Stellungnahme von PFAD-Bundesverband zur Vormundschaftsreform
PFAD-Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V. konzentriert sich in seiner Stellungnahme von Anfang August 2020 auf die Teile des Referentenentwurfs, die Kinder in Pflegefamilien betreffen. PFAD-Bundesverband begrüßt die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, hat jedoch in Bezug auf Mündeln, die in Pflegefamilien leben, Verbesserungsvorschläge.
Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vom 23.06.2020
Als Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien konzentrieren wir uns in unserer Stellungnahme auf die Teile des Referentenentwurfs, die Kinder in Pflegefamilien betreffen. Das schließt die Übergänge in Pflegefamilien sowie die Verselbstständigung ein. Der PFAD Bundesverband begrüßt diese Reform des Vormundschaftsrechts. Besonders freut uns die stärkere Einbeziehung des Mündels und das Kooperationsgebot mit den Pflegeeltern und anderen Erziehungspersonen.
Der PFAD Bundesverband begrüßt ausdrücklich die im Gesetz formulierte Vorrangstellung des ehrenamtlichen Einzelvormundes. Auch die starke Orientierung an den Wünschen des Mündels ist begrüßenswert. Im § 1778 BGB-E Absatz 2 Nr. 2 ist auch formuliert, dass der Wille der Eltern Berücksichtigung finden soll. In der Phase des Sorgerechtsentzuges nach §§ 1666 und 1666a BGB sind die Eltern oft nicht in der Lage, an der Auswahl eines Vormundes mitzuwirken, auch in den nächsten drei bis maximal sechs Monaten wird dies häufig schwierig sein. Nach dieser Zeit fehlt im Vormundschaftsrecht jeder Bezug zu den Eltern. Es gibt kaum Statistiken zu den Ursachen einer Vormundschaft, aber die Anzahl der Sorgerechtsentzüge dürfte neben den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen einen hohen Anteil ausmachen. Der PFAD Bundesverband begrüßt ausdrücklich, dass im FamFG § 168 sowohl die nahestehenden Verwandten sowie Vertrauenspersonen des betroffenen Mündels anzuhören sind. Ebenso erfreulich ist die Überprüfung vor und während der Bestellung als Vormund nach § 41 BZRG. Eine Verpflichtung, den Willen der Eltern zu berücksichtigen, ergibt sich nur aus den §§ 1809 und 1776 Absatz 3 Satz 1 – also in der Phase der Benennung der Vormundschaft. In dem Untertitel 2 zur Führung der Vormundschaft fehlen jegliche Bezüge zu den Eltern. Die Anzahl der Mündel, die keine Eltern mehr haben, dürfte die absolute Minderheit sein. Viele Prozesse vor den Familiengerichten zu § 1684 oder 1632 BGB könnten vermieden werden, wenn nicht nur im Kontext der Auswahl des Vormundes oder Pflegers (§ 1778 Absatz 2) der Wille der Eltern Berücksichtigung fände.
Zusammenarbeitsgebot und Übertragung von Teilen der Sorge auf die Pflegeperson (§§ 1777, 1790, 1796, 1797, 1809, 1813)
Das Zusammenarbeitsgebot begrüßen wir als Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien ausdrücklich. Einige kleine Schönheitsfehler sind uns allerdings aufgefallen.
Zu § 1777 und § 1809
Als Pflegefamilien haben wir es in der Praxis häufig mit Sorgerechtsentzügen zu tun. Entsprechend der Richtlinien des Bundesverfassungsgerichts, sowie dem Regelungsgehalt des § 1666a Absatz 2 BGB soll das elterliche Sorgerecht nur dann vollständig entzogen werden, wenn das Wohl des Kindes nicht durch mildere Mittel geschützt werden kann. Demzufolge haben wir es in der Praxis häufiger mit dem Entzug von Teilen der elterlichen Sorge, wie dem Aufenthaltsbestimmungsrecht, der Gesundheitsfürsorge sowie dem Recht zur Beantragung von Sozialleistungen oder Hilfen zur Erziehung zu tun. Häufig werden diese Sorgerechtsteile an berufliche Vormünder (Amtsvormund, Vereinsvormund, Einzelvormund) übertragen. Da diese nun aber keine Vormünder sind, sondern Ergänzungspfleger nach § 1809, findet der § 1777 keine Anwendung. Die gut gemeinte Idee, im Vormundschaftsrecht eine Regelung zu schaffen, die inhaltlich an den § 1630 Absatz 3 BGB anknüpft, scheitert an den Vorgaben des § 1666a Absatz 2 BGB. Eine dreigeteilte Sorge ist aber auch nicht empfehlenswert.
