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Pflegeeltern und Besuchskontakte

Die Frage der Umgangsrechte bzw. Umgangspflichten ist eine der schwierigsten und auch umstrittensten Themen im Pflegekinderwesen. Die Beteiligten schauen, je nachdem in welcher Position sie sich befinden, mit unterschiedlichen Brillen. Besonders die Pflegeeltern erleben Umgangsregelung und Besuchskontakte hautnah. Diese Nähe lässt Pflegeeltern häufig verunsichert reagieren. Es ist daher für die Pflegeeltern wichtig zu wissen, in welchen gesetzlichen Rahmenbedingungen sie sich bewegen, auf was sie sich einlassen müssen und auf was nicht.

Rechtliche Grundlagen

Von ausschlaggebender Bedeutung ist der § 1684 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch):

§ 1684 BGB (Umgangsrecht mit den Eltern)

1. Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
2. Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
3. Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch ein Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Besuchskontaktes zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers ilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
4. Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesen ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; diese bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt".

Die Umgangsregelung wird als ein Recht des Kindes gegenüber seinen Eltern definiert während die Eltern zum Umgang verpflichtet und berechtigt sind. Das Familiengericht kann in die Umgangsregelung eingreifen, wenn dies das Wohl des Kindes erforderlich macht, es kann das Umgangsrecht langfristig einschränken und aussetzen wenn das Wohl des Kindes ansonsten gefährdet wird.
Absatz 2 ist eine ‚Wohlverhaltensklausel’ der Beteiligten, die sich nicht nur auf Scheidungskinder bezieht, sondern auch auf Kinder die „sich in der Obhut einer anderen Person befinden“, also auch Pflegekinder. Hier wird von den Eltern des Kindes verlangt, dass sie alles unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zu den Pflegeeltern beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.
Absatz 3: Das Gericht kann einen Umgangspfleger einsetzen, der mit den entsprechenden Rechten ausgestattet die Besuchskontakte durchsetzen kann. Er kann die Herausgabe des Kindes zu Zwecken des Besuchskontaktes verlangen und den Aufenthalt des Kindes während dieser Kontakte bestimmen.
Im Konfliktfall kann das Familiengericht, bevor es den Umgang einschränkt oder ausschließt, eine Besuchskontaktbegleitung anordnen.

§ 1685 BGB – Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen

§ 1685 verweist auf ein Umgangsrecht von Großeltern, Geschwistern und Personen, mit denen das Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat (Stiefeltern, Pflegeeltern etc.)
Auch diese Personen haben die o.a. Wohlverhaltensklausel des Absatzes 2 § 1684 zu beachten. Auch hier kann das Familiengericht entsprechend eingreifen und ebenfalls einen Umgangspfleger benennen.
Kontakte zu diesen Personen gelten der Sicherung der Kontinuität im Leben des Kindes. Personen, die für das Kind von wichtiger und positiver Bedeutung waren, sollen nicht einfach verschwinden, sondern dem Kind erhalten bleiben.

§ 1685 BGB

1) Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.
(2) Gleiches gilt für enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
(3) § 1684 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. Eine Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 Satz 3 bis 5 kann das Familiengericht nur anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 erfüllt sind."

Position der Pflegepersonen in Familiengerichtsverfahren

Mitwirkung der Pflegeperson

Im § 161 des FamFG heißt es:

(1) Das Gericht kann in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, die Pflegeperson im Interesse des Kindes als Beteiligte hinzuziehen, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt. Satz 1 gilt entsprechend, wenn das Kind auf Grund einer Entscheidung nach § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei dem dort genannten Ehegatten, Lebenspartner oder Umgangsberechtigten lebt.
(2) Die in Absatz 1 genannten Personen sind anzuhören, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt.

Die Pflegeeltern können also auch in Verfahren der Umgangsregelung hinzu gezogen werden, wenn das Kind seit längerer Zeit in der Pflegefamilie lebt. Sie werden dann Beteiligte im Verfahren.

Ordnungsmittel und Zwangsmittel des Gerichtes im FamFG

§ 89 Ordnungsmittel

(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.
(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.
(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 901 Satz 2, die §§ 904 bis 906, 909, 910 und 913 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.

