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U1 bis J1 - die Vorsorgeuntersuchungen im einzelnen
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Für Kinder und Jugendliche gibt es in der Bundesrepublik Deutschland seit 1971 gesetzlich verankerte Vorsorgeuntersuchungen. Der Zweck dieser Untersuchungen ist die Früherkennung von Krankheiten, die die normale körperliche oder geistige Entwicklung der Kinder gefährden. Momentan gibt es zehn solcher Untersuchungen (U1 bis U9 im Vorschulalter, die J1 im Jugendalter), die von den Krankenkassen bezahlt werden. Alle Eltern sollten das "Gelbe Heft" kennen, in dem der Kinder- und Jugendarzt die Ergebnisse der Untersuchungen vermerkt. Die J1 im Jugendalter wird auf einem Extravordruck eingetragen.
Bisher existiert keine bundeseinheitliche gesetzliche Verpflichtung, die Vorsorgeuntersuchungen zu besuchen. Diese wird von Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe, von Ärzten und zunehmend auch von Politiker/innen dringend gefordert. Die Untersuchungen für alle Kinder und Jugendlichen gelten vielen Fachleuten als ein wichtiger Baustein in einem noch zu schaffenden System, das Kinder vor Vernachlässigung und Misshandlung schützen kann. Selbstverständlich gibt es dazu verschiedene Meinungen.
Über die organisatorischen und gesetzlichen Überlegungen hinaus ist die Frage der Ablehnung oder Befürwortung von verpflichtenden Untersuchungen eng verknüpft mit der Frage der Elternrechte. Wird das Kindeswohl mit aller Konsequenz höher gewertet als das Elternrecht oder werden die Rechte der Eltern als wichtiger erachtet als das Kindeswohl.
Eine weitere Frage ist es, ob die Vorsorgeuntersuchungen in ihrer jetzigen Form überhaupt einen Beitrag leisten können, Kinder vor Verwahrlosung und Mißhandlung zu schützen.
Was verbirgt sich hinter den Vorsorgeuntersuchungen im einzelnen?
Direkt nach der Geburt: U1
Direkt nach der Geburt findet die U1 statt. Die angeborenen Reflexe des Babys, seine Muskelspannung und Durchblutung werden überprüft. Herz und Lunge werden abgehorcht und das verschluckte Fruchtwasser abgesaugt. Außerdem wird etwas Blut aus der Nabelschnur untersucht. Natürlich werden Körperlänge und Kopfumfang gemessen.
Diese erste Untersuchung wird auch AGPAR-Test genannt.
Zwischen dem 3. und 10. Lebenstag: U2
Zwischen dem 3. und 10. Lebenstag wird die U2, die so genannte Neugeborenen-Basisuntersuchung, durchgeführt - entweder noch in der Klinik oder bei ambulanten und Hausgeburten bereits vom Kinderarzt.
Der Arzt überprüft die Gesundheit der Haut, der Knochen, der Organe. Das Baby wird erneut gewogen, Grösse und Kopfumfang gemessen. Anhand eines speziellen Hör-Screening wird das Gehör überprüft. Aus der Ferse wird dem Neugeborenen Blut abgenommen, das dann auf Stoffwechselerkrankungen und Hormonstörungen untersucht wird.
Zwischen der 4. und 6. Lebenswoche: U3
Die altersgerechte Entwicklung des Babys, seine Körperfunktionen, die Reflexe werden überprüft. Anhand einer Ultraschall-Untersuchung wird das Hüftgelenk auf Störungen überprüft. Das allgemeine Verhalten des Babys (Schlafen, Trinken, Verdauung...) sollten ebenfalls Thema der U3 sein.
Selbstverständlich sollten die Eltern alle Unsicherheiten und Fragen zu ihrem Baby bei jeder Untersuchung mit dem Arzt besprechen.
3. bis 4. Lebensmonat: U4
Die Organe und Geschlechtsteile, das Hör- und Sehvermögen, Gewicht und Grösse des Babys werden überprüft, außerdem die Grösse der Fontanelle am Kopf des Kindes. Darüber hinaus kontrolliert der Kinderarzt anhand verschiedener Tests das Reaktionsvermögen und die Beweglichkeit des Babys. Bespielsweise überprüft er, ob das Baby seinen Kopf zu einer Geräuschquelle hin bewegt.