§§ 1796 und 1797 in Verbindung mit § 1813 BGB-E
Die Zusammenarbeit von Pflegeperson und Vormund/Ergänzungspfleger wird in den §§ 1796 und 1797 in Verbindung mit § 1813 BGB-E geregelt. Problematisch finden wir die Formulierung aus der Kommentierung „Die umfangreiche persönliche Erziehungsverantwortung des Vormunds beinhaltet eigene Erziehungsentscheidungen“ (239). In dieser allgemeinen Formulierung sind Eingriffe in den familiären Alltag durch den Vormund/Ergänzungspfleger abgedeckt. Hier wünschen wir uns in den Kommentierungen einen eindeutigeren Bezug auf wesentliche Entscheidungen – analog zur Unterscheidung zwischen Alltagssorge und wesentlichen Sorgeentscheidungen; Beginn der Nachtruhe oder Beteiligung an Haushaltstätigkeiten sind nach unserer Meinung keine Entscheidungen, die der Vormund oder Pfleger treffen muss. Im Gegensatz zum § 1688 BGB schließt die Alltagssorge bei vorhandener Vormundschaft die Verwaltung des Arbeitsverdienstes sowie die Beantragung von Sozialleistungen nicht ein. Hier entstehen in der Praxis wesentliche Fragen. - Gehört Taschengeld aus dem Lehrlingsentgelt zu dem Regelbereich des Vormundes/Pflegers oder der Pflegeperson? - Wer beantragt die Überprüfung auf Pflegebedürftigkeit? Was passiert, wenn es da Meinungsverschiedenheiten gibt? Auch wenn diese Fragen nicht über das Gesetz geklärt werden können, zeigt sich hier ein Feld für Fortbildung und gemeinsame Praxisentwicklung. Ebenso ist die Zusammenarbeit ein Spannungsfeld, wenn eine Herausgabe auf Verlangen des Vormundes/Pflegers an einer Entscheidung nach § 1632 (4) gescheitert ist! Hier finden wir es überlegenswert, eine Entlassung des Vormundes/Pflegers nach § 1804 Absatz 1 oder 3 zu ermöglichen. Sinnvoll wäre es in diesem Kontext das Wort „und“ im § 1804 Absatz 1 Nr.1 durch „oder“ zu ersetzen. Differenzen in den Erziehungsvorstellungen zwischen Pflegeperson und Vormund/Pfleger sind nicht unbedingt eine Pflichtverletzung des Vormundes/Pflegers, können aber zu schwerwiegenden Kommunikationsstörungen zwischen Vormund und Pflegeperson führen, die dadurch auch das Wohl des Mündels negativ beeinflussen.
Regelmäßige Kontakte
Prinzipiell ist es sinnvoll, den Vormund zu verpflichten, regelmäßig Kontakt mit seinem Mündel zu halten. Erfahrungen aus der Praxis zeigen aber, dass es nicht regelmäßig der Lebensort des Mündels sein muss. Die Formulierung „in dessen üblicher Umgebung“ sollte in der Kommentierung auf den sozialen Nahraum sowie über online-Medien erweitert werden. Gerade die Corona Pandemie hat gezeigt, dass Kontakte gut auf Spielplätzen, in Parks oder über Video stattfinden können – und die zum Führen der Vormundschaft wichtigen Informationen so den Vormund erreichen. Der Hinweis in der Kommentierung, dass das Hausrecht der Pflegeeltern nicht durch die Kontaktverpflichtung gebrochen wird, finden wir sinnvoll und klarstellend. Des Weiteren geben wir zu berücksichtigen, dass monatliche Besuche bei der Pflegefamilie mit dem § 1788 Absatz 5 in Konflikt geraten können, wenn der Mündel eben die monatlichen Besuche nicht mehr wünscht. Wir wünschen uns, dass der Teilsatz „es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten.“ umformuliert wird; „im Einzelfall“ wird häufig als absolute Ausnahme interpretiert. Besser finden wir es, wenn in diesem Teilsatz deutlich wird, dass die Kontakte sich nach den individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Mündels richten sollen.
