Sie sind hier
Was ist eine Aufsichtspflichtverletzung und wer haftet bei Schäden?
Themen:
Hierzu gibt es den § 832 im BGB, der das Verfahren im Schadensersatz gegenüber Dritten regelt.
§ 832 BGB Haftung des Aufsichtspflichtigen
1. Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatze des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.
2. Die gleiche Verantwortung trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht durch Vertrag übernimmt.
Der Geschädigte hat nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Schadensersatz.
a) Der Schädiger ( das Kind, der Jugendliche) muss aufsichtsbedürftig gewesen sein.
Erläuterung: Alle Minderjährigen sind aufsichtsbedürftig ohne Rücksicht auf ihre Reife
b) Derjenige, der für den Schaden eintreten soll, muss aufsichtspflichtig gewesen sein
Erläuterung: Die Verpflichtung zur Führung der Aufsicht ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen (§ 1631 BGB) oder durch Vertrag (z.B. Übernahme bei einer Freizeit).
c) und muss diese Aufsichtspflicht verletzt haben.
Erläuterung: Die Pflichtverletzung muss in jedem Einzelfall überprüft werden – liegt ein zu bemängelndes Verhalten des Aufsichtsführenden vor?
d) Der Schaden muss zudem noch widerrechtlich zugefügt worden sein:
Erst wenn alle Punkte von a – c eindeutig bejaht sind und der Schaden auch noch widerrechtlich zugefügt worden ist, hat der Aufsichtspflichtige dafür ein zu stehen. Bei einem widerrechtlich zugefügten Schaden braucht es Absicht oder zumindest Fahrlässigkeit.
Ist der Aufsichtsbedürftige ( also das Kind oder der Jugendliche) selbst der Geschädigte (Eigenschaden), so entstehen Ansprüche aus dem § 823 BGB:
§ 823 BGB Schadensersatzpflicht
1. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderem zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
2. Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Beispiele aus der Rechtsprechung (Quelle: Bayr. Landesjugendamt)
Die Aufsichtspflicht verletzt wer:
- ein 7-jähriges Kind beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern nicht ständig im Auge hat.
- Ein 6-jähriges Kind nicht vom Rande eines Bauplatzes zurückholt
- Kindern ohne Belehrung über Regeln und Gefahren die selbstständige Benutzung eines Fahrrades erlaubt
- Den Zugang zu Waffen im Elternhaus ermöglicht, obwohl die Vorliebe eines 15Jährigen für Waffen bekannt ist
Die Aufsichtspflicht verletzt NICHT wer:
- ein 11jähriges Kind in der Wohnung allein lässt
- ein normal entwickeltes 8-9jähriges Kind ohne Aufsicht im Freien spielen lässt
- ein 5-jähriges Kind auf dem Bürgersteig an einer wenig befahrenen Straße spielen lässt, oder das Radfahren des Kindes auf einer wenig befahrenen Straße nach vorheriger Belehrung erlaubt
- einen 6-jährigen Schüler auf dem Schulweg nach häufiger Belehrung und Begleitung nicht ständig beaufsichtigt
Aber beachten Sie: dies sind nur BEISPIELE – in jedem neuen Fall werden vor Gericht die konkreten Umstände betrachtet und in ihrem Zusammenwirken neu bedacht und bewertet.