Diskussionspapier zur Adoption des Deutschen Vereins
Auszüge "Das Kindeswohl im Zentrum der Adoption" und "Dauerpflege und Adoption" des Diskussionspapiers zur Adoption des Deutschen Vereins vom Juni 2014
Nicht immer können Kinder bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen. Eltern entscheiden alleine oder gemeinsam, ihre Kinder aus unterschiedlichen Gründen nicht selbst aufzuziehen, Dritte entscheiden sich, die Verantwortung für diese Kinder dauerhaft zu übernehmen. Kinder, Herkunftseltern und Adoptiveltern sind damit dauerhaft miteinander verbunden; die Adoption ist für nahezu alle von ihnen ein Lebensthema. Die Adoption verändert die familiäre Zugehörigkeit und damit die Identität eines Kindes durch Rechtsspruch und stellt damit einen tiefgreifenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Kindes dar. AusführlichForschungsprojekte zu der Vorgeschichte und den Auswirkungen von Adoptionen auf Kinder gibt es in Deutschland bedauerlicherweise nicht.
Die Prüfung des Kindeswohls steht im Zentrum der Adoption. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt, hierzu hat sich Deutschland mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention (UNKRK) verpflichtet. Gemäß § 1741 BGB ist die Annahme als Kind zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Das Kindeswohl geht den Wünschen von Adoptionsbewerber/innen vor. Aufgabe des Staates ist es, alles zu tun, damit die Grundbedürfnisse von Kindern erfüllt und ihre Rechte geschützt werden. Zu diesen Grundbedürfnissen und Rechten zählen insbesondere die Bedürfnisse nach Kontinuität in Form von beständigen und liebevollen Beziehungen, nach körperlicher Unversehrtheit und Sicherheit sowie nach entwicklungsgerechten Erfahrungen. Dazu gehört auch das Recht, Kenntnis von der eigenen Abstammung zu erlangen.
Diese Grundbedürfnisse konnten bei Kindern, die zur Adoption freigegeben werden, in ihrer Herkunftsfamilie in der Regel nicht in vollem Umfang befriedigt werden. Vor allem ältere Kinder haben zum Zeitpunkt ihrer Adoption häufig Zurückweisung oder Vernachlässigung erlebt; viele Kinder haben zudem besondere Bedürfnisse oder physische und psychische Beeinträchtigungen. Eine Adoption ist für sie die Chance, in einer Familie aufwachsen zu können, in der ihre Bedürfnisse wahrgenommen werden und sie sich positiv entwickeln können.
Das Ziel der Adoption, insbesondere der Fremdadoption, ist es, für ein Kind geeignete Eltern zu finden. Angesichts der Tragweite des Adoptionsausspruches ist eine Adoption nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Dies gelingt umso besser, je sorgfältiger die Situation des Kindes erfasst wird und je größer die Auswahl an Bewerber/innen ist. Künftige Adoptiveltern müssen in der Lage sein, mit der Biografie ihres Kindes umzugehen und eine möglichst dauerhafte und verlässliche Beziehung zu ihm aufzubauen. Zu diesem Zweck und um etwaige psychische und/oder physische Beeinträchtigungen des Kindes und die damit verbundenen Belastungen im Alltag aushalten zu können, ist es wichtig, dass Bewerber/innen über eine stabile Persönlichkeit verfügen und dem Kind ein Aufwachsen in einem gedeihlichen Umfeld ermöglichen. Um beurteilen zu können, ob dies gewährleistet ist, wird bei den Bewerber/innen eine Vielzahl von Faktoren geprüft. Betrachtet werden vor allem psycho-soziale Aspekte, z.B. wie mit ungewollter Kinderlosigkeit umgegangen wird, wie belastbar und tolerant die Bewerber/innen sind und wie stabil sich ihre Paarbeziehung darstellt. Andere Faktoren, wie etwa das Alter und die Gesundheit der Bewerber/innen, spielen ebenfalls eine Rolle, da die Adoptiveltern den Kindern bis zur Verselbstständigung als feste Bezugspersonen zur Verfügung stehen sollen. Für nahezu jedes in Deutschland zur Adoption freigegebene Kind können Eltern gefunden werden.