Wichtig bei der U4 ist zudem die Aufklärung über die gängigen Impfungen.
6. bis 7. Lebensmonat: U5
Die motorischen Fähigkeiten des Babys sind wichtigster Bestandteil der U5. Der Kinderarzt überprüft beispielsweise, ob das Baby sich in Bauchlage mit den Händen abstützen kann. Selbstverständlich wird der allgemeine Entwicklungsstand des Babys kontrolliert und nach seinem Verhalten zuhause gefragt.
10. bis 12. Lebensmonat: U6
Das Kind ist ein Jahr alt. Selbstverständlich werden die allgemeinen Untersuchungen (Organe, Haut, Grösse...) durchgeführt. Nochmals überprüft der Kinderarzt auch die Körperfunktionen und Sinneswahrnehmung des Kindes. Zum Beispiel: kann es sich schon alleine in den Stand hochziehen? Wie weit ist die Sprachentwicklung? Das Impfprogramm wird fortgeführt. Natürlich bespricht der Arzt mit den Eltern auch Fragen und Probleme, die das Verhalten des Kindes betreffen.
21. bis 24. Lebensmonat: U7
Wie bei jeder Vorsorgeuntersuchung kontrolliert der Kinderarzt die allgemeine gesundheitliche Verfassung des Kleinkindes, das nun fast zwei Jahre alt. Darüber hinaus achtet er bei der U7 auf die geistige Entwicklung des Kindes. So überprüft er sein Spachvermögen und -verständnis: Kann das Kind Zwei-Wort-Sätze bilden? Kann es Gegenstände bei Namen nennen?
Der Impfpass wird auf Lücken überprüft.
43. bis 48. Lebensmonat: U8
Das Kind ist vier Jahre alt. Neben dem allgemeinen Gesundheits-Check muss das Kind zum ersten Mal eine Urinprobe abgeben. Auch wird zum ersten Mal Blutdruck gemessen. Seh- und Hörvermögen werden überprüft.
Das Kind wird aufgefordert, einfache Gegenstände zu malen, Farben und Gegenstände zu benennen, ein Puzzle zu legen. Anhand von einfachen Übungen (zum Beispiel auf einem Bein hüpfen) überprüft der Arzt seine motorischen Fähigkeiten.
Die Eltern werden aufgefordert, einen Fragebogen auszufüllen, der Aufschluss über das Verhalten des Kindes geben soll.
Stellt der Kinderarzt Probleme in der Entwicklung oder dem Verhalten des Kindes fest, informiert er die Eltern über mögliche Fördermaßnahmen für ihr Kind.
60. bis 64. Lebensmonat: U9
Das Kind ist fünf Jahre alt und kommt bald in die Schule. Erneut wird - neben dem üblichen Gesundheits-Check - eine Urinprobe abgegeben und Blutdruck gemessen, das Seh- und Hörvermögen getestet. Auch malt und puzzelt das Kind wieder, benennt Gegenstände und Farben. Die geistige, körperliche und soziale Entwicklung des Kindes beobachtet der Kinderarzt auch in Hinblick auf die bald anstehende Schulreife.
Nochmals wird der Impfpass auf Lücken überprüft.
Zwischen 12 und 14 Jahren: J1
Die einzige von den Krankenkassen übernommene Vorsorge im Schulalter ist die J1, die mit spätestens 15 Jahren durchgeführt werden soll. Die allgemeine gesundheitliche Verfassung des Jugendlichen wird überprüft. Der Arzt misst erneut die Grösse, das Gewicht und den Blutdruck. Auch eine Urinprobe wird wieder verlangt und der Impfpass auf Lücken geprüft.
Die Pubertät mit ihren Problemen und Entwicklungsschüben sollte Thema der Untersuchung sein. Wenn der Arzt für den Jugendlichen eine Vertrauensperson darstellt, ist dies für die Untersuchung natürlich von Vorteil.