Gutachten 2009 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Drucksache des Bundestages über die Entwicklung des Gesunheitswesens der Gesamtbevölkerung mit einem umfangreichen Bereich über Kinder und Jugendliche z.B. über Umfang und Folgen von Vernachlässigung und Gewalt.
Auszug aus dem Gutachten zum Thema Aufwachsen mit Gewalt (Seite 134 ff)
Obwohl die vorwiegende Mehrheit der Eltern als Garant für eine gelingende Erziehung, das Wohlergehen des Kindes und dessen Schutz stehen, machen Kinder und Jugendliche auch im familiären Kontext schwerwiegende Gewalterfahrungen oder werden Opfer von Vernachlässigung. Dabei sind die Ursachen und Hintergründe außerordentlich vielschichtig. Durch komplexe familiäre Problemlagen können Kinder Opfer von Vernachlässigung werden, psychischer oder physischer Misshandlung ausgesetzt sein sowie Zeugen von Partnerschaftsgewalt werden.
Sexueller Missbrauch stellt eine weitere Form von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche dar. Bestürzende Einzelfälle zeigen zudem, dass Kinder auch innerhalb der Familie Opfer von Tötungsdelikten oder von zum Tod führender extremer Vernach-lässigung werden können.
Vernachlässigung und elterliche Gewalt stellen stets eine Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Kinder und Jugendlichen dar. Unmittelbare
Auswirkungen resultieren aus akuten Mangelzuständen oder Verletzungsfolgen, die zu einer dauerhaften Behinderung oder sogar zum Tod des Kindes führen können, sowie aus den direkten psychischen und psychosozialen Folgeproblemen von Gewalt, die z. B. Angst- und Bedrohungsgefühle, psychischen Stress, Leistungs- und Konzentrationsschwierigkeiten umfassen (Hornberg et al. 2008). Darüber hinaus sind in der Forschung körperliche, sozioemotionale, psychische und kognitive Beeinträchtigungen als langfristige Gesundheitsfolgen beschrieben (vgl. Kindler et al. 2006).
Kinder und Jugendliche können als Zeugen häuslicher Gewalt, in der Regel des Vaters gegenüber der Mutter, auch indirekt von Gewalt betroffen sein. Partnerschaftsgewalt und Gewalt in der Eltern-Kind-Beziehung sind zudem eng miteinander verknüpft, sodass Kinder dem Risiko misshandelt zu werden stärker in Familien ausgesetzt sind, in denen Partnerschaftsgewalt herrscht (Wetzels 1997; Pfeiffer et al. 1999; Kindler 2002; Kindler/Werner 2005). Die Auswirkungen von miterlebter Gewalt zwischen den Eltern sind weitreichend und gehen mit einem moderaten bis starken Effekt auf die Anzahl und Intensität von Verhaltensauffälligkeiten einher (Kindler 2002; vgl. Kitzmann et al. 2003; vgl. Wolfe et al. 2003),erhöhen die Wahrscheinlich-keit zur eigenen Ausübung von (Partnerschafts-)Gewalt (Wetzels 1997; Gil-Gonzalez et al. 2008; Pfeiffer/Baier 2006) und können vor allem bei Jungen den Hintergrund für Straffälligkeit bilden (vgl. Galm et al. 2007). Bei Frauen stellt die erlebte und beobachtete körperliche und sexuelle Gewalt in Kindheit misierung im Erwachsenen-leben dar (vgl. BMFSFJ 2005).
Obwohl elterliche Gewalt in allen sozialen Schichten vorkommt, ist den familiären Lebensumständen (z. B. Familienstruktur, familiäre Stressbelastung und sozioökonomischer Status), der Arbeits- und Partnerschaftssituation sowie fehlender sozialer Unterstützung ein hoher Stellenwert zuzuschreiben (Kindler et al. 2006; s. auch Münder et al. 2000). Anhand von Schülerbefragungen zeigte sich, dass nichtdeutsche Jugendliche z. T. sehr viel häufiger Gewalt durch die eigenen Eltern erfahren als deutsche Jugendliche (Wetzels 2001; Pfeiffer/Baier 2006; Baier/Pfeiffer 2007).38 Ebenso zeigte sich, dass mit steigender Häufigkeit und Schwere der erlebten innerfamiliären Gewalt die Fähigkeit, konstruktiv mit Konflikten umzugehen, sinkt und die Befürwortung von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen steigt (Pfeiffer/Baier 2006). Dies zeigt die nachhaltige Beeinträchtigung des späteren Lebens durch kindliche Gewalterfahrungen und betont somit die Wichtigkeit des Kinderschutzes auch für die gesamtgesellschaftliche Gewalt-und Kriminalitäts-prävention und den Abbau von Gewalt im Geschlechterverhältnis (vgl. BMFSFJ 2005). Besonders hoch belastete Familien müssen daher früh erkannt und unterstützt werden, um die Wahrscheinlichkeit von Gewalterfahrungen und daraus folgenden Entwicklungsschäden bei den Kindern und Jugendlichen zu senken.