Der Deutsche Verein empfiehlt, beabsichtigte gesetzliche Veränderungen des Adoptionsrechts daran zu messen, ob die zentrale Bedeutung des Kindeswohls ausreichend berücksichtigt wird. Jede Weiterentwicklung des Vermittlungsverfahrens, das sowohl die eigentliche Vermittlung als auch die Vorbereitung und Nachbetreuung umfasst, soll gleichfalls sorgfältig geprüft und ausschließlich
am Kindeswohl orientiert erfolgen.
2. Dauerpflege und Adoption
§36 Abs.1 Satz 2 SGB VIII bestimmt, dass „vor und während einer langfristig zu leistenden Hilfe außerhalb der eigenen Familie zu prüfen (ist), ob die Annahme als Kind in Betracht kommt“.
Ziel der Vorschrift ist es, Kindern in Dauerpflegeverhältnissen das Aufwachsen in gesicherten und stabilen Verhältnissen zu ermöglichen. Etliche Fachleute sehen in der konsequenten Anwendung des
§ 36 SGB VIII weitere Vorteile: Familien, die aus Angst, das Pflegekind wieder zu verlieren, vor der Aufnahme eines Pflegekindes zurückscheuen, könnten für die Aufnahme eines Kindes gewonnen, die öffentlichen Haushalte könnten entlastet werden.
In der Praxis werden Pflegekinder eher selten adoptiert. Herkunftseltern willigen nur in wenigen Fällen in die Adoption ein und die gerichtliche Ersetzung der Einwilligung ist angesichts der verfassungsrechtlich geschützten Position der leiblichen Eltern nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Auch Pflegeeltern sehen von einer Adoption ab, sei es, weil sie nicht die vollständige Verantwortung für ein Kind mit oftmals schwieriger Vorgeschichte übernehmen möchten, sei es, weil sie in Bezug auf den Unterhalt des Kindes auf die Unterstützung und Beratung durch das Jugendamt nicht verzichten möchten oder können.
Jugendämter spielen gleichfalls eine maßgebliche Rolle. Vor allem in den westdeutschen Bundesländern wird häufig nicht geprüft, ob eine Adoption in Frage kommt.
Die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder hat die Bundesregierung mit Beschluss vom 7. Juni 2013 gebeten, im Rahmen einer Evaluierung zu untersuchen, warum Kinder, die in einer Einrichtung oder Pflegefamilie leben, so selten adoptiert werden, um daraus eventuelle Handlungsbedarfe abzuleiten.
Der Deutsche Verein regt an, gemäß der Bitte der Familienministerkonferenz der Länder im Rahmen einer Forschungsgruppe die Anwendungspraxis bei § 36 Absatz 1 Satz 2 SGB VIII zu untersuchen.
Der Deutsche Verein regt an, Vollzeitpflegeverhältnisse rechtlich besser abzusichern als dies bisher der Fall ist. Die Rückkehroption von Kindern in die Herkunftsfamilie und die Ausgestaltung des Um
gangs mit der Herkunftsfamilie sollten ausschließlich auf Grundlage des Kindeswohls geprüft werde.
Am 12. September 2017 hat das Präsidium des Deutschen Vereins die Empfehlungen zur Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege (§§ 33, 39 SGB VIII) für das Jahr 2018 verabschiedet.
Anlässlich der Beratung zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts am 11.11.2010 im Bundestag weist der Deutsche Verein für öffentliche und private Führsorge e. V. (DV) erneut auf die Schwächen des aktuellen Gesetzesvorhabens hin.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. empfiehlt für das Jahr 2016, die Pauschalbeträge für den Sachaufwand, die Anerkennung der Pflege- und Erziehungsleistungen von Pflegepersonen als auch die Pauschalbeträge für die Unfallversicherung und die Alterssicherung unverändert zu belassen.
Der Deutsche Verein hat ein Gutachten zu der Frage erstellt, ob es ein generelles Mindestalter für den Anspruch auf den § 35a SGB 8 (seelische Behinderung) gibt.
