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12.12.2012
Politik

Anfrage zur Erhebung von Gesundheitsdaten im Rahmen der Vollzeitpflege

PFAD Bayern fragte beim bayerischen Datenschutzbeauftragten an, ob eine routinemäßige und weitreichende Erhebung von Gesundheitsdaten bei allen Pflegeeltern, die auch eine Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht enthielt, rechtens ist.

Informationen von PFAD e.V. zu der Anfrage

"Der Tod des 11-jährigen Pflegekindes Chantal in Hamburg zeigte auch bundesweit Auswirkungen. Nicht nur in Hamburg reagierte die Jugendhilfe mit der Einrichtung neuer Kontrollinstrumente zur Überwachung von Pflegeeltern.
Der PFAD FÜR KINDER Landesverband Bayern nahm in Zusammenarbeit mit einem seiner Ortsvereine eine entsprechende Aktion eines bayerischen Jugendamtes zum Anlass, eine Überprüfung durch den Bayerischen Datenschutzbeauftragten sowie das Landesjugendamt in die Wege zu leiten.
Das betreffende Jugendamt wollte im März 2012 – mit ausdrücklichem Hinweis auf den „Fall Chantal“ – eine routinemäßige und weitreichende Erhebung von Gesundheitsdaten bei allen Pflegeeltern in seinem Zuständigkeitsbereich einführen, die auch eine Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht enthielt.
Im November unterrichtete der bayerische Datenschutzbeauftragte den PFAD FÜR KINDER Landesverband Bayern von seiner Rechtsauffassung, die über das Landesjugendamt den bayerischen Jugendämtern zur Kenntnis gegeben werden wird und auch über Bayern hinaus von Interesse sein wird."

Einschätzung des Datenschutzbeauftragten kurz zusammengefasst

  • Grundsätzliche Zulässigkeit einer ärztlichen Bescheinigung

Aufgrund des § 62 Abs.1 SGB VIII dürfen diejenigen Sozialdaten erhoben werden, die zur Prüfung der Eignung eines Bewerbers erforderlich sind – also auch ein ärztliches Attest
Es gibt jedoch unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich des Umfangs des ärztlichen Attests.

Der Datenschutzbeauftragte ist der Überzeugung, dass es ausreichend ist, wenn in der ärztlichen Bescheinigung bestätigt wird, dass der Bewerber nicht an einer Krankheit leidet, die das Wohl des Kindes nicht nur unerheblich gefährdet.

  • Befreiung von ärztlicher Schweigepflicht

Seiner Einschätzung nach ist die pauschale Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht ebenfalls nicht erforderlich.
Er hält ausschließlich die Fragestellung für erforderlich ob o.g. Erkrankungen (Bedenken zur Betreuung von Pflegekindern) vorliegen.

  • Regelmäßige Vorlage eines Fragebogens

In einer regelmäßige Vorlage eines Fragebogens zur gesundheitlichen Eignung wird explizit unterschieden, ob das ärztliche Attest bei Erteilung einer Pflegeerlaubnis oder bei einem laufenden Pflegeverhältnis erforderlich ist.
Soll EINMALIG ein ärztliches Attest im Rahmen eines laufenden Pflegeverhältnisses erhoben werden, ist die Beschaffung im erforderlichen Maß auf Grundlage des § 62.a SGB VIII zulässig.
Hinsichtlich einer einmaligen flächendeckenden verdachtsunabhängigen Erhebung von derartigen ärztlichen Attesten von Pflegepersonen ist es allerdings schon fraglich, ob der o.a. Paragraf dafür ausreichend ist.
Die regelmäßige Einholung von ärztlichen Attesten kommt einer Dauerkontrolle der hiervon betroffenen Personen nahe und stellt somit einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

  • Unzulässigkeit von Drogentests

Der Datenschutzbeauftragte geht davon aus, dass unabhängig vom konkreten Einzelfall Einigkeit darüber besteht, dass grundsätzlich Drogentests unzulässig sind. Angesichts des ärztlichen Attestes dürfte eine derartige Erhebung schon an der Erforderlichkeit scheitern.

Das Schreiben des Datenschutzbeauftragten finden Sie hier auf der PFAD-Webseite.

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