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Tiefergehende Information

Rechte und Pflichten von Pflegepersonen / Erziehungsstellen

Pflegepersonen haben Rechte und Pflichten, die sich in verschiedenen Rechtsverhältnissen darlegen.

SGB VIII

Als Leistung erbringende Stelle im Rahmen der Hilfe zur Erziehung haben die Pflegepersonen Pflichten, die sich aus den Zielsetzungen der Hilfeplanung ergeben:

Pflichten der Pflegeeltern

  1. Die Pflegepersonen haben im Rahmen des § 36 bei der Hilfeplanung mitzuwirken.
  2. Sie haben gemäß § 37
  • mit den Herkunftseltern ihres Pflegekindes zusammen zu arbeiten,
  • mit dem Jugendamt zusammen zu arbeiten,
  • das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl ihres Pflegekindes betreffen (z.B. Trennungen, Umzüge, weitere Kinder in der Familie etc.).
  • Sie sind verpflichtet, Sozialdaten des Pflegekindes oder dessen leiblicher Familie, die ihnen vom Jugendamt zum Zwecke der erzieherischen Hilfe anvertraut wurden, nicht weiter zu geben.(Datenschutz: § 35 SGB 1; §§ 61 und folgende und § 65 SGB VIII).

Rechte der Pflegeeltern

  • Die Pflegeeltern haben vor und während der Unterbringung des Kindes einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch einen Fachdienst.
  • Die Pflegeeltern haben einen Anspruch darauf, dass die Kosten für den Sachaufwand sowie die Pflege und Erziehung des Pflegekindes (Pflegegeld) durch das Jugendamt sicher gestellt wird.
  • Die Pflegeeltern haben einen Anspruch auf Beihilfen und auf Krankenhilfe für ihr Pflegekind (§ 40 SGB VIII).
  • Die Pflegeeltern haben einen Anspruch auf Alterssicherung und Unfallversicherung.

Bürgerliches Gesetzbuch

1.Antragstellung nach § 1630 Absatz 3 – freiwillige Übertragung von Angelegenheiten der elterlichen Sorge

Erläuterungen dazu in diesem Artikel

2. Antrag auf eine Verbleibensanordnung

§ 1632 Absatz 4

„(4) Lebt das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und wollen die Eltern das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen, dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde“.
Der Begriff der "längeren Zeit" im § 1632.4 ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und richtet sich nach dem Alter des Kindes. Der "längere Zeitraum" soll mit dem Zeitbegriff des Kindes, um das es geht, bestimmt werden. Dies bedeutet, dass für ein jüngeres Kind der Begriff der "längeren Zeit" anders zu verstehen ist als für ein älteres Kind.

3. Entscheidungsbefugnisse der Pflegeperson

§ 1688 BGB

„(1) Lebt ein Kind für längere Zeit in Familienpflege, so ist die Pflegeperson berechtigt, in Angelegenheiten des täglichen Lebens zu entscheiden sowie den Inhaber der elterlichen Sorge in solchen Angelegenheiten zu vertreten. Sie ist befugt, den Arbeitsverdienst des Kindes zu verwalten sowie Unterhalts-, Versicherungs-, Versorgungs- und sonstige Sozialleistungen für das Kind geltend zu machen und zu verwalten. § 1629 Abs. 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(2) Der Pflegeperson steht eine Person gleich, die im Rahmen der Hilfe nach den §§ 34, 35 und 35a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch die Erziehung und Betreuung eines Kindes übernommen hat.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn der Inhaber der elterlichen Sorge etwas anderes erklärt. Das Familiengericht kann die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
(4) Für eine Person, bei der sich das Kind auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung nach § 1632 Abs. 4 oder § 1682 aufhält, gelten die Absätze 1 und 3 mit der Maßgabe, dass die genannten Befugnisse nur das Familiengericht einschränken oder ausschließen kann“.

Angelegenheiten des alltäglichen Lebens

Befugnisse der Pflegeperson sind die Entscheidungen des täglichen Lebens – also die Alltagssorge. Wir haben im Abschnitt „Alltagssorge und Grundentscheidungen“ die Alltagssorge beschrieben.

Gefahr im Verzuge

Im 1688 BGB wird auf § 1629 Abs. 1 Satz 4 hingewiesen. Dort heißt es:

„Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten“.