§ 33 Satz 2 SGB VIII verpflichtet die Jugendämter zur Schaffung besonderer Pflegeformen für besonders entwicklungsbeeinträchtigte junge Menschen. Jedoch erhalten heilpädagogische Pflegefamilien diesen Status (und die mit ihm verbundene höhere Honorierung) keineswegs immer, weil sie ein besonders entwicklungsbeeinträchtigstes Kind aufnehmen, sondern allein auf Grund der Tatsache, dass eine der Pflegepersonen über eine – regional sehr unterschiedlich interpretierte – besondere Qualifikation verfügt.
Ein Gutachten des Deutschen Vereins vom Dezember 2013 zur örtlichen Zuständigkeit bei Erteilung der Pflegeerlaubnis nach § 54 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 44 SGB VIII sowie zur örtlichen Zuständigkeit und Kostenträgerschaft für die Beratung und Unterstützung der Pflegepersonen
Gute Unterstützungsleistung für Schulkinder gefordert
In seinen aktuellen Empfehlungen formuliert der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Umsetzungsvorschläge für ein inklusives Schulsystem und die darin benötigte Schulassistenz, damit alle Kinder mit einer Behinderung an schulischer Bildung teilhaben können.
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Diskussionspapier zur Adoption des Deutschen Vereins
Themen:
1. Das Kindeswohl im Zentrum der Adoption
Nicht immer können Kinder bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen. Eltern entscheiden alleine oder gemeinsam, ihre Kinder aus unterschiedlichen Gründen nicht selbst aufzuziehen, Dritte entscheiden sich, die Verantwortung für diese Kinder dauerhaft zu übernehmen. Kinder, Herkunftseltern und Adoptiveltern sind damit dauerhaft miteinander verbunden; die Adoption ist für nahezu alle von ihnen ein Lebensthema. Die Adoption verändert die familiäre Zugehörigkeit und damit die Identität eines Kindes durch Rechtsspruch und stellt damit einen tiefgreifenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Kindes dar. AusführlichForschungsprojekte zu der Vorgeschichte und den Auswirkungen von Adoptionen auf Kinder gibt es in Deutschland bedauerlicherweise nicht.
Die Prüfung des Kindeswohls steht im Zentrum der Adoption. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt, hierzu hat sich Deutschland mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention (UNKRK) verpflichtet. Gemäß § 1741 BGB ist die Annahme als Kind zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Das Kindeswohl geht den Wünschen von Adoptionsbewerber/innen vor. Aufgabe des Staates ist es, alles zu tun, damit die Grundbedürfnisse von Kindern erfüllt und ihre Rechte geschützt werden. Zu diesen Grundbedürfnissen und Rechten zählen insbesondere die Bedürfnisse nach Kontinuität in Form von beständigen und liebevollen Beziehungen, nach körperlicher Unversehrtheit und Sicherheit sowie nach entwicklungsgerechten Erfahrungen. Dazu gehört auch das Recht, Kenntnis von der eigenen Abstammung zu erlangen.
Diese Grundbedürfnisse konnten bei Kindern, die zur Adoption freigegeben werden, in ihrer Herkunftsfamilie in der Regel nicht in vollem Umfang befriedigt werden. Vor allem ältere Kinder haben zum Zeitpunkt ihrer Adoption häufig Zurückweisung oder Vernachlässigung erlebt; viele Kinder haben zudem besondere Bedürfnisse oder physische und psychische Beeinträchtigungen. Eine Adoption ist für sie die Chance, in einer Familie aufwachsen zu können, in der ihre Bedürfnisse wahrgenommen werden und sie sich positiv entwickeln können.