§ 90 Anwendung unmittelbaren Zwanges

(1) Das Gericht kann durch ausdrücklichen Beschluss zur Vollstreckung unmittelbaren Zwang anordnen, wenn
1. die Festsetzung von Ordnungsmitteln erfolglos geblieben ist;
2. die Festsetzung von Ordnungsmitteln keinen Erfolg verspricht;
3. eine alsbaldige Vollstreckung der Entscheidung unbedingt geboten ist.
(2) Anwendung unmittelbaren Zwanges gegen ein Kind darf nicht zugelassen werden, wenn das Kind herausgegeben werden soll, um das Umgangsrecht auszuüben. Im Übrigen darf unmittelbarer Zwang gegen ein Kind nur zugelassen werden, wenn dies unter Berücksichtigung des Kindeswohls gerechtfertigt ist und eine Durchsetzung der Verpflichtung mit milderen Mitteln nicht möglich ist".

Umgangskontakte sind ein hohes Gut im Familienrecht. Dies zeigen auch diese o.a. Durchsetzungsmittel des Familiengerichtes gegenüber Personen, die sich nicht an die Entscheidungen des Gerichtes halten. Wenn das Gericht einen Beschluss gefasst hat, dass das Kind zu Zwecken von Umgangskontakten herauszugeben ist, dann müssen sich die Beteiligten daran halten. Tun sie dies nicht, werden Ordnungsmittel, notfalls auch Haft angeordnet.

Kein "unmittelbarer Zwang" gegenüber einem Kind

„Unmittelbarer Zwang“ bedeutet in diesem Zusammenhang die Beauftragung eines Gerichts-vollziehers, notfalls von Polizei durch eine explizit dafür erlassene Anordnung des Gerichtes.
Gegen ein Kind darf kein unmittelbarer Zwang zugelassen werden, wenn das Kind herausgegeben werden soll um das Umgangsrecht auszuüben. Unmittelbarer Zwang kann in diesem Fall also nur gegen Erwachsene ausgeübt werden, die einen solchen Umgangskontakt zu verhindert suchen.
Die Unzulässigkeit von "unmittelbarem Zwang" bedeutet, dass keiner gegen ein Kind Gewalt anzuwenden hat, damit Umgangsregelung eingehalten werden kann.
Je jünger ein Kind ist, desto größer ist die Gefahr, dass das Kind gegen seinen Willen von „durchsetzungsbereiten“ Erwachsenen zur Umgangsregelung gezwungen wird.
Keiner – weder Fachkräfte, noch Herkunftseltern, auch nicht die Pflegeeltern selbst haben ein schreiendes und sich anklammerndes Kind zum Umgang zu zwingen.
Keiner hat ein Recht, ein sich wehrendes Kind in das Auto der Sozialarbeiterin, der Herkunftseltern oder der Pflegeeltern zu packen, damit es zum Besuch gebracht werden kann.

Besuchskontakte unterliegen der Zielsetzung der Unterbringung

1. geplante Rückführung

Die Umgangsregelung hat sich an der Grundentscheidung über die Unterbringung zu orientieren. Soll das Kind nur eine kürzere Zeitspanne in der Pflegefamilie bleiben und dann wieder zur stabilisierten, vom Kind positiv empfundenen Herkunftsfamilie zurückkehren, dann ist es notwendig, dass die Bindungen des Kindes an diese Herkunftsfamilie erhalten bleiben. Anzahl und Dauer der Kontakte müssen sich diesem Ziel unterordnen und von allen Beteiligten gemeinsam gewollt werden.

2. Unterbringung in einer Bereitschaftspflegestelle / Familiäre Bereitschaftsbetreuung

Die Bereitschaftspflege dient der Entscheidungsfindung über die zukünftige Unterbringung des Kindes. Wird es wieder bei seiner Familie leben, in eine Pflegefamilie oder Heimeinrichtung gehen? Auch in der Bereitschaftspflege gelten die gleichen Voraussetzungen wie unter Punkt 1 genannt. Hier haben die Pflegeeltern jedoch den Auftrag, Reaktionen des Kindes auf die Besuchskontakte zu beobachten und als Puzzlestück in die Entscheidung über die Unterbringung mit einzubringen.