Im Folgenden werden zunächst die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Kinderschutzes in Deutschland dargestellt. Danach werden die unterschiedlichen Formen innerfamiliärer Gewalt gegen Kinder und Jugendliche beschrieben und deren Ursachen und Folgen skizziert. Es schließt sich eine kurze Beschreibung der zuständigen Institutionen und deren Instrumente an. Im Hauptteil werden übergreifende politische Strategien zur Verbesserung der Kindergesundheit und Förderung des Kindeswohls und spezifische Strategien für ein Aufwachsen ohne Gewalt dargestellt sowie Handlungs- und Forschungsfelder zur Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderschutzes diskutiert.
Das Institut für soziale Arbeit e.V. / Deutscher Kinderschutzbund Landesverband NRW/Bildungsakademie BiS hat ‚Zehn Empfehlungen zur Ausgestaltung der Rolle der Kinderschutzfachkraft nach den §§ 8a Abs. 4, 8b Abs. 1 SGB VIII und § 4 KKG‘ herausgegeben.
Seit vier Jahren bieten die Kinderschutzzentren für interessierte Fachleute Fortbildungen im Rahmen einer Sommerhochschule zu Themen des Kinderschutzes an. So auch 2019. Nun wurden die Texte und Ergebnisse veröffentlicht. Die Texte zur 4. Sommerhochschule Kinderschutz geben einen fundierten Ein- und Überblick in die Inhalte der Sommerhochschule Kinderschutz, die vom 18. bis 20. September 2019 unter der Überschrift "Diversität im Kinderschutz gestalten" an der Hochschule Bremen stattfand. Bremer Schriften zur Sozialen Arbeit. Band 1. Hochschule Bremen.
Um aus problematischen Hilfeverläufen zu lernen, hatte die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz das Nationale Zentrum Frühe Hilfen gebeten, den Verlauf der Hilfe für die von ihrem Bruder ermorderte 16Jährige Morsal O., die länger vom Jugendamt betreut worden war, durch Experten analysieren zu lassen.
Zur Debatte um den Schutz gefährdeter Kinder. Erschreckende Beispiele von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung sowie das gelegentliche Versagen der einschlägigen Behörden haben in den letzten Monaten eine neuerliche Debatte ausgelöst über den Schutzauftrag der staatlichen Gemeinschaft sowie die Notwendigkeit sozialer Frühwarnsysteme.
Das Bundesarbeitsgericht bejaht in seiner Entscheidung, dass ein Bezirkssozialarbeiter im Bereich der 'Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung' tätig ist und daher auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 14 Anspruch hat.
Viertes IMPUL!SE-Papier der AFET. Mit der Reform des SGB VIII kommt es nun auch zu einigen Veränderungen im Bereich der Praxis des Kinderschutzes. In diesem Arbeitspapier werden einige der neuen Regelungen kritisch hinterfragt und kommentiert. Den Autoren aus den Kinderschutzzentren geht es dabei nicht um konkrete Lösungsideen, sondern um Impulse und Denkanstöße zur Gestaltung gelingender Kinderschutzpraxis insgesamt.
Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) hat eine Synopse zum Bundeskinderschutzgesetz und der sich daraus ergebenden Veränderungen des SGB VIII ab 2012 erarbeitet.
Gutachten 2009 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Themen:
Auszug aus dem Gutachten zum Thema Aufwachsen mit Gewalt (Seite 134 ff)
Obwohl die vorwiegende Mehrheit der Eltern als Garant für eine gelingende Erziehung, das Wohlergehen des Kindes und dessen Schutz stehen, machen Kinder und Jugendliche auch im familiären Kontext schwerwiegende Gewalterfahrungen oder werden Opfer von Vernachlässigung. Dabei sind die Ursachen und Hintergründe außerordentlich vielschichtig. Durch komplexe familiäre Problemlagen können Kinder Opfer von Vernachlässigung werden, psychischer oder physischer Misshandlung ausgesetzt sein sowie Zeugen von Partnerschaftsgewalt werden.