Artikel 10 – SGB VIII
Wir finden es schade, dass die eigentlich im BGB angelegte Kontinuität von Vormundschaft über § 57 Absatz 5 in Verbindung mit § 87 Absatz 3 Satz 3 SGB VIII für Amtsvormünder nicht gilt. Hier hätten wir uns eine Formulierung gewünscht, die es Amtsvormündern ermöglicht, trotz Wechsel der örtlichen Zuständigkeit die Vormundschaft/Ergänzungspflegschaft weiterzuführen.
Der Deutsche Verein veröffentlicht jährlich neue Empfehlungen zur Höhe des Pflegegeldes in der Vollzeitpflege. Da die überwiegende Mehrheit der Bundesländer diese Empfehlungen übernehmen, gibt es vergleichbare Pauschalsätze in der Bundesrepublik. Die Höhe der Pauschalsätze richtet sich auch nach der Steigerung der Lebenshaltungskosten. Für das Jahr 2023 hat der Deutsche Verein 10 % Erhöhung vorgeschlagen. PFAD-Bundesverband hat in seiner Stellungnahme erläutert, dass diese Erhöhung des Pflegegeldes nicht ausreichend ist.
Seit seiner Gründung 1976 mahnt PFAD die Notwendigkeit an, dass Pflegeeltern rentenrechtlich abgesichert sein müssen. Schon 2002 forderte der Verband eine Alterssicherung für Pflegepersonen, die sich an den Leistungen zur Versicherung für pflegende Angehörige orientiert. Seit 2005 schreibt § 39 SGB VIII Absatz 4 die „hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson“ vor. Die schon damals umstrittene Orientierung am hälftigen Mindestbeitrag zur Rentenversicherung bedeutete eine monatliche Rente von zwei Euro und liegt jetzt bei ca. vier Euro. Bereits im Rechtsgutachten des DIJuF vom 16.01.2006 wurde dies als zu gering kritisiert
Vier bundesweit tätige Pflegefamilienverbände haben sich zu einem 'Runden Tisch der Pflege- und Adoptivfamilien' zusammengeschlossen und ihre erste gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht.
Stellungnahme des PFAD Bundesverbandes der Pflege- und Adoptivfamilien e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe (KJVVG-E) und Entwurf der Ersten Änderungsverordnung zur Kostenbeitragsverordnung.
PFAD-Bundesverband e.V. fordert eine Verbesserung beim sogenannten "Ausbildungsgeld". Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wurden Pflegekinder bei der Kostenheranziehung deutlich bessergestellt. Diese Neuregelung bezieht jedoch Jugendliche in geförderten Ausbildungen nicht mit ein.
Bereits 2014 und 2015 machte PFAD Bundesverband auf die Probleme einer „pauschalisierten Berechnung“ einer Mütterrente aufmerksam. Auch für das neue Versprechen einer „Mütterrente II“ befürchtet PFAD BV in einer Stellungnahme, dass ein Großteil Mütter übergangen wird. Über 5 % der ca. 2,8 Millionen Rentnerinnen sind Adoptiv- und Pflegemütter!
Seit Herbst 2014 erreichen den PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien täglich mindestens zwei Anfragen von betroffenen Adoptivmüttern, die keine Erziehungsleistung für ihre Adoptivkinder anerkannt bekommen. Eine Stellungnahme vom Bundesverband PFAD e.V. zur Benachteiligung von Adoptiv- und Pflegeeltern bei der sogenannten Mütterrente.
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Stellungnahme von PFAD-Bundesverband zur Vormundschaftsreform
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Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vom 23.06.2020
Als Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien konzentrieren wir uns in unserer Stellungnahme auf die Teile des Referentenentwurfs, die Kinder in Pflegefamilien betreffen. Das schließt die Übergänge in Pflegefamilien sowie die Verselbstständigung ein. Der PFAD Bundesverband begrüßt diese Reform des Vormundschaftsrechts. Besonders freut uns die stärkere Einbeziehung des Mündels und das Kooperationsgebot mit den Pflegeeltern und anderen Erziehungspersonen.