3. Unterbringung in einer Dauerpflegestelle mit Langzeitperspektive

Wenn ein Kind dauerhaft untergebracht wird, dann ist es für das Kind notwendig, dass die Pflegeeltern die Rolle verlässlicher Eltern übernehmen und ausfüllen können. Priorität besteht also darin, dem Kind volle Integration in die Pflegefamilie / Erziehungsstelle zu ermöglichen. Alles andere hat sich dieser Priorität unter zu ordnen, auch die Besuchskontakte.
So kann es das Wohl des Kindes erfordern, dass Besuchskontakte (zeitweise) eingeschränkt oder ausgesetzt werden, um dem Kind den Schritt in die neue Familie überhaupt zu ermöglichen.
Für traumatisierte Kinder können Besuchskontakte zu ihrer Herkunftsfamilie mit einer Gefährdung und Bedrohung verbunden sein und die Gefahr einer Re-Traumatisierung herauf beschwören. Die Entscheidungen möglicher Besuchskontakte für traumatisierte Kinder sind daher besonders sorgfältig zu fällen.

Was müssen Pflegeeltern mittragen bzw. unterstützen?

Pflegeeltern müssen sich den gesetzlichen Rahmenbedingungen verpflichtet fühlen Diese besagen, dass das Kind ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat, dass die Eltern zum Umgang verpflichtet und berechtigt sind und dass eine Umgangsregelung nur hinterfragt werden kann, wenn das Wohl des Kindes dies erfordert.
Im Grunde herein sollte das Kind also sein Recht auf Umgang wahrnehmen können. Dieses Recht darf jedoch für das Kind nicht zum Unrecht, auch nicht zur Pflicht und erst recht nicht zur Gefährdung oder Schädigung führen.
Für Pflegeeltern bedeutet dies ein JA – ABER, ein grundsätzliches JA mit dem ABER der Auswirkungen von Kontakten auf das Kind.

Was können Pflegeeltern erwarten und verlangen?

Pflegeeltern können erwarten und auch verlangen, dass:

1. sie grundsätzlich an der Hilfeplanung beteiligt werden.

Die Hilfeplanung hat sich an der Entwicklung des Kindes zu orientieren. So sind Vereinbarungen z.B. auch von Besuchskontakten aufgrund der beobachteten Bedürfnisse und Reaktionen des Kindes zu entscheiden. Diese Entscheidungen müssen veränderbar sein.

2. ihre Beobachtungen ernst genommen werden und von entscheidender Bedeutung sind

Ich weiß, dass Pflegeeltern in dem was sie sagen häufig nicht wirklich ernst genommen werden mit der Erklärung, dass sie ja nicht sachlich, sondern emotional seien und das Kind an sich klammern würden. Im Prinzip wird den Dauerpflegeeltern dadurch die Erfüllung ihres Auftrages vorgeworfen, der ja darin besteht, Bindungen zwischen sich und dem Kind zu ermöglichen. Wenn dann Bindungen entstanden sind reagieren Pflegeeltern ähnlich wie Eltern - eben auch emotional auf Dinge, die sie als bedrohlich oder verunsichernd erleben. Natürlich geht dies dann auch nicht am Kind vorbei. Kinder empfinden jedoch darüber hinaus auch absolut eigene Gefühle und interpretieren Geschehnisse nach eigenem Befinden.

3. alle am Hilfeplan-Beteiligten sich an die dort besprochenen Vereinbarungen halten.

