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"Menschenrechte der Kinder werden mit Füßen getreten"
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Auszug aus dem Interview:
Gesine Enwaldt: Wir sind über eine Zahl auf dieses Thema gestoßen, die uns sehr nachdenklich gestimmt hat - nämlich, dass die Zahl der Herausnahmen von Kindern und Pflegekindern aus Familien zwischen 2005 und 2010 um rund 40% gestiegen sind. Wir haben uns gefragt, woher dieser dramatische Anstieg kommt, und vor allem, was mit diesen Kindern passiert, ob sie angemessen betreut werden. Wir haben schnell gemerkt, dass hinter diesen Zahlen unzählige Kinderschicksale stecken, die bei genauerer Betrachtung erschreckend sind.
Eine Erkenntnis hat uns wirklich überrascht: Wie wenig bei Jugendamtsentscheidungen die Kinder selbst im Mittelpunkt stehen, wie wenig bei den ganzen Streitereien zwischen Eltern, Pflegeeltern, Heimen und Gerichten auf die Kinder selbst geachtet wird. Wir mussten lernen, dass deutsche Behörden die Menschenrechte der Kinder oft mit Füßen treten
[...]
Gesine Enwaldt: Wir fanden schlüssig, was Professor Wolf von der Universität Siegen in seinen Studien herausgefunden hat: Statt den Streit und das Ringen um das Wohl des Kindes in die Länge zu ziehen, sollte nach einer Herausnahme alle Energie und Aufmerksamkeit darauf verwendet werden, möglichst bald eine tragfähige Lösung zu finden. Das heißt, binnen eines Jahres sollte das Kind in einem stabilen Umfeld leben - mit einer klaren Entscheidung. Nichts ist schrecklicher für ein Kind, als immer wieder aus der gewohnten, geliebten Umgebung herausgerissen zu werden.