Auswahl des Vormundes (§§ 1774, 1778, 1779, 1782); § 168 FamFG
Der PFAD Bundesverband begrüßt ausdrücklich die im Gesetz formulierte Vorrangstellung des ehrenamtlichen Einzelvormundes. Auch die starke Orientierung an den Wünschen des Mündels ist begrüßenswert. Im § 1778 BGB-E Absatz 2 Nr. 2 ist auch formuliert, dass der Wille der Eltern Berücksichtigung finden soll. In der Phase des Sorgerechtsentzuges nach §§ 1666 und 1666a BGB sind die Eltern oft nicht in der Lage, an der Auswahl eines Vormundes mitzuwirken, auch in den nächsten drei bis maximal sechs Monaten wird dies häufig schwierig sein. Nach dieser Zeit fehlt im Vormundschaftsrecht jeder Bezug zu den Eltern. Es gibt kaum Statistiken zu den Ursachen einer Vormundschaft, aber die Anzahl der Sorgerechtsentzüge dürfte neben den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen einen hohen Anteil ausmachen. Der PFAD Bundesverband begrüßt ausdrücklich, dass im FamFG § 168 sowohl die nahestehenden Verwandten sowie Vertrauenspersonen des betroffenen Mündels anzuhören sind. Ebenso erfreulich ist die Überprüfung vor und während der Bestellung als Vormund nach § 41 BZRG. Eine Verpflichtung, den Willen der Eltern zu berücksichtigen, ergibt sich nur aus den §§ 1809 und 1776 Absatz 3 Satz 1 – also in der Phase der Benennung der Vormundschaft. In dem Untertitel 2 zur Führung der Vormundschaft fehlen jegliche Bezüge zu den Eltern. Die Anzahl der Mündel, die keine Eltern mehr haben, dürfte die absolute Minderheit sein. Viele Prozesse vor den Familiengerichten zu § 1684 oder 1632 BGB könnten vermieden werden, wenn nicht nur im Kontext der Auswahl des Vormundes oder Pflegers (§ 1778 Absatz 2) der Wille der Eltern Berücksichtigung fände.
Zusammenarbeitsgebot und Übertragung von Teilen der Sorge auf die Pflegeperson (§§ 1777, 1790, 1796, 1797, 1809, 1813)
Das Zusammenarbeitsgebot begrüßen wir als Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien ausdrücklich. Einige kleine Schönheitsfehler sind uns allerdings aufgefallen.
Zu § 1777 und § 1809
Als Pflegefamilien haben wir es in der Praxis häufig mit Sorgerechtsentzügen zu tun. Entsprechend der Richtlinien des Bundesverfassungsgerichts, sowie dem Regelungsgehalt des § 1666a Absatz 2 BGB soll das elterliche Sorgerecht nur dann vollständig entzogen werden, wenn das Wohl des Kindes nicht durch mildere Mittel geschützt werden kann. Demzufolge haben wir es in der Praxis häufiger mit dem Entzug von Teilen der elterlichen Sorge, wie dem Aufenthaltsbestimmungsrecht, der Gesundheitsfürsorge sowie dem Recht zur Beantragung von Sozialleistungen oder Hilfen zur Erziehung zu tun. Häufig werden diese Sorgerechtsteile an berufliche Vormünder (Amtsvormund, Vereinsvormund, Einzelvormund) übertragen. Da diese nun aber keine Vormünder sind, sondern Ergänzungspfleger nach § 1809, findet der § 1777 keine Anwendung. Die gut gemeinte Idee, im Vormundschaftsrecht eine Regelung zu schaffen, die inhaltlich an den § 1630 Absatz 3 BGB anknüpft, scheitert an den Vorgaben des § 1666a Absatz 2 BGB. Eine dreigeteilte Sorge ist aber auch nicht empfehlenswert.