Gefahr im Verzug bezeichnet eine Sachlage, bei der ein Schaden eintreten würde, wenn nicht an Stelle der zuständigen Behörde oder Person eine andere Behörde oder Person tätig wird.

Das heißt, dass die Pflegeeltern bei Gefahr im Verzug berechtigt sind, Rechtshandlungen für das Kind vorzunehmen um Schaden von ihm zu wenden. Sie müssen dann unverzüglich den Sorgeberechtigten über ihre Handlungen informieren.

Unterhalts-, Versicherungs-, Versorgungs- und sonstige Sozialleistungen für das Kind geltend machen und verwalten

Dass dieses Recht in den § 1688 aufgenommen wurde hat natürlich seinen Sinn: Es soll auf jeden Fall möglich sein, Leistungen für das Kind geltend zu machen, auch dann, wenn die Sorgeberechtigten selbst (deren eigentliche Aufgabe dies ja wäre) diese Leistungsanträge nicht stellen.

Da solche Antragstellungen immer mit gewissem Aufwand an Zeit, Vorwissen und Kenntnissen verbunden sind, wäre es für die Pflegeeltern sicherlich sinnvoll, erst einmal den Sorgeberechtigten auf diese Notwendigkeit hinzuweisen. Manchmal werden die Anträge dann trotzdem nicht gestellt, und so bleibt den Pflegeeltern keine andere Wahl, als in die Bresche zu springen.

In manchen rechtlichen Konstruktionen ist es sogar notwendig, dass der Antrag von den Pflegeeltern gestellt wird. Dies gilt z.B. für den Antrag auf Opferentschädigung – im besonderen Maße dann, wenn die Eltern noch das Sorgerecht haben.

FamFG- Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

  • Pflegeeltern können in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, im Interesse des Kindes als Beteiligte hinzu gezogen werden, wenn das Kind seit längerer Zeit in der Pflegefamilie lebt ( § 161)
  • Pflegepersonen sind anzuhören, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt (§ 161)

Sonstige Rechte

Pflegeeltern für unbefristet untergebrachte Pflegekinder (Dauerpflege) haben Anspruch auf

  • Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtungszeiten für ihren Rentenanspruch
  • das Kindergeld für ihr Pflegekind – und alle sich daraus ergebenden Ansprüche
  • Eintrag des Kindes auf ihre Lohnsteuerkarte bzw. Anrechnung bei der Einkommensteuererklärung

Ausführlichere Informationen zu finanziellen Ansprüchen finden Sie in unserem Themenheft: „Pflegefamilien-Finanzen“.

Pflichten aufgrund von Ausführungsgesetzen zum SGB VIII

Die meisten Bundesländer haben zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) Ausführungsgesetze erlassen, in denen Ausführungen zur Umsetzung des SGB VIII gesetzlich festgeschrieben wurden.
Beispiele aus einem Bundesland von denen auszugehen ist, dass in anderen Bundesländern vergleichbare Ausführungen erlassen wurden:

Ausführungsgesetz zum SGB VIII aus NRW

§ 19 Aufsicht

„(1) Die Pflegeperson hat den Beamtinnen / den Beamten und Angestellten sowie den Beauftragten des Jugendamtes Auskunft über die Pflegestelle und das Kind zu erteilen. Den Beamtinnen / Beamten und Angestellten sowie den Beauftragten des Jugendamtes ist der Zutritt zu dem Kind und den Räumen, die zu seinem Aufenthalt dienen, zu gestatten. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(2) Die in Absatz 1 Satz 2 genannten Personen haben ihren Dienstausweis oder einen vom Jugendamt ausgestellten Ausweis bei sich zu führen und auf Verlangen vorzuzeigen.“

§ 20 Anzeigepflicht

„Ist einem Ehepaar die Pflegeerlaubnis erteilt, so ist dem Jugendamt unverzüglich mitzuteilen, wenn ein Ehegatte stirbt oder von einem Ehegatten Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe erhoben wird. Die Verpflichtung zur Mitteilung obliegt im Falle des Todes dem überlebenden Ehegatten, in allen übrigen Fällen beiden Ehegatten. Die Vorschriften finden auf eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner entsprechende Anwendung.“

Letzte Aktualisierung am: 
13.07.2013