Das Ziel der Adoption, insbesondere der Fremdadoption, ist es, für ein Kind geeignete Eltern zu finden. Angesichts der Tragweite des Adoptionsausspruches ist eine Adoption nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Dies gelingt umso besser, je sorgfältiger die Situation des Kindes erfasst wird und je größer die Auswahl an Bewerber/innen ist. Künftige Adoptiveltern müssen in der Lage sein, mit der Biografie ihres Kindes umzugehen und eine möglichst dauerhafte und verlässliche Beziehung zu ihm aufzubauen. Zu diesem Zweck und um etwaige psychische und/oder physische Beeinträchtigungen des Kindes und die damit verbundenen Belastungen im Alltag aushalten zu können, ist es wichtig, dass Bewerber/innen über eine stabile Persönlichkeit verfügen und dem Kind ein Aufwachsen in einem gedeihlichen Umfeld ermöglichen. Um beurteilen zu können, ob dies gewährleistet ist, wird bei den Bewerber/innen eine Vielzahl von Faktoren geprüft. Betrachtet werden vor allem psycho-soziale Aspekte, z.B. wie mit ungewollter Kinderlosigkeit umgegangen wird, wie belastbar und tolerant die Bewerber/innen sind und wie stabil sich ihre Paarbeziehung darstellt. Andere Faktoren, wie etwa das Alter und die Gesundheit der Bewerber/innen, spielen ebenfalls eine Rolle, da die Adoptiveltern den Kindern bis zur Verselbstständigung als feste Bezugspersonen zur Verfügung stehen sollen. Für nahezu jedes in Deutschland zur Adoption freigegebene Kind können Eltern gefunden werden.
Der Deutsche Verein empfiehlt, beabsichtigte gesetzliche Veränderungen des Adoptionsrechts daran zu messen, ob die zentrale Bedeutung des Kindeswohls ausreichend berücksichtigt wird. Jede Weiterentwicklung des Vermittlungsverfahrens, das sowohl die eigentliche Vermittlung als auch die Vorbereitung und Nachbetreuung umfasst, soll gleichfalls sorgfältig geprüft und ausschließlich
am Kindeswohl orientiert erfolgen.
2. Dauerpflege und Adoption
§36 Abs.1 Satz 2 SGB VIII bestimmt, dass „vor und während einer langfristig zu leistenden Hilfe außerhalb der eigenen Familie zu prüfen (ist), ob die Annahme als Kind in Betracht kommt“.
Ziel der Vorschrift ist es, Kindern in Dauerpflegeverhältnissen das Aufwachsen in gesicherten und stabilen Verhältnissen zu ermöglichen. Etliche Fachleute sehen in der konsequenten Anwendung des
§ 36 SGB VIII weitere Vorteile: Familien, die aus Angst, das Pflegekind wieder zu verlieren, vor der Aufnahme eines Pflegekindes zurückscheuen, könnten für die Aufnahme eines Kindes gewonnen, die öffentlichen Haushalte könnten entlastet werden.
In der Praxis werden Pflegekinder eher selten adoptiert. Herkunftseltern willigen nur in wenigen Fällen in die Adoption ein und die gerichtliche Ersetzung der Einwilligung ist angesichts der verfassungsrechtlich geschützten Position der leiblichen Eltern nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Auch Pflegeeltern sehen von einer Adoption ab, sei es, weil sie nicht die vollständige Verantwortung für ein Kind mit oftmals schwieriger Vorgeschichte übernehmen möchten, sei es, weil sie in Bezug auf den Unterhalt des Kindes auf die Unterstützung und Beratung durch das Jugendamt nicht verzichten möchten oder können.
Jugendämter spielen gleichfalls eine maßgebliche Rolle. Vor allem in den westdeutschen Bundesländern wird häufig nicht geprüft, ob eine Adoption in Frage kommt.
Die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder hat die Bundesregierung mit Beschluss vom 7. Juni 2013 gebeten, im Rahmen einer Evaluierung zu untersuchen, warum Kinder, die in einer Einrichtung oder Pflegefamilie leben, so selten adoptiert werden, um daraus eventuelle Handlungsbedarfe abzuleiten.
Der Deutsche Verein regt an, gemäß der Bitte der Familienministerkonferenz der Länder im Rahmen einer Forschungsgruppe die Anwendungspraxis bei § 36 Absatz 1 Satz 2 SGB VIII zu untersuchen.
Der Deutsche Verein regt an, Vollzeitpflegeverhältnisse rechtlich besser abzusichern als dies bisher der Fall ist. Die Rückkehroption von Kindern in die Herkunftsfamilie und die Ausgestaltung des Um
gangs mit der Herkunftsfamilie sollten ausschließlich auf Grundlage des Kindeswohls geprüft werde.