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Fachgespräch zur Situation der Pflegefamilien in Bayern
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Elke Brehm-Kröning, stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes der Pflege- und Adoptivfamilien in Bayern e. V. (PFAD für Kinder) verwies auf folgende Punkte:
- Wichtig sei vor allem die Vorbereitung der Pflegeeltern-Bewerber, damit sie gut starten könnten, wenn sie ein Kind übernähmen.
- Fort- und Weiterbildung der Pflegeltern, wenn Kinder mit Diagnosen wie FSAD (Fetale Alkoholspektrum-Störung) oder Traumatisierungen in die Familien kämen.
- Ein großes Problem sei, dass Pflegemütter, die über 30 oder 40 Jahre Pflegekinder erzogen hätten und aufgrund dessen nicht arbeiten konnten, nun „im Rentenalter in die Altersarmut“ fielen. Rentenpunkte würden hier nicht ebenso angesetzt wie etwa bei pflegenden Angehörigen. „Hier ist eine Absicherung nötig“, betonte Brehm-Kröning.
- Die heutigen Pflegekinder bringen einen weitaus größeren Rucksack mit in die Pflegefamilie mit.
- Probleme mit Bewerbern, die aus dem Adoptivelternbereich kommen und andere Erwartungen an ein Kind hätten.
Alwine Höckmair, Beisitzerin beim PFAD, bemängelte, dass die Fortbildung für Pflegefamilien bisher keine Pflicht sei, im Gegensatz zur Tagespflege. Sie bemerkte dazu:
„Pflegeeltern informieren sich darum oft aus dem Internet mit teils unsinnigen Vorschlägen.“ Tagungen mit Fachreferenten müsse man mangels Pflegeeltern absagen – trotz angebotener Kinderbetreuung von Anfang bis Ende. „Sie kommen einfach nicht.“ Jugendämter fürchteten immer, wenn man Fortbildungen von den Pflegeeltern verlange, würde es noch weniger Bewerber geben. „Das sehen wir komplett anders: Wir wollen gut vorbereitete Pflegeeltern haben, weil die Ansprüche an sie immer größer werden“
Isabella Brähler, stellvertretende Sachgebietsleiterin vom Amt für Jugend und Familie Dachau, erläuterte die Situation vor Ort:
Jede Bewerbung als Pflegeeltern werde „auf Herz und Nieren geprüft, sozial, emotional, finanziell“, das habe sich bewährt. „Wir betreuen momentan 80 Pflegekinder in circa 60 Vollzeit-Pflegefamilien. Dazu kommen noch neun Kurzzeit-Pflegefamilien, die immer wieder mal belegt sind.“ Gerade im teuren Großraum München seien Familien oft darauf angewiesen, dass beide Partner Vollzeit berufstätig sind. Viele Pflegekinder seien aber noch sehr jung und benötigten „gerade am Anfang eine feste Bezugsperson“, die eben nicht berufstätig sei. Auch sei das Rententhema in der Tat „eine Schlechterstellung, die viele Pflegefamilien abschreckt“.
Larissa Böck von Context e.V., einer Kinder-, Jugend, und Familienhilfe, berichtete, dass ihr Träger Pflegefamilien unterstütze, die Kinder mit besonderem Bedarf aufnehmen "Die schwierigen Fälle. Das Aufwachsen in einer Familie mit dem Erlernen von korrigierenden Beziehungserfahrungen kann eine stationäre Einrichtung nicht bieten.“
Dr. Harald Britze, stellvertretender Leiter des Bayerischen Landesjugendamtes im Zentrum Bayern Familie und Soziales, berichtete als Vertreter der Staatsregierung, dass es in Bayern rund 8000 Pflegeverhältnisse pro Jahr gebe - dazu entfielen noch 2000 beendete und kämen 2000 neue dazu. „Die größte Gruppe der Pflegekinder liegt im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren, die Kinder werden aber immer jünger“, so Britze.
Im Anschluss der Mitteilungen der Experten stellten Politiker aus den verschiedenen Parteien Fragen zur Pflegekinderhilfe.
Die Ausschussvorsitzende Doris Rauscher (SPD) schloss: „Ihre Signale sind angekommen!“