Sie sind hier

Tiefergehende Information

Sind Pflegekinder und Pflegeeltern bei Schäden im Haushalt geschützt?

Die Absicherung von Pflegeeltern und Pflegekindern bei Schäden im Innenverhältnis der Pflegefamilie ist häufig lückenhaft. Mit der Frage der sogenannten Binnenversicherung beschäftigt sich der Aufsatz von Henrike Hopp

Ein Schadensfall in Berlin, bei dem das Pflegekind zündelte und die Wohnung der Pflegeeltern in Flammen aufging veranlasste uns (die BAG-KiAP), an Landesjugendämter, Jugendämter, und Pflegeelternvereine die Fragen zu stellen: Wie sind Pflegekinder und die Pflegeeltern bei Personenschäden oder Sachschäden, die innerhalb der Pflegefamilie entstanden sind, geschützt?

Hier geht es nicht um die Frage des generellen Versicherungsschutzes bei Schäden, sondern um die Frage der sogeannten Binnenversicherung, also des Schutzes im Innenverhältnis der Pflegefamilie.

Schäden gegenüber Dritten werden im Allgemeinen durch die Privathaftpflicht der Pflegeeltern bzw. durch die Haftpflichtversicherung des Jugendamtes abgedeckt. Die Privathaftpflicht der Pflegeeltern beinhaltet meist den Passus, dass alle Kinder, die im Haushalt der Pflegeeltern leben, in den Versicherungsschutz einbezogen werden. Es ist daher notwendig, dass die Pflegeeltern der Versicherung mitteilen, dass das Pflegekind .... nun in ihrem Haushalt lebt.

Unsere Landesvertretungen und örtlichen Initiativen haben bei ihren Jugendämtern zur Binnenversicherung nachgefragt. Die Antworten waren wie ein bunter Strauß dorniger Rosen: "Ja, wir haben einen Schutz" und genauer Beschreibung desselben - bis hin zu: "da haben wir noch nicht drüber nachgedacht" gab es alle Antworten.

Welche Möglichkeiten wurden uns beschrieben:

1. das Jugendamt hat eine Haftpflichtversicherung bzw. einen Haftpflichtdeckungsschutz sowohl für Schäden an Dritte als auch innerhalb der Pflegefamilie abgeschlossen.

Beispiel: Schreiben des Landkreises Schönebeck (Sachsen-Anhalt) an den örtlichen Pflegefamilienverein:

"Der gewünschte Versicherungsschutz für Pflegepersonen und Pflegekinder (Innenverhältnis) besteht seit dem 1.1.2004. Der Landkreis hat eine Haftpflichtversicherung mit der Ostdeutschen Versicherung AG (OVAG) abgeschlossen.
Der Kommunale Schadensausgleich (KSA) gewährt seinen Haftpflichtdeckungsschutz zu einem der Pflegeperson für Haftpflichtansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen sie aus der Betreuungstätigkeit entstehen. Zum anderen besteht der Haftpflichtdeckungsschutz auch für das Pflegekind. Der Deckungsschutz bezieht sich nicht auf gegenseitige Anspruche zwischen Pflegeperson und Pflegekinder ( sog. Innenverhältnis).

Umfang des Haftpflichtdeckungsschutzes anhand folgender Beispiele:

Fall 1: Die Pflegeperson hält sich mit dem Pflegekind auf einem Spielplatz auf. Sie beaufsichtigt das Kind nicht und bemerkt deshalb auch nicht, dass es den Spielplatz verlässt und ein parkendes Auto mit einem Stein zerkratzt. Der Schaden ist hier einem Außenstehenden eingetreten. Daher gewährt der KSA sowohl der Pflegeperson als auch dem Pflegekind Haftpflichtdeckungsschutz.

Fall 2: Die Pflegeperson bereitet das Mittagessen zu. Sie beaufsichtigt das Pflegekind nicht. Dieses zieht einen Kochtopf vom Herd und verbrüht sich dabei. Hier richten sich Schadensersatzansprüche des Pflegekindes gegen die Pflegeperson. Betroffen ist also das Innenverhältnis. Hier greift die Haftpflichtversicherung bei der OVAG.

Fall 3: Das Pflegekind spielt im Haushalt der Pflegeperson und stößt dabei versehentlich eine Vase herunter. Auch hier ist der Schaden im Innenverhältnis eingetreten, d.h. das Pflegekind erhält über den KSA keinen Haftpflichtdeckungsschutz. Das Haftpflichtrisiko wird die die OVAG abgedeckt.

