Der Pfad Niedersachsen e.V. - Landesverband der Pflege- und Adoptivfamilien in Niedersachsen - hat eine Stellungnahme zu einem Sommerinterview des MDR veröffentlicht, in dem es um eine Einschätzung zur Inklusion geht.
Die Aussagen Björn Höckes, Fraktionsvorsitzender der AFD Thüringen, im Rahmen des Sommerinterviews im MDR haben viele Menschen in unserem Land erschüttert und machen Angst!
Auch Pfad-Niedersachsen e. V. mit seinen Familien ist hinsichtlich der Inhalte und Standpunkte der AFD in großer Sorge und verurteilt die Äußerungen und Inhalte aufs Schärfste. Die Aussage Höckes, die Inklusion sei ein Ideologieprojekt und das System Schule müsse von ihr befreit werden, steht eklatant gegensätzlich zu unserem Grundgesetz, indem seit 1994 fest verankert ist; „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Wir lehnen es ab und verurteilen es zutiefst, dass Politikern im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unter Verwendung solch menschenverachtenden Vokabulars hinsichtlich Kinder mit Behinderungen, Migrationshintergrund und Lernschwächen ohne Konsequenzen eine Bühne geboten wird. Die Inklusion ist keine Sache; hinter ihr stehen Menschen!
Wir fordern hier auch die Medien zu mehr Verantwortungsübernahme auf!
Eine nur sehr schwache und schleppende Inklusion darf nicht zur Abschaffung, sondern muss zur guten und verlässlichen Ausstattung führen. Es braucht Innovationen, Mut und Mittel.
Seit Jahrzehnten setzt sich der Pfad-Niedersachsen e. V. für die Belange von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung ein, die vorrübergehend oder auf Dauer nicht in ihren Herkunftsfamilien leben können. Diese Kinder und Jugendlichen haben oft schwerste Traumatisierungen, sexuellen Missbrauch oder größte Vernachlässigungen erfahren und stellen somit eine hoch vulnerable Gruppe dar, die ganz besonders des Schutzes der Gesellschaft und des Staates bedürfen.
Die aktuell sehr angespannte Situation der Jugendhilfe, bedingt durch immer mehr Inobhutnahmen von Kindern bei gleichzeitigem Fachkräfte- und Pflegeelternmangel, muss politisch wie gesellschaftlich aufrütteln und dafür sorgen, dass Kinder und Familien in den Fokus genommen und die Bedarfe priorisiert werden, statt die Herausforderungen mit reaktionären und ausschließenden Forderungen zu beantworten. Wir alle sind hier gefordert, gemeinsam die Bedingungen zu verbessern und die Regierungen entsprechend aufzufordern, den Rotstift nicht bei den Kindern und Jugendlichen anzusetzen.
Pflegefamilien spiegeln einen Querschnitt der Bevölkerung wider. Alle sind wertvoll und schützens- und unterstützenswert. Durch diese bunte Vielfalt wird Kindern mit einem schweren Start ins Leben die Chance auf ein sicheres, geborgenes, schützendes und förderndes Aufwachsen gegeben.
ALLE Kinder sind unsere Zukunft!
Pfad Niedersachsen e. V. Landesverband der Pflege- und Adoptivfamilien
Die Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin fordert mehr Teilhabe für Kinder mit hohem Betreuungsbedarf. „Inklusion ist möglich.“ Politische Absichtserklärungen allein reichen aber längst nicht mehr aus. So fehlen derzeit ausreichende Mittel zur barrierefreien Gestaltung von Räumen und vor allem ausreichend qualifiziertes Personal.
Eingebettet in die Mitgliederversammlung der IGfH im September 2021 fand eine öffentliche Fachveranstaltung zum neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) statt. Kern-Themen waren "Recht und Beteiligung von jungen Menschen und Eltern", "Inklusion", "Kinderschutz und Kooperation" sowie "Leaving Care".
Für Pflegekinder mit Behinderungen werden bei ihrer Unterbringung in einer Pflegefamilie unterschiedliche Gesetze zuständig, je nachdem welche Art der Behinderung die Kinder haben. Für die Unterbringung von körperlich oder geistig behinderten Kindern ist das SGB IX (Eingliederungshilfe) zuständig, für Kinder mit seelischer Behinderung das SGB VIII zuständig. Darüber hinaus wurde im neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz der Grundgedanke der Inklusion verankert, durch den alle Kinder - unabhängig ob behindert oder nicht - der Jugendhilfe zugeordnet werden sollen. Diese Veränderungen sollen schrittweise bis 2028 erfolgen. Die einzelnen Bundesländer haben zur bisherigen Unterbringung von Pflegekindern mit Behinderungen unterschiedliche Regelungen getroffen. Diese müssen bis 2028 der Zuständigkeit in der Jugendhilfe angeglichen werden. Viele Beteiligten sehen in diesem Prozess eine Problematik und wollen darauf aufmerksam machen, sodass die grundsätzlich zugesagte Inklusion nicht auf halben Wege stehen bleibt.