Besuchskontakte werden im Hilfeplan thematisiert. Wenn es Besuchskontakte gibt, dann ist es absolut hilfreich und sorgt für Klarheit, wenn alles, was zu den Kontakten gehört gemeinsam besprochen und festgelegt wird:

  • wann: Termine benennen
  • wie lange: zeitlicher Umfang von ? Uhr bis ? Uhr (auch beim Zuspätkommen soll es ein pünktliches Beenden geben)
  • wo: Ort
  • wer bringt, wer holt das Kind zum Besuchskontakt
  • wer nimmt teil: Mutter/Vater, Kind, Pflegeeltern? Sozialarbeiterin?, Begleiter?
  • Wie lange sollen Kind und Pflegeeltern warten, wenn Eltern zu spät kommen?
  • Wie ist zu erreichen, dass Mutter/Vater beim Kontakt auch nüchtern oder clean sind?
  • Wie kann auf die Bedürfnisse des Kindes eingegangen werden – Kind will z.B. nach Hause, Kind wird quengelig, Kind will nicht zum Kontakt etc.
  • was vereinbaren die Beteiligten, wenn ein Termin z.B. wegen Krankheit ausfällt?
  • was hat es für Konsequenzen, wenn Muter/Vater zu einem Termin nicht erscheinen?
  • usw.

Alle am Hilfeplan Beteiligten – Herkunftseltern, Pflegeeltern aber natürlich auch das Jugendamt müssen sich an die Vereinbarungen halten. So kommt manchmal ein Anruf an die Pflegeeltern, durch den ein anderer, erweiterter, zusätzlicher oder sonst wie veränderter Kontakt erfolgen soll, weil die leiblichen Eltern dies vom Jugendamt verlangt haben.
Hilfeplan-Vereinbarungen können nur über den gleichen Weg verändert werden, wie sie entstanden sind – indem ein neues Hilfeplangespräch anberaumt wird und dort die Kritiken, Wünsche und Überlegungen eingebracht und neu vereinbart werden.

4. die Kinder die Hauptfeiertage und den Geburtstag in der Pflegefamilie verbringen können

Diese Umgangsregelung ist vergleichbar der Umgangsregelung mit Scheidungskindern, die diese Tage bei dem Elterteil verbringen, bei dem sie leben. Umgangstag könnte z.B. der zweite Feiertag sein.

5. die Kinder mit ihnen in Urlaub fahren können. Umgang fällt dann aus.

6. der Urlaub wegen der Kontakte nicht verschoben werden muss.

7. Kontakte nur stattfinden, wenn die Eltern alkohol- bzw. drogenfrei sind.

Wo dies durch die leiblichen Eltern nicht sicher gestellt wird, erlebte ich in der Praxis VOR dem eigentlichen Besuchskontakt ein Treffen der Sozialarbeiterin mit diesen Eltern. Die Sozialarbeiterin gibt dann je nach Verfassung der Eltern grünes oder rotes Licht für den Kontakt.

8. Kontakte pünktlich beginnen und pünktlich enden.

9. die Pflegeeltern selbst entscheiden, ob die Kontakte in ihrem Zuhause stattfinden oder nicht.

Ob Besuchskontakte im Zuhause der Pflegefamilie stattfinden oder nicht ist wiederum ein immerwährendes Diskussionsthema. Gerade hier ist in besonderer Weise auf die Bedürfnisse und Befindlichkeit des Pflegekindes zu achten. Viele Pflegekinder möchten ihr Zuhause alsTrutzburg „my home is my castle“ empfinden. Diese Burg soll unüberwindbar sein und Sicherheit geben. Bei uneinschätzbaren und unverlässlichen leiblichen Eltern ist dieser Wunsch bei den Kindern sehr ausgeprägt. Hier ist das Kind unbedingt zu schützen. Besuchskontakte haben dann- wenn überhaupt - in einem neutralen Umfeld stattzufinden.
Manche Pflegeeltern hatten gegen einen Kontakt in ihrem Zuhause zuerst nichts einzuwenden. Häufig haben Sie dann allerdings miterleben müssen, dass ihr Kind abends begann, die Haustür zu verrammeln und peinlich genau darauf zu achten, dass die Jalousien auch runter waren.
Besuchskontakte im Zuhause der Pflegefamilie sind daher mit äußerster Vorsicht zu betrachten und nur denkbar, wenn

  • das Kind in die Pflegefamilievoll integriert ist,
  • die leiblichen Eltern mit der Unterbringung einverstanden sind
  • und daher nicht an dem Kind ziehen,
  • wenn Pflegeeltern und Eltern sich verstehen und achten,
  • wenn die Pflegeeltern und das Kind diesen Besuch bei sich zuhause auch wirklich wollen.