Die Schadensbearbeitung erfolgt über den Landkreis Schönebeck. Schadensmeldungen können im Bürgerbüro, Jugendamt .... abgegeben werden ...."

Einige andere Städte haben ebenfalls diesen umfassenden Versicherungsschutz jedoch bei anderen Versicherungen abgeschlossen.

Wichtig hierbei:

Solche Versicherungen treten erst unter gewissen Bedingungen ein:

  • bei Kindern ab 7 Jahren
  • bei einer Aufsichtspflichtverletzung durch die Pflegeeltern
  • mit einer gewissen Selbstbeteiligung

Die Fairversicherung teilte uns folgendes mit:
"Seit 4 Jahren bieten wir unsere Pflegeeltern Haftpflicht als Einzel- oder Zusatzvertrag an. Sogar als Gruppenvertrag für Jugendämter, Verbände und Vereine und auch für Pflegestellen. Wir versichern Kinder unter 7 Jahre, Kinder mit Behinderung und verzichten auf die Prüfung der Aufsichtspflicht."
Wenn Sie Interesse haben schauen Sie mal HIER

2. Das Jugendamt hat einen Versicherungsschutz nur bei Schäden gegenüber Dritten abgeschlossen, übernimmt jedoch Schäden im Innenverhältnis über Beihilfemöglichkeit.

Diese Möglichkeit wurde von den meisten Jugendämtern genannt. Versicherungsschutz bei Schäden an Dritten, aber kein Versicherungsschutz bei Schäden im Innenverhältnis.
Hier versichern die Jugendämter, werden (teilweise) Erstattung der Schäden durch die Jugendämter im Rahmen von Beihilfen direkt vorgenommen.

Begründung: Versicherungen für die Absicherung im Innenverhältnis sind so teuer, dass es sich bei den wenig gemeldeten Schäden der Pflegeeltern nicht lohnt und es wirtschaftlicher ist, direkt zu erstatten.

3. Das Jugendamt hat über die Absicherung des Innenverhältnisses bisher noch keine Regelung getroffen.

Pflegekind und Pflegeeltern haben keine Absicherung.

Ein uneinheitliches Bild

Die Praxis zeigt in der Frage der Absicherung der Pflegeeltern und des Pflegekindes also ein völlig uneinheitliches Bild mit den verschiedensten Lösungsansätzen.

Obwohl wir einerseits die Absicherung über Versicherungen und Kommunale Ausgleichskassen begrüßen, sind wir der Überzeugung, dass die Pflegeeltern auch darüber im Innenverhältnis nicht umfassend geschützt sind:

  • Was passiert bei Schäden, die von Kindern unter 7 Jahren verursacht werden?
  • Was passiert bei Schäden, die das Kind verursacht und es keine Aufsichtspflichtverletzung durch die Pflegeeltern gibt?
  • Ist die Kommune verpflichtet, die Personen- und Sachschäden der Pflegeeltern zu regulieren?

Hat der Gesetzgeber im neu verabschiedeten KICK eventuell eine Regelung auch für diesen Bereich im Blick wenn er in der Ergänzung des § 39 SGB VIII die laufenden Leistungen (Pflegegeld) um die Kosten einer Unfallversicherung erhöhen will? Es wird zu prüfen sein, ob unter diesem Begriff eine Absicherung von Pflegekind und Pflegeeltern auch im Innenverhältnis möglich sein wird.

Es ist unbedingt notwendig, dieses Thema weiter aktuell zu halten und Ideen zur Absicherung zu entwickeln.

Um dies umfassend tun zu können, brauchen wir erst einmal eine Sammlung der Lösungen, die bisher in die Praxis umgesetzt (oder angedacht) wurden.

Wir bitten Sie daher, uns Informationen über die Art und Weise einer eventuellen Absicherung und über entsprechende Angebote von Versicherungen und Anbietern zur Verfügung zu stellen.

Interessant sind ebenso bisher gemachte Erfahrungen mit Abwicklungen von Schäden durch Versicherungen oder Jugendämter. Natürlich bleiben ihre Angaben vertraulich.

Sie können uns diese Informationen per Post zukommen lassen.
Oder Sie benutzen das Kontaktformular.
Danke.

Letzte Aktualisierung am: 
17.05.2008