericht nachgeholt werden.4) Nach {FGG § 33 II S. 1} kommt zur Vollstreckung der Herausgabe eines Kindes die Anwendung von Gewalt nur als äusserstes Mittel in Betracht, wenn alle anderen denkbaren Maßnahmen gescheitert oder erkennbar aussichtslos sind.
Zu den Voraussetzungen einer Aufhebung des Entzugs der Personensorge für ein Kind, das im Säuglingsalter in Obhut genommen worden ist und enge Bindungen zu seinen derzeitigen Pflegeeltern entwickelt hat und das die Mutter wieder zu sich nehmen möchte.
Im Mittelpunkt der bei einer Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs.4 BGB erforderlichen Interessenabwägung steht das Wohl des bei Pflegeeltern untergebrachten Kindes.
Allein der Umstand eines langen Verbleibs des Kindes in der Pflegefamilie (hier: 3 Jahre) genügt nicht, dass ein Schaden für das Kind durch eine Rückführung in die Herkunftsfamilie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen ist.
Es wird angeordnet, dass das Kind I. U. H. unverzüglich aus der derzeitigen Pflegefamilie in die Obhut der Eheleute W. und S. I., C. Straße 33, xxxx O.-T. zurückgeführt wird und dort bis zur Entscheidung des Senats in Hauptsache verbleibt.
Das Kreisjugendamt des S.-T.-Kreises wird ermächtigt, erforderlichenfalls unter Mithilfe eines Gerichtsvollzieher die Rückführung des Kindes vorzunehmen.
Der Gerichtsvollzieher wird ermächtigt, einfache Gewalt anzuwenden und gegebenenfalls die Polizei und einen Schlosser hinzuzuziehen.
In Verfahren gem. § 1632 Abs. 4 BGB (Herausgabe oder Verbleib des Pflegekindes in der Pflegefamilie) ist die Erhebung von Gerichtskosten nicht die Regel, sondern bedarf der besonderen Begründung
Pflegeeltern sind nur dann zur Tragung von Gerichtskosten im Rahmen des § 1632 Abs. 4 BGB verpflichtet, wenn diese die Aussichtslosigkeit des Verfahrens von vornherein erkannt haben oder das Verfahren durch grob schuldhaftes Verhalten veranlasst haben
Mit der Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführerinnen (Mutter und Großmutter) gegen den durch das Oberlandesgericht angeordneten Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern. Das Gericht hebt den Beschluss auf, da dieser die Grundrechte der Beschwerdeführerin aus Artikel 6 Abs.2 Satz 1 verletzt.
Das afghanische Kind wurde aus humanitären Gründen in einer deutschen Gastfamilie untergebracht. Als es dort 5 jahre lebte, wollte der Vater das Kind wieder nach Afghanistan holen. Die Gastfamilie stellte einen Verbleibensantrag.
Der Elternteil, dem u. a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen worden ist, der aber noch über Teilbereiche des Sorgerechts verfügt, ist in dem von den Pflegeeltern und dem Ergänzungspfleger geführten Verfahren auf Anordnung des Verbleibs des Kindes in der Pflegefamilie nach § 1632 Abs. 4 BGB grundsätzlich zu beteiligen.