Sexueller Missbrauch stellt eine weitere Form von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche dar. Bestürzende Einzelfälle zeigen zudem, dass Kinder auch innerhalb der Familie Opfer von Tötungsdelikten oder von zum Tod führender extremer Vernach-lässigung werden können.
Vernachlässigung und elterliche Gewalt stellen stets eine Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Kinder und Jugendlichen dar. Unmittelbare
Auswirkungen resultieren aus akuten Mangelzuständen oder Verletzungsfolgen, die zu einer dauerhaften Behinderung oder sogar zum Tod des Kindes führen können, sowie aus den direkten psychischen und psychosozialen Folgeproblemen von Gewalt, die z. B. Angst- und Bedrohungsgefühle, psychischen Stress, Leistungs- und Konzentrationsschwierigkeiten umfassen (Hornberg et al. 2008). Darüber hinaus sind in der Forschung körperliche, sozioemotionale, psychische und kognitive Beeinträchtigungen als langfristige Gesundheitsfolgen beschrieben (vgl. Kindler et al. 2006).
Kinder und Jugendliche können als Zeugen häuslicher Gewalt, in der Regel des Vaters gegenüber der Mutter, auch indirekt von Gewalt betroffen sein. Partnerschaftsgewalt und Gewalt in der Eltern-Kind-Beziehung sind zudem eng miteinander verknüpft, sodass Kinder dem Risiko misshandelt zu werden stärker in Familien ausgesetzt sind, in denen Partnerschaftsgewalt herrscht (Wetzels 1997; Pfeiffer et al. 1999; Kindler 2002; Kindler/Werner 2005). Die Auswirkungen von miterlebter Gewalt zwischen den Eltern sind weitreichend und gehen mit einem moderaten bis starken Effekt auf die Anzahl und Intensität von Verhaltensauffälligkeiten einher (Kindler 2002; vgl. Kitzmann et al. 2003; vgl. Wolfe et al. 2003),erhöhen die Wahrscheinlich-keit zur eigenen Ausübung von (Partnerschafts-)Gewalt (Wetzels 1997; Gil-Gonzalez et al. 2008; Pfeiffer/Baier 2006) und können vor allem bei Jungen den Hintergrund für Straffälligkeit bilden (vgl. Galm et al. 2007). Bei Frauen stellt die erlebte und beobachtete körperliche und sexuelle Gewalt in Kindheit misierung im Erwachsenen-leben dar (vgl. BMFSFJ 2005).
Obwohl elterliche Gewalt in allen sozialen Schichten vorkommt, ist den familiären Lebensumständen (z. B. Familienstruktur, familiäre Stressbelastung und sozioökonomischer Status), der Arbeits- und Partnerschaftssituation sowie fehlender sozialer Unterstützung ein hoher Stellenwert zuzuschreiben (Kindler et al. 2006; s. auch Münder et al. 2000). Anhand von Schülerbefragungen zeigte sich, dass nichtdeutsche Jugendliche z. T. sehr viel häufiger Gewalt durch die eigenen Eltern erfahren als deutsche Jugendliche (Wetzels 2001; Pfeiffer/Baier 2006; Baier/Pfeiffer 2007).38 Ebenso zeigte sich, dass mit steigender Häufigkeit und Schwere der erlebten innerfamiliären Gewalt die Fähigkeit, konstruktiv mit Konflikten umzugehen, sinkt und die Befürwortung von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen steigt (Pfeiffer/Baier 2006). Dies zeigt die nachhaltige Beeinträchtigung des späteren Lebens durch kindliche Gewalterfahrungen und betont somit die Wichtigkeit des Kinderschutzes auch für die gesamtgesellschaftliche Gewalt-und Kriminalitäts-prävention und den Abbau von Gewalt im Geschlechterverhältnis (vgl. BMFSFJ 2005). Besonders hoch belastete Familien müssen daher früh erkannt und unterstützt werden, um die Wahrscheinlichkeit von Gewalterfahrungen und daraus folgenden Entwicklungsschäden bei den Kindern und Jugendlichen zu senken.
Im Folgenden werden zunächst die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Kinderschutzes in Deutschland dargestellt. Danach werden die unterschiedlichen Formen innerfamiliärer Gewalt gegen Kinder und Jugendliche beschrieben und deren Ursachen und Folgen skizziert. Es schließt sich eine kurze Beschreibung der zuständigen Institutionen und deren Instrumente an. Im Hauptteil werden übergreifende politische Strategien zur Verbesserung der Kindergesundheit und Förderung des Kindeswohls und spezifische Strategien für ein Aufwachsen ohne Gewalt dargestellt sowie Handlungs- und Forschungsfelder zur Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderschutzes diskutiert.
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