10. Kontaktzeiten vereinbart werden, die die Pflegeeltern selbst ebenfalls so wollen

Bei der Planung von Besuchskontakten kann die Pflegefamilie natürlich ihre eigenen Termine, Planungen und Vorlieben einbringen, die dann Berücksichtigung finden müssen.
Wenn Sie sich auf einen Kompromiss einlassen, dann nur auf einen, den Sie auch wirklich eingehen wollen. Besuchskontakte können schon allein wegen einer für die Pflegefamilie als äußerst ungünstig empfunden Terminlage (z.B. Wochenende) schwer belasten.

11. Sie das Kind nicht der Mutter / dem Vater übergeben müssen, wenn sie das Gefühl haben, dass diese der Verantwortung für das Kind nicht gewachsen sind

Dazu möchte ich nur 2 Beispiele beschreiben:

Nachdem das Kind der Mutter übergeben worden war, lief es auf die Straße. Die Pflegemutter spurtete hinterher und holte es zurück. Daraufhin wurde sie getadelt, dass sie das Kind ja nun an die Mutter abgegeben habe und diese daher jetzt die Verantwortung trage.
Die leibliche Mutter holt ihr viermonatiges Baby für 4 Stunden ab. Sie bekommt von der Pflegemutter alle notwendige Nahrung, Windeln und Kleidung zurechtgemacht und nimmt auch alles mit. Nach dem Kontakt ist alles ungenutzt in der Tasche. Das Kind ist wahrscheinlich unversorgt. Zurückgekommen trinkt es unruhig und in Panik übergroße Mengen.
Wenn Sie dies erlebt haben und vorsichtig geworden sind, dann besprechen Sie sich mit Ihrer Sozialarbeiterin und klären ab, was Sie bei nächsten Mal dann tun sollen: Anrufen etc.

12. Sie selbst beim Kind bleiben können, wenn dies das Kind wünscht oder es für das Kind selbstverständlich ist, dass Mama und Papa es nicht allein lassen.

Besonders für kleine Kinder ist es unverständlich, wenn Mama oder Papa (Pflegeeltern) das Pflegekind allein in einer Situation lassen, in der sie es unter anderen Umständen nicht allein gelassen hätten – bei einem Menschen, der dem Kind nicht (sehr) vertraut ist. Oder wenn Mama und Papa sich beim Besuchskontakt so ganz anders verhalten als normalerweise bei einem Besuch. Es ist wichtig ist, dass Pflegemutter oder Pflegevater auch in Anwesenheit der leiblichen Eltern dieselben verlässlichen „Liebes“personen für das Kind bleiben und sich nicht künstlich zurücknehmen.

13. Ihr Recht auf eigene Anträge und Klärungen beim Familiengericht respektiert wird.
Den Pflegepersonen wurden rechtliche Möglichkeiten an die Hand gegeben, damit sie diese auch zum Wohl des Kindes nutzen sollen und können. Pflegeeltern, die eine gerichtliche Klärung herbei führen wollen, fühlen sich dem Kind gegenüber sehr verantwortlich und investieren oft viel an Aufregung und Finanzen.

14. Sie weiterhin als Privatleute mit privaten Wünschen akzeptiert werden
Auch wenn die Pflegefamilie eine „Maßnahme“ der Jugendhilfe ist, ist sie keine Institution sondern eine private Familie. Selbstverständlich muss sich eine Pflegefamilie öffnen für Situationen und Erfahrungen der Pflegekindschaft, aber sie muss darüber nicht die Intimität der Familie sprengen. Diese Privatheit der Familie mit den Anforderungen einer „Maßnahme der Jugendhilfe“ zu verbinden ist in sich schon ein Balanceakt. Umgangsregelung kann nur dann gelingen, wenn neben den Bedürfnissen des Kindes auch die Bedürfnisse und Grenzen der Pflegefamilie – der Pflegeeltern und der Pflegegeschwister – Akzeptanz finden.

Können Pflegeeltern Besuchskontakte ablehnen?