Eine Pressemitteilung der Aktion Mensch zur Inklusion in der Schule: "Das deutsche Bildungssystem steht aktuell vor großen Herausforderungen: Digitalisierung, eklatanter Lehrkräftemangel, sinkendes Bildungsniveau – da bleibt Inklusion auf der Strecke."
Inklusion ist ein pädagogisches Konzept von optimierter und erweiterter Integration, das beinhaltet, ein angemessenes Entwicklungs- und Lernumfeld für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen, einschließlich für Kinder und Jugendliche mit FASD.
Der gesellschaftliche Diskurs über den Umgang mit Vielfalt bewegt sich im Spannungsfeld von Exklusion, Separation, Integration und Inklusion. Die AGJ erläutert diese verschiedenen Möglichkeiten und verweist auf die Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe für das Konzept der Inklusion.
Mit der Reform der Kinder und Jugendhilfe wird der Weg für eine inklusive Hilfe bereitet. Die im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz KJSG benannten Regelungen werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten rechtlich gültig und treten zum Teil erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft. Die Lebenshilfe hat ein Arbeitspapier erstellt mit einem Überblick über die für junge Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Familien relevanten Inkrafttretenszeitpunkte.
Auf ihrer wissenschaftlichen Jahrestagung „Jedes Kind ist anders, alle Kinder sind gleich. Inklusion ja – aber wie?“ am 21./22. Oktober in Hamburg fordert die Deutsche Liga für das Kind, Kindertageseinrichtungen und Schulen so umzubauen, dass Kinder mit und ohne Behinderung in allen Bereichen des Bildungssystems gemeinsam aufwachsen können.
Stellungnahme von Pfad-Niedersachsen e.V.
Themen:
Stellungnahme
Die Aussagen Björn Höckes, Fraktionsvorsitzender der AFD Thüringen, im Rahmen des Sommerinterviews im MDR haben viele Menschen in unserem Land erschüttert und machen Angst!
Auch Pfad-Niedersachsen e. V. mit seinen Familien ist hinsichtlich der Inhalte und Standpunkte der AFD in großer Sorge und verurteilt die Äußerungen und Inhalte aufs Schärfste. Die Aussage Höckes, die Inklusion sei ein Ideologieprojekt und das System Schule müsse von ihr befreit werden, steht eklatant gegensätzlich zu unserem Grundgesetz, indem seit 1994 fest verankert ist; „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Wir lehnen es ab und verurteilen es zutiefst, dass Politikern im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unter Verwendung solch menschenverachtenden Vokabulars hinsichtlich Kinder mit Behinderungen, Migrationshintergrund und Lernschwächen ohne Konsequenzen eine Bühne geboten wird. Die Inklusion ist keine Sache; hinter ihr stehen Menschen!
Wir fordern hier auch die Medien zu mehr Verantwortungsübernahme auf!
Eine nur sehr schwache und schleppende Inklusion darf nicht zur Abschaffung, sondern muss zur guten und verlässlichen Ausstattung führen. Es braucht Innovationen, Mut und Mittel.
Seit Jahrzehnten setzt sich der Pfad-Niedersachsen e. V. für die Belange von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung ein, die vorrübergehend oder auf Dauer nicht in ihren Herkunftsfamilien leben können. Diese Kinder und Jugendlichen haben oft schwerste Traumatisierungen, sexuellen Missbrauch oder größte Vernachlässigungen erfahren und stellen somit eine hoch vulnerable Gruppe dar, die ganz besonders des Schutzes der Gesellschaft und des Staates bedürfen.
Die aktuell sehr angespannte Situation der Jugendhilfe, bedingt durch immer mehr Inobhutnahmen von Kindern bei gleichzeitigem Fachkräfte- und Pflegeelternmangel, muss politisch wie gesellschaftlich aufrütteln und dafür sorgen, dass Kinder und Familien in den Fokus genommen und die Bedarfe priorisiert werden, statt die Herausforderungen mit reaktionären und ausschließenden Forderungen zu beantworten. Wir alle sind hier gefordert, gemeinsam die Bedingungen zu verbessern und die Regierungen entsprechend aufzufordern, den Rotstift nicht bei den Kindern und Jugendlichen anzusetzen.
Pflegefamilien spiegeln einen Querschnitt der Bevölkerung wider. Alle sind wertvoll und schützens- und unterstützenswert. Durch diese bunte Vielfalt wird Kindern mit einem schweren Start ins Leben die Chance auf ein sicheres, geborgenes, schützendes und förderndes Aufwachsen gegeben.
ALLE Kinder sind unsere Zukunft!
Pfad Niedersachsen e. V. Landesverband der Pflege- und Adoptivfamilien
August 2023