§§ 1796 und 1797 in Verbindung mit § 1813 BGB-E
Die Zusammenarbeit von Pflegeperson und Vormund/Ergänzungspfleger wird in den §§ 1796 und 1797 in Verbindung mit § 1813 BGB-E geregelt. Problematisch finden wir die Formulierung aus der Kommentierung „Die umfangreiche persönliche Erziehungsverantwortung des Vormunds beinhaltet eigene Erziehungsentscheidungen“ (239). In dieser allgemeinen Formulierung sind Eingriffe in den familiären Alltag durch den Vormund/Ergänzungspfleger abgedeckt. Hier wünschen wir uns in den Kommentierungen einen eindeutigeren Bezug auf wesentliche Entscheidungen – analog zur Unterscheidung zwischen Alltagssorge und wesentlichen Sorgeentscheidungen; Beginn der Nachtruhe oder Beteiligung an Haushaltstätigkeiten sind nach unserer Meinung keine Entscheidungen, die der Vormund oder Pfleger treffen muss. Im Gegensatz zum § 1688 BGB schließt die Alltagssorge bei vorhandener Vormundschaft die Verwaltung des Arbeitsverdienstes sowie die Beantragung von Sozialleistungen nicht ein. Hier entstehen in der Praxis wesentliche Fragen. - Gehört Taschengeld aus dem Lehrlingsentgelt zu dem Regelbereich des Vormundes/Pflegers oder der Pflegeperson? - Wer beantragt die Überprüfung auf Pflegebedürftigkeit? Was passiert, wenn es da Meinungsverschiedenheiten gibt? Auch wenn diese Fragen nicht über das Gesetz geklärt werden können, zeigt sich hier ein Feld für Fortbildung und gemeinsame Praxisentwicklung. Ebenso ist die Zusammenarbeit ein Spannungsfeld, wenn eine Herausgabe auf Verlangen des Vormundes/Pflegers an einer Entscheidung nach § 1632 (4) gescheitert ist! Hier finden wir es überlegenswert, eine Entlassung des Vormundes/Pflegers nach § 1804 Absatz 1 oder 3 zu ermöglichen. Sinnvoll wäre es in diesem Kontext das Wort „und“ im § 1804 Absatz 1 Nr.1 durch „oder“ zu ersetzen. Differenzen in den Erziehungsvorstellungen zwischen Pflegeperson und Vormund/Pfleger sind nicht unbedingt eine Pflichtverletzung des Vormundes/Pflegers, können aber zu schwerwiegenden Kommunikationsstörungen zwischen Vormund und Pflegeperson führen, die dadurch auch das Wohl des Mündels negativ beeinflussen.
Regelmäßige Kontakte
Prinzipiell ist es sinnvoll, den Vormund zu verpflichten, regelmäßig Kontakt mit seinem Mündel zu halten. Erfahrungen aus der Praxis zeigen aber, dass es nicht regelmäßig der Lebensort des Mündels sein muss. Die Formulierung „in dessen üblicher Umgebung“ sollte in der Kommentierung auf den sozialen Nahraum sowie über online-Medien erweitert werden. Gerade die Corona Pandemie hat gezeigt, dass Kontakte gut auf Spielplätzen, in Parks oder über Video stattfinden können – und die zum Führen der Vormundschaft wichtigen Informationen so den Vormund erreichen. Der Hinweis in der Kommentierung, dass das Hausrecht der Pflegeeltern nicht durch die Kontaktverpflichtung gebrochen wird, finden wir sinnvoll und klarstellend. Des Weiteren geben wir zu berücksichtigen, dass monatliche Besuche bei der Pflegefamilie mit dem § 1788 Absatz 5 in Konflikt geraten können, wenn der Mündel eben die monatlichen Besuche nicht mehr wünscht. Wir wünschen uns, dass der Teilsatz „es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten.“ umformuliert wird; „im Einzelfall“ wird häufig als absolute Ausnahme interpretiert. Besser finden wir es, wenn in diesem Teilsatz deutlich wird, dass die Kontakte sich nach den individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Mündels richten sollen.
Artikel 10 – SGB VIII
Wir finden es schade, dass die eigentlich im BGB angelegte Kontinuität von Vormundschaft über § 57 Absatz 5 in Verbindung mit § 87 Absatz 3 Satz 3 SGB VIII für Amtsvormünder nicht gilt. Hier hätten wir uns eine Formulierung gewünscht, die es Amtsvormündern ermöglicht, trotz Wechsel der örtlichen Zuständigkeit die Vormundschaft/Ergänzungspflegschaft weiterzuführen.
Vorstand des PFAD Bundesverbandes