Pflegeeltern können nur dann Besuchskontakte ablehnen, wenn dies das Wohl des Kindes erfordert oder die Kontakte das Wohl des Kindes gefährden. Pflegeeltern können die Kontakte nicht deswegen ablehnen, weil sie diese vom Prinzip her für unsinnig oder schädlich halten. Kontakte sind nur aus der Sicht des Kindes her zu hinterfragen.
An der Vorgeschichte, der Entwicklung und den Bedürfnissen des Kindes ist zu prüfen und zu entscheiden, ob Kontakte des Kindes zu den Herkunftseltern für das Kind – überhaupt oder noch - sinnvoll und seinem Wohle gemäß sind.
Pflegeeltern können sich dann gegen Besuchskontakte aussprechen, wenn sie diese Kontakte mit Blick auf das Kind nicht und nicht mehr verantworten können.
Die Kompetenz der Pflegeeltern zur Beurteilung der Sinnhaftigkeit von Kontakten liegt darin, dass sie den Alltag mit dem Kind erleben und sein Wesen und seine Reaktionen hautnah erfahren. Wenn Pflegeeltern glauben, Kontakte nicht oder nicht mehr zulassen zu können, weil diese das Kind zu sehr belasten, dann ist es absolut hilfreich, sich Helfer an die Seite zu holen, die das Kind ebenfalls gut kennen und es einschätzen können.
Solche Helfer können sein: Kindergärtnerin, Lehrerin, Kinderarzt, Kindertherapeutin, Sozialarbeiterin u.ä.
Diese Personen erleben das Kind ebenfalls oder können es in seinen Reaktionen einschätzen. Das Gespräch mit ihnen gibt den Pflegeeltern die Möglichkeit, einerseits ihre eigene Haltung noch einmal zu überprüfen und zu vergleichen und andererseits Stütze und Hilfe zu finden.
Das Kind braucht und erwartet den Schutz seiner (Pflege)Eltern. Es ist darauf angewiesen, dass die Pflegeeltern den Mut aufbringen, es auch schützen zu wollen, wenn sie dies für notwendig halten.
Pflegeeltern sollten sich umgehend mit ihrem Jugendamt in Verbindung setzen, wenn sie eine Gefährdung des Kindes sehen. Wenn alles zu lange dauert, dann kann es auch notwendig sein, dass die Pflegeeltern sich unmittelbar an das Familiengericht wenden und beantragen, dass Kind nicht zum Umgang herausgeben zu müssen. Das Gericht kann dann - je nach Schwere der Situation - eine einstweilige Anordnung erlassen.

Hilfen für die Pflegeeltern

Pflegeeltern fühlen sich in solchen Situationen immer sehr belastet und zwischen allen Stühlen sitzend. Hier ist es wichtig, dass die Pflegeeltern sich selbst Helfer an ihre Seite holen, die sie stärken und unterstützen.
Natürlich wäre hier der erste Ansprechpartner die/der betreuende SozialarbeiterIn. Wenn hier Einigkeit erzielt wird, dann haben die Pflegeeltern schon ein ganzes Stück geschafft. Wenn dies aber nicht so ist wird es härter. Wenn darüber hinaus dann auch noch ein Gerichtsverfahren ansteht oder die Herkunftsfamilie einen Anwalt beauftragt, dann weht der Wind schärfer.
Es ist wirklich notwendig, dass die Pflegeeltern sich ein Netzwerk schaffen, in dem sie sich aufgefangen fühlen. Das kann natürlich einerseits die erweiterte eigene Familie sein, dass können aber auch andere Pflegefamilien sein. Treffen mit Pflegeeltern, Informationen und Beratung durch die Pflegeelternverbände, engagierte Fachkräfte, Psychologen und Juristen helfen, sich gestärkt und nicht ausgeliefert zu fühlen.
„Wer sonst“ sagte einmal eine Pflegemutter „wer sonst wenn nicht wir, müssen für diese Kinder kämpfen. Wir haben sie zu uns genommen, wir sagen ihnen, dass wir sie lieben - nun müssen wir ihnen auch zeigen, dass wir’s ernst meinen“.

Letzte Aktualisierung am: 
04.